Sylvester Stallone
«Meine Frau sagt, ich soll kein Feigling sein»

Sylvester Stallone spricht im Interview über seinen neusten Film, in dem er wieder Rocky Balboa verkörpert, verrät sein Lebensmotto und redet über die Beziehung zu seiner Frau Jennifer.
Publiziert: 17.01.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:35 Uhr
Zum siebten Mal in seiner Paraderolle: Sylvester Stallone als Rocky Balboa in «Creed – Rocky’s Legacy» (neu im Kino).
Foto: Lionel Deluy
Von Dierk Sindermann

Man hatte ihm nur Aussenseiter-Chancen auf einen Golden Globe gegeben. Aber Sylvester Stallone kennt das schon: Wer hätte vor fast 40 Jahren damit gerechnet, dass er mit seinem ersten «Rocky» den Oscar gewinnen würde? Nun erhielt er mit Folge sieben auch noch den zweitwichtigsten US-Kinopreis.

BLICK: Hand aufs Herz, hätten Sie geglaubt, je wieder als Rocky Balboa auf der Leinwand zu stehen?
Sylvester Stallone: Nach dem letzten Film war ich sicher: «Das wars!» Auch als ich das Skript las, glaubte ich nicht, dass ich den Part spielen könnte. Es war einfach zu düster – etwas, was ich nicht wirklich gut kann. Doch dann meinte meine Frau, ich soll nicht so ein Feigling sein und mich einfach mal mit den Produzenten treffen. Und als ich begriff, dass ich als Rocky nicht wirklich im Mittelpunkt stand und es um Creed ging (gespielt von Michael B. Jordan; Red.), liess ich mich breitschlagen.

Gute Entscheidung! Aber hat es Sie nicht manchmal gekitzelt, selbst noch mal die Boxhandschuhe überzustreifen?
Es ist schon schwer, mit diesem Kapitel mental abzuschliessen. Der Kopf will ja, aber der Körper brüllt: «Bist du bekloppt, mach das nicht mehr!» Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, es genossen zu haben, unten am Ring zu stehen und zuzuschauen. Doch dann dachte ich an Burgess Meredith, der den jungen Rocky damals als Mickey trainiert hat. Und plötzlich fühlte ich mich stolz, in diese Vaterrolle schlüpfen zu dürfen.

Michael B. Jordan spielt Adonis Johnson, den unehelichen Sohn der «Rocky»-Legende Apollo Creed. Wie wurde er am Set empfangen?
Michael war schnell ein Bestandteil unserer Rocky-Familie, nachdem er das Newcomer-Ritual überstanden hatte.

Das Newcomer-Ritual?
Jeder Neue, der einen Boxer spielt, muss zur Begrüssung den Schlag eines Profiboxers einstecken. Michael wurde vom EBU-Weltmeister im Cruisergewicht, Tony Bellew, ausgeknockt. Welcome to the Club!

Mit Drehpartner Michael B. Jordan.
Foto: Contour by Getty Images

Hat Sie auch schon mal jemand k. o. geschlagen?
Ja, Dolph Lundgren bei den Dreharbeiten zu «Rocky IV». Er hat mich in einer Kampfszene so hart getroffen, dass ich regelrecht in die Intensivstation geflogen bin. Es war, als hätte mich ein Dampfhammer an der Brust getroffen. Als ich aufwachte, standen vier Nonnen um mich herum und ich dachte: Au weia! Ich lag viereinhalb Tage im Krankenhaus.

Rockys Lebensmotto ist es, nur von Schlag zu Schlag zu denken, von Runde zu Runde. Haben Sie auch ein Motto?
«Sine metu»: Das ist Latein und heisst «keine Angst». Man muss einfach furchtlos an die Dinge herangehen, sonst ist man wie gelähmt. Man darf sich auch von Rückschlägen nicht beirren lassen. Bei mir merke ich nach zehn Schritten oft, dass ich neun in die falsche Richtung gemacht habe. Für mich ist das dann aber immer noch ein Schritt in die richtige Richtung (lacht).

