Mit Helen Meier verliere die kulturelle Schweiz eine ihrer letzten grossen vor 1930 geborenen Autorinnen, erklärte der Schriftsteller Charles Linsmayer am Samstag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Laut Linsmayer, der eine Biographie von Meier verfasst hat und mit Meier bis zuletzt in Kontakt stand, verstarb die Schriftstellerin um 3 Uhr in der früh im Altersheim in Trogen.
Am 17. April 1929 in Mels SG als Tochter des Dorfschullehrers geboren, wurde Helen Meier später selber Primarlehrerin. Nach längeren Arbeitsaufenthalten in Frankreich, England und Italien studierte sie in Freiburg Sprachen und Pädagogik.
Für das Rote Kreuz arbeitete sie in der Flüchtlingshilfe. Zudem war sie als Sonderschullehrerin im appenzