SonntagsBlick: Herr Büsser, man hört, dass Sie nur wegen Ihres Hundes rausgehen. Ist der Zwergspitz nun der Chef im Haus?
Stefan Büsser: So ist es nicht gerade, aber in der Isolation gibt mir das Tier Halt und auch eine Struktur. Bei vielen Kollegen von mir verlagert sich das Leben immer mehr in die Nacht hinein. Ich muss am Morgen um acht Uhr aufstehen, weil mein Hund Pipi machen muss.
Die Isolation macht so schon vielen zu schaffen, die nicht zur Risikogruppe gehören. Wie ergeht es Ihnen?
Ich bin sehr konsequent in der Selbstisolation, und es geht mir seit Wochen gut so. Ich gehe davon aus, dass ich coronafrei bin, und rational gibt es keinen Grund, warum sich das ändern sollte. Mein Cola Zero lasse ich mir nach Hause liefern, und die anderen Einkäufe macht meine Schwester für mich. Sie ist der einzige Mensch, den ich einmal pro Woche sehe, und das auch nur mit Sicherheitsabstand.
Ärgert es Sie, wenn draussen so viele Leute unterwegs sind?
Am Katzensee habe ich einmal eine grosse Gruppe von Joggern gefragt, die gemeinsam unterwegs waren, ob sie das jetzt nötig finden. Sie reagierten nicht gut darauf.
Auch manche Ältere tun sich schwer mit dem Lockdown.
Sie denken sich, dass sie ihr Leben gelebt haben. Nun gibt es aber viele andere, die sie dann im Altersheim anstecken, die aber gerne noch zehn Jahre gemacht hätten. Da muss man einfach sagen: Wenn du gehen willst, geh zu Exit, du musst es nicht mit Corona machen.
Sie haben mit CF, also der Cystischen Fibrose, eine unheilbare Krankheit. Auf Ihrer Lunge bildet sich Schleim, Ihre Lungenfunktion ist eingeschränkt. Was heisst das für Sie im Alltag?
Jeden Tag mache ich eine Stunde lang Atemtherapie. Und ich muss zwischen 25 und 30 Tabletten schlucken, wegen all der Nebenwirkungen der Krankheit. Aussenstehende merken, dass ich ab und zu huste oder mich räuspere. Und einen Lauf gegen mich zu gewinnen, ist ganz einfach, ich steige nach ein paar Hundert Metern aus. Meine Verdauung funktioniert zudem nicht richtig, weil Enzyme fehlen. Neu dazugekommen ist eine Diabetes, deshalb spritze ich seit mehr als einem halben Jahr Insulin.
Cystische Fibrose (CF) ist eine unheilbare Lungenkrankeit. In der Schweiz leben circa 1000 Betroffene. Sie gehören zu den 2,6 Millionen, die sich derzeit besonders gut schützen müssen. Diese Zahl hat das Schweizer Gesundheitsobservatorium errechnet. 1,6 Millionen sind über 65 Jahre alt, der Rest leidet an Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hohem Blutdruck oder chronischen Atemwegserkrankungen.
Cystische Fibrose (CF) ist eine unheilbare Lungenkrankeit. In der Schweiz leben circa 1000 Betroffene. Sie gehören zu den 2,6 Millionen, die sich derzeit besonders gut schützen müssen. Diese Zahl hat das Schweizer Gesundheitsobservatorium errechnet. 1,6 Millionen sind über 65 Jahre alt, der Rest leidet an Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hohem Blutdruck oder chronischen Atemwegserkrankungen.
Wie haben Sie von der Krankheit erfahren?
Ich war vier Jahre alt, und meine Eltern wollten mich dazu bringen, mein Medikament zu inhalieren. Sie taten vor mir und meiner Schwester so, als würden sie sich um das Inhaliergerät streiten. Und logisch, ich wollte dann auch. Sie überliessen es mir unter der Bedingung, es aber für den Rest meines Lebens zu benutzen. Damals wusste ich nicht, worauf ich mich einlasse.
Fühlten Sie sich anders als die anderen?
Körperlich hielt ich nicht gleich gut mit. Im Sport war ich der, der zuletzt gewählt wurde. Die anderen dachten sich wohl, mit dem spielen wir lieber nicht, wenn wir gewinnen wollen. Aber gemobbt wurde ich nie. Die Krankheit hat meinen Alltag nicht dominiert.
Wann wurde Ihnen der Ernst Ihrer Krankheit bewusst?
Als Teenager, in einem Lager für CF-Jugendliche sprach man über das Thema Lebenserwartung. Nach meiner Geburt hatten die Ärzte meinen Eltern gesagt, sie sollten froh sein, wenn ich die Pubertät überlebe. Das war schlimm für sie. Als ich 15 Jahre alt war, prognostizierte man, dass ich nicht älter als 35 werden würde.
So alt sind Sie jetzt.
Der medizinische Fortschritt arbeitet zu unseren Gunsten, deshalb gibt es keine Prognosen mehr. Alles, was jetzt noch kommt, ist Dessert. Ich bin jetzt schon viel weiter gekommen, als ich je erwartet habe.
Heilbar ist Cystische Fibrose aber nicht.
Genau. Stand jetzt werde ich irgendwann eine neue Lunge brauchen.
Dieses Jahr noch will das Parlament die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» beraten. Das wäre doch in Ihrem Sinn.
In der Schweiz haben wir jede Woche zwei Tote, weil wir zu wenig Spenderorgane haben – so gesehen, ja. Die Menschen befassen sich nicht gerne mit der eigenen Endlichkeit. Studien zeigen, dass sich mehr für eine Spende entscheiden, wenn man die Leute zwingt, sich nur damit auseinanderzusetzen. Also kein Spendenzwang. Die Leute informieren, das gefällt mir besser.
Engagieren Sie sich?
In meinem aktuellen Programm «Masterarbeit» spreche ich kurz über Organspende. Beim Ausgang liegen dann Formulare für einen Spenderausweis bereit. Darauf kann man auch schreiben, dass man nicht spenden möchte. Wichtig ist, dass man sich entscheidet. Sonst muss es im letzten Moment die Familie machen, und das ist eine Zumutung.
Stefan Büsser (35) hätte früher nie gedacht, dass er einmal so viel erreichen würde. Er leidet an der Lungenerkrankung Cystische Fibrose, die Ärzte prophezeiten ihm als Teenager eine Lebenserwartung von 35 Jahren. Büsser hatte schon als Kind ein komödiantisches Talent – und er war ehrgeizig. Nach der KV-Lehre arbeitete er beim Radio, ab 2011 als Comedian. Heute hat er mit «Büsser am Mittag» eine eigene Show bei Radio SRF 3. Im TV ist er Co-Moderator des «Donnschtig-Jass». Die Tour seines aktuellen Comedy-Programms «Masterarbeit» setzt er im Herbst fort. Büsser wohnt mit seinem Zwergspitz Foxy in der Agglomeration von Zürich.
Stefan Büsser (35) hätte früher nie gedacht, dass er einmal so viel erreichen würde. Er leidet an der Lungenerkrankung Cystische Fibrose, die Ärzte prophezeiten ihm als Teenager eine Lebenserwartung von 35 Jahren. Büsser hatte schon als Kind ein komödiantisches Talent – und er war ehrgeizig. Nach der KV-Lehre arbeitete er beim Radio, ab 2011 als Comedian. Heute hat er mit «Büsser am Mittag» eine eigene Show bei Radio SRF 3. Im TV ist er Co-Moderator des «Donnschtig-Jass». Die Tour seines aktuellen Comedy-Programms «Masterarbeit» setzt er im Herbst fort. Büsser wohnt mit seinem Zwergspitz Foxy in der Agglomeration von Zürich.
Ist es ein Zufall, dass bei Ihnen todernste Themen und Humor zusammenkommen?
Ich sehe vieles aus einer komödiantischen Sicht, und das hilft mir, mit meiner Krankheit und dem, was diese mit sich bringt, lockerer umzugehen. Unabhängig davon faszinierte mich Comedy aber immer schon. Mit elf Jahren bin ich zu CDs von Peach Weber und Michael Mittermeier eingeschlafen.
Über Sie liest man, dass Sie ein Klassenclown waren.
Klassenclown impliziert, dass ich lustig war. Ich war vor allem vorlaut. Die Lehrer, die man nachher befragt hat, haben aus Nettigkeit gesagt, ich sei ein Klassenclown gewesen. Sie haben sich eher über mich genervt.
Momentan kursieren viele Witze und Memes zum Lockdown. Braucht gute Comedy Drama als Treibstoff?
Krisenzeiten sind goldene Zeiten für Comedians. Das Bedürfnis der Menschen nach Unterhaltung ist grösser als sonst. Eine Krise gibt zudem wahnsinnig viel Material her, da passiert so vieles, was die Menschen tief bewegt, in so kurzer Zeit. Ideal für Situationskomik. Ein mit Klopapier gefüllter Einkaufswagen spiegelt eine zutiefst menschliche Seite, mit der sich alle identifizieren können. Genau das braucht die Gesellschaft in der Krise.
Sie erreichten mit Ihrem ernsten Erklärfilm zum Coronavirus mehr als 300'000 Views auf Youtube – Sie trafen einen Nerv.
Das lag auch daran, dass Fabian Unteregger, mit dem ich das gemacht habe, Medizin studiert hat und Comedian ist. So kommt es nicht belehrend rüber. Deshalb hat sich das Video wahrscheinlich auch so gut an den Schulen verbreitet. Viele Lehrer haben den Schülern im Fernunterricht den Auftrag gegeben, das Video zu schauen und dann Fragen dazu zu beantworten. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Schulstoff werde!
Wie kam es zum Video?
Ich hatte die Idee, ein Video aus Sicht eines Risikopatienten zu machen, um den Leuten etwas Angst zu nehmen. Dann sass ich in einem Vortrag über das Coronavirus, den Fabian vor dem SRF3-Team hielt. So kam das eine zum anderen.
In den USA haben Late-Night-Shows mit Stand-up-Comedy-Stars grossen Erfolg. Wie sieht es in der Schweiz aus?
Der amerikanische und britische Humor sind derber und viel direkter als der unsrige. In den USA können die Comedians auf der Bühne Witze über tote Babys machen, und die Leute lachen. Die Schweiz ist bezüglich Stand-up-Comedy ein Entwicklungsland.
Warum?
Wenn der Büsser einen Witz macht, haben die Leute das Gefühl, das sei meine persönliche Meinung. Schweizer nehmen alles und sich selber viel zu ernst. Das macht es schwierig für Stand-up-Comedians. Das habe ich bei meinem allerersten Programm «Der Büsser» festgestellt: Die Schweizer lachen wahnsinnig gerne über den Islam, aber sobald man anfängt, Witze über Christen zu machen, wird es ruhig im Saal.
Der deutsche Entertainer Harald Schmidt sagte einmal, dass Sport und Humor nicht zusammenpassen. Der Sportfan verstehe keinen Spass. Bei wem laufen Sie auf?
Das gilt für alle Fanatiker. Das merkt man momentan bei all den komischen Verschwörungstheorien zu Corona, die geteilt werden. Wenn man die Posts auf humoristische Art kommentiert, drehen die durch.
Was war Ihr grösster Flop?
Die Premiere meines ersten Programms «Der Büsser». In meinem Übermut hatte ich das Gefühl, ich müsse für meine allererste Show das Kaufleuten mit 200 Plätzen buchen. Obwohl ich davor noch gar nie Comedy gemacht hatte.
Wie hat das Publikum reagiert?
Über weite Strecken gar nicht.
Woran lag das?
In der Comedy kommt es auf das Timing der Witze an. Und das lernst du nur durch viele Auftritte auf der Bühne.
Fehlt Ihnen die Bühne?
Nicht die Bühne, aber die Möglichkeit, die Menschen zum Lachen zu bringen. Das ist das Schöne an unserem Beruf: Wir schauen auf eine Menschenmasse und sehen, dass sie Freude an dem haben, was wir sagen. Oft sitzen Eltern von Kindern mit Cystischer Fibrose im Publikum. Sie haben mir auch schon mal gesagt, dass es ihnen guttut zu sehen, dass man trotz der Krankheit ein gutes Leben führen kann.
Was werden Sie als Erstes tun, sobald Sie die Selbstisolation aufheben können?
Ich werde sicher wieder einmal meine Schwester umarmen oder mit meiner Mama und dem Hund spazieren gehen. Und natürlich fehlt mir der zwischenmenschliche Kontakt auf allen anderen Ebenen.
Kontakt zu Frauen ausserhalb der Familie?
Ja. Mal wieder mit einer Frau ein Date zu haben, wäre schön.
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