Sepp Blatter (80) ist gut gelaunt, als ich ihn zur «SonntagsFahrt» abhole. Der ehemalige Fifa-Präsident lässt sich von mir zu einem Mittagessen chauffieren. Unterwegs redet der Walliser über Korruption, mächtige Gegner und darüber, was ihm sein Vater mit auf den Weg gegeben habe. Wir kennen uns, er möchte das Gespräch deshalb im persönlichen Du führen. Hier ein Ausschnitt.
SonntagsBlick: Wenn du eines Tages vor den Herrgott treten müsstest, wie würdest du ihm erklären, was du hier auf Erden gemacht hast?
Sepp Blatter: Ich versuchte, mit einem Spiel, das aussieht wie der Erdball und von dem alle meinen, es sei das schönste überhaupt, der Welt etwas zu schenken, sie zusammenzubringen. Weil das ein Spiel ist, das Hoffnung und Emotionen bringt. Der Herrgott würde dann vielleicht sagen: Ja, ja, komm jetzt! Reden wir später darüber. Es hat ja auch Probleme damit gegeben.»
Wenn du das Rad zurückdrehen könntest, was würdest du anders machen?
Eigentlich ist es müssig zu sagen, was man hätte anders machen können. Ich hätte mehr unternehmen müssen, als das viele Geld kam. Die Fifa kontrolliert das eigene Geld, nicht aber das der anderen, der Konföderationen in den verschiedenen Ländern. Vielleicht ist die Rechtsform der Fifa, die ein Verein ist, heute nicht mehr die richtige ... Alle, die man jetzt verhaftet hat, sind Süd- oder Nordamerikaner. Solange sie ihre Tätigkeit nicht in der Fifa machten, kann man der Fifa nicht sagen, sie sei korrupt – wie man das immer getan hat. Das stimmt nicht! Aber Korruption existiert auf der ganzen Welt.
Wie konntest du selbst widerstehen?
Ich wurde so erzogen. Diese Disziplin wurde mir zu Hause, in der Schule und im Militär beigebracht! Mein Vater hat mir als Prinzip mitgegeben: Nimm niemals Geld, das du nicht verdient hast.
Du wurdest von der Ethikkommission des Weltfussballverbandes wegen einer unklaren Zahlung von zwei Millionen Franken an Michel Platini für sechs Jahre suspendiert. Ist das alles?
Es war nicht einfach eine Zahlung an Michel Platini, sondern ein mündlicher Vertrag, der erfüllt wurde. Unsere Ethikkommission hat plötzlich gesagt, dieser Vertrag habe nie existiert. Paradox. Ich hatte als Präsident das Recht, einen Betrag von zwei Millionen Franken mit Einzelunterschrift für einen Zweck zu nutzen. Die Fifa-Finanzkommission, das Exekutivkomitee, die Finanzkontrolle und der Kongress, die haben das alles angenommen.
Hast du mächtige Gegner im Hintergrund?
Das müsste man mal aufarbeiten. Ich spreche da sogar von einem Komplott der Amerikaner! Die amerikanische Justiz ist derart vehement auf die Fifa losgegangen und sprach an einer Pressekonferenz von einer «mafiösen Organisation», die man zerschlagen müsse. Daraufhin habe ich vier Tage nach der Wahl meinen Rücktritt als Präsident der Fifa erklärt, um Ruhe in das Ganze zu bringen. Die Fifa war dann schliesslich keine «mafiöse Organisation» mehr, sondern wurde als «Geschädigte» dargestellt. Die Justiz sucht jetzt, wer die Fifa geschädigt hat!
Es war ein Rachefeldzug von Amerika gegen die Fifa? Was war der Grund?
Weil sie den Weltcup 2022 nicht bekamen! Wenn man es nur sportlich betrachtet, könnte man sagen, Amerika ist ein schlechter Verlierer!
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