Jamie ist ihr grösster Stunt
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Stuntfrau Simone Bargetze:Jamie ist ihr grösster Stunt

Simone Bargetze (44) war die mutigste Frau von Hollywood
Jamie ist ihr grösster Stunt

Sie zog aus, um ihren Traum von einer Stuntkarriere in Hollywood zu leben. Als Mutter hat Simone Bargetze nun eine neue Leidenschaft entdeckt. Sie kreiert Kinderzimmer.
Publiziert: 19.11.2020 um 01:22 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2020 um 08:17 Uhr
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Stuntfrau Simone Bargetze und ihr Sohn Jamie Riot.
Flavia Schlittler

Sie ist wild, neugierig und unerschrocken. Simone Bargetze (44) schwamm mit Haien, ritt auf Straussen. Und sie eroberte als Stuntfrau Hollywood. In «Transformers 3» doubelte sie Rosie Huntington Whiteley (33). «Titanic»-Regisseur James Cameron (66) war es, der ihr den Ritterschlag zu seinem Stunt-Girl gab und es noch immer tut. Wie alles begann? Ganz einfach. «Ich wusste, dass es bei seinem Film ‹Avatar› um Amazonen auf Pferden mit Pfeil und Bogen ging. Also übte ich ein paar Wochen Bogenschiessen. Dies versuchte ich dann auf dem Pferd ohne Sattel und Zaumzeug. Ich verkleidete mich als Amazone und schoss auf mehrere Ziele. Das Video davon habe ich abgeschickt.» Der Rest ist Geschichte. «Der Stuntkoordinator hat es sich angeschaut und ging damit direkt zu Cameron, und der sagte: ‹Die nehmen wir!›»

Sie habe es immer cool gefunden, mutig zu sein. «Egal, ob ich in die Windschutzscheibe eines fahrenden Autos sprang oder von einstürzenden Hochhäusern mit dem Bauch auf dem Rollbrett runterfuhr. Der Adrenalin-Kick war immer grösser und schöner, als es Angst bei mir jemals sein kann. Dieser habe ich nie eine Chance gelassen.» Weder gebrochene Rippen noch eine Hirnerschütterung hätten ihr diese Zuversicht und Freude an der Gefahr jemals genommen. Doch es waren nicht nur gefährliche Szenen, die sie in Hollywood hielten, auch zwischenmenschliche. Star-Komiker Jim Carrey (58) datete sie drei Monate lang, mit Promi-Trainer David Catudal (41) war die Schweiz-Liechtensteinerin verlobt. Acht Jahre lange wirkt sie, damals nach Los Angeles ausgewandert, in den grössten Hollywood-Blockbustern mit.

Um ihrer Mutter zu helfen, stieg sie bei «Transformers 3» aus

Entschleunigt wurde ihr Leben wegen der Krankheit ihrer Mutter. Bargetze war in der US-Stadt Chicago mitten in den Dreharbeiten zu «Transformers 3». Doch sie stieg aus, um ihrer Mutter einen Teil ihrer Leber zu spenden. «Ich dachte mir, im schlimmsten Fall sterbe ich lieber als wahre Heldin als für einen doofen Heldenfilm.» Vier Monate nach der Operation starb ihre Mutter. «Das war ein Riesenschlag!», sagt sie.

«Mit dem Traum von einem Luxus-Baumhaushotel zog ich von Bali nach Brasilien und Thailand. Ich war rastlos.» Da fand sie dann heraus, dass ihr Verlobter sie während mehrerer Monate mit einer russischen Hochzeitsplanerin betrog.

Während der Sommerferien 2015 kam sie zurück in die Schweiz. «An einer Hochzeit fuhr ich mit dem Skateboard eine Treppe runter, brach mir beide Fussgelenke. Da musste ich mein Leben erstmals in die Horizontale legen.» In dieser Zeit lernte sie ihren jetzigen Freund, den Schweizer Punkmusiker Sven Wallwork (42), kennen, drei Monate danach war Bargetze schwanger. Ihr Sohn Jamie ist gerade vier Jahre alt geworden, die Familie lebt mittlerweile in Zollikerberg ZH. Von der Stuntfrau zur Mutter. «Die Verantwortung für ein Kind zwingt einen umzudenken, alles neu aufzustellen. Was ich nie bereut habe», sagt sie. Und doch habe sie gehadert mit dem normalen Leben, das durch den Kita-Rhythmus des Kleinen dirigiert wird. «Erst fand ich es einen Horror. Ich bin einfach nicht die Mutter, die noch so nebenbei den besten Kuchen in die Kita bringt, wie es andere tun.»

Die Schweiz-Liechtensteinerin versteht die Sprache der Kinder

Dafür bemalt sie nun unter ihrem Label «mirrormirror.ch» die schönsten Kinderzimmer an der Goldküste. «Die Fantasiewelt, in die ich in meinem Job eingetaucht bin, setze ich nun mit Pinsel und Farbe um. Ich habe darin eine neue Leidenschaft entdeckt.» Wie den Beruf der Stuntfrau hat sie auch dies autodidaktisch erlernt. Was sie dabei einmalig macht: «Ich arbeite mit möglichst viel 3-D-Effekten. Stelle Baumäste in Zimmer, schaffe Welten, in den sich die Kleinen wohlfühlen.» Mal ist es ein Walfisch an der Wand aus Spiegeln mit einer dreidimensionalen Flosse, Alice im Wunderland oder Weltall-Malereien. «Es ist schön, mich nun so entfalten zu können. Meine Fantasie ist grenzenlos.» Ein Faible für die Kleinen hatte Bargetze, die gelernte Kindergärtnerin, schon immer. «Die Kleinen fühlen, denken und sehen ohne Grenzen. Das konnte ich mir bis heute bewahren. Daher verstehe ich ihre Sprache, ihre Wünsche sehr gut.»

Und wer weiss, vielleicht wird sie eines Tages auch noch den besten Kuchen backen. Doch da wiegelt sie ab: «Eine Rückkehr nach Hollywood, ein weiterer Dreh für ‹Avatar› stehen nach wie vor auf meinem Plan.»

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