«Wir ehren heute eine höchst wandlungsfähige Schauspielerin», sagte Kulturminister Alain Berset am Mittwoch im Rahmen der Preisverleihung in Lugano. Lardi sei eine Schauspielerin, die nicht nur «Leichtigkeit und Leidenschaft», sondern auch «Schwerelosigkeit und Radikalität» miteinander verbinde, so Berset.
Sie entdecke im «Spielen das Existentielle und im Existentiellen das Spiel». Sie, die im Land des Kompromisses aufgewachsen sei, habe sich der künstlerischen Kompromisslosigkeit verschrieben.
Die Preisträgerin habe Deutsch erst mit zehn Jahren und als dritte Sprache gelernt, nach Italienisch und Romanisch, sagte Berset und wandte sich auch mit ein paar Sätzen in dieser Sprache an die Preisträgerin. Diese Vielfalt durchziehe bis heute als Leitmotiv das Berufsleben Lardis.
Der Preis sei ein «Ansporn um weiterzumachen», sagte Ursina Lardi am in ihrer Dankesrede. Sie möchte ihren Zuschauern für ihre Aufmerksamkeit danken.
Die in Samedan geborene und in Poschiavo aufgewachsene Lardi sei «einen weiten Weg konsequent» gegangen, schrieb Jurymitglied Mathias Balzer anlässlich der Preisverleihung. Seit ihrer Ausbildung in Berlin sei sie nicht nur eine gefeierte, mit Preisen geehrte Filmschauspielerin geworden. Seit 2012 ist Lardi festes Mitglied der Berliner Schaubühne - zuvor gehörten Düsseldorf, Hamburg, Hannover und immer wieder Berlin zu ihren Theaterstationen.
In der Spielzeit 2016/2017 war Lardi aber auch in der Schweiz zu sehen: In einer internationalen Gastspielreihe trat sie in Tschechows «Kirschgarten» am Zürcher Schauspielhaus auf. Dort war sie auch in Milo Raus «Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs» zu sehen - eine Inszenierung der Schaubühne Berlin.
Die von ihr gespielten Figuren sein «fundamental menschlich», so Jurymitglied Balzer. Nie seien sie «eindimensional, sondern immer widersprüchlich: kühl und zerbrechlich, forsch und fragil.»
Die heutige Wahlberlinerin Ursula Lardi absolvierte zunächst in Chur eine Ausbildung zur Primarschullehrerin. 1992 zog es sie dann nach Berlin, wo sie bis 1996 an der Hochschule für Schauspielkunst «Ernst Busch» studierte.
Zehn Jahre lang stand sie danach ausschliesslich auf der Theaterbühne, «der Film war für mich kein Thema», sagte sie einmal im Gespräch mit der sda.
Heute, 20 Jahre später, haben Bühne und Leinwand nebeneinander Platz. Ihr Engagement als Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne ermöglicht es Lardi, auch vor der Kamera zu stehen. «Ob Film oder Theater ist für mich nicht mehr die wichtige Frage, sondern, was da zu tun ist und mit welchen Leuten.»
Neben vielen Auftritten im «Tatort» zählt ihre Rolle als Baronesse Marie Luise in Michael Hanekes preisgekröntem Weltkriegsdrama «Das weisse Band» von 2009 zu ihren bekanntesten Filmengagements.
2014 erhielt Lardi den Schweizer Filmpreis für ihre Hauptrolle in «Traumland».
Im vergangenen Jahr widmeten die 51. Solothurner Filmtage der Bündnerin eine Retrospektive. Gezeigt wurden neben «Traumland» und «Das weisse Band» auch «Songs of Love and Hate» von Katalin Gödrös (2010) oder die Premiere von Andreas Kleinerts Spielfilm «Sag mir nichts».
Trotz ihrer Erfolge im Filmgeschäft bezeichnet Lardi das Theater weiterhin als das Zentrum ihrer Arbeit. Auf der Theaterbühne habe man einen grösseren Spielraum, stehe nach der Probenzeit ohne Regisseur alleine in der Rolle dort, so Lardi.
Die weiteren Theaterpreise 2017 wurden bereits Ende März bekanntgegeben. Sie gingen am Mittwochabend an die «Grande Dame des Figurentheaters» Margrit Gysin, die Schauspielerin und Regisseurin Marielle Pinsard, die Autorin und Regisseurin Valérie Poirier und das Künstlerduo TricksterP. Auch das Musicalduo Dominik Flaschka und Roman Riklin wurde für ihre «unterhaltsame und intelligente» Arbeit geehrt. Die Preissumme beträgt 30'000 Franken für Personen und 50'000 Franken für Institutionen respektive Teams.
Bei der Preisverleihung am Mittwoch wurde zum 60. Mal der Hans-Reinhart-Ring verliehen - die Prämierung war zugleich der Auftakt für das 4. Schweizer Theatertreffen. Dort werden vom 24. bis 28. Mai an drei Spielorten in Lugano, Bellinzona und Chiasso insgesamt acht Aufführungen gezeigt.
Die nächste Ausgabe des Theatertreffens wird 2018 in Zürich stattfinden.