Die ganze Welt kennt Sie nur als Rocky oder Rambo. Viele wissen gar nicht, dass Sie auch ein talentierter Maler sind. Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Schule war für mich immer schwierig, weil ich Legastheniker bin. Da ich nicht gut schreiben konnte, habe ich angefangen, mich in Bildern auszudrücken. Die Figur des Rocky entstand auch zuerst als Zeichnung. Ich muss etwas sehen können, um eine Geschichte drumherum aufzubauen.

Wenn Sie auf Ihre Karriere und Ihr Leben zurückblicken, gibt es Dinge, die Sie heute komplett anders machen würden?
Ach du meine Güte, wie viel Zeit haben Sie noch? Wir könnten die ganze Nacht hier sitzen (lacht). Leider kommen wir nicht weise auf die Welt und machen immer wieder Fehler. Bei mir war das der Fall, wenn es um meine Beziehungen ging. Ich war oft einfach zu sehr darauf bedacht, mit einer Frau zusammen zu sein, die ziemlich aufregend ist. Was sich dann leider jedes Mal in einen offenen Krieg verwandelt hat. Liebe kann dich in den siebten Himmel befördern – aber auch ganz schnell in die Hölle.

Mit Ihrer Frau Jennifer sind Sie nun schon seit fast 19 Jahren glücklich verheiratet. Was macht sie anders?
Erst einmal ist sie sehr, sehr unabhängig und hat sich ihr eigenes Leben geschaffen. Das respektiere ich an ihr. Ich könnte sie nie anlügen, weil sie selbst so unglaublich ehrlich und direkt ist. Wir liegen auf einer Wellenlänge, und ich vertraue ihren Ratschlägen.

Haben Sie gemeinsame Hobbys?
Ja. Aber es ist mir etwas peinlich, weil es nicht etwas Cooles ist wie Bergsteigen oder so. Wir lieben es, im Garten mit unseren kleinen Hunden zu spielen. Aufregend, was? (Lacht.)

Letzte Woche kam der Golden Globe: Sylvester Stallone mit Gattin Jennifer Flavin (2. v. r.) und den Töchtern Sistine, Scarlet, Sophia Rose (v. l.).
Foto: imago

Sie sind Vater von drei Töchtern. Wie schwer hat man es in einem Frauenhaushalt?
Glauben Sie mir, irgendwann sieht man ein, dass man nicht gewinnen kann. Besonders, wenn man versucht, drei Töchtern gegenüber dominant aufzutreten. Ich habe irgendwann die weisse Flagge gehisst. Sprich: Ich habe gelernt, dass man seinen Kindern die Gelegenheit geben muss, sich allein zu entwickeln, also auch Fehler zu machen. Und wenn du dafür noch ein «I love you, Daddy» zu hören bekommst, dann weisst du, dass du alles richtig gemacht hast.

Man sieht Ihnen an, wie stolz Sie auf Ihre Girls sind!
Klar treiben sie mich manchmal auch zum Wahnsinn. Aber der Stolz auf sie überwiegt bei weitem. Ich muss jetzt nur langsam lernen, loszulassen und darauf zu vertrauen, dass die Eltern sie gut aufs Leben vorbereitet haben.

Als Boxer kämpft man, um zu gewinnen. Wie wichtig ist Ihnen das persönlich?
Gewinnen ist sehr wichtig, aber man darf nicht die Perspektive verlieren. Man gewinnt, indem man sich Ziele setzt, die man auch verwirklichen kann. Man muss immer realistisch bleiben. Ich könnte ja sagen: «Ich will der grösste Shakespeare-Darsteller aller Zeiten werden» – doch das wird einfach nicht passieren (lacht). Was ganz wichtig ist: Man darf nicht auf die Fähigkeiten anderer neidisch sein. Weil jeder von uns Dinge vollbringen kann, die andere weniger gut hinbekommen. Und wenn es klappt, sollte man darauf stolz sein.

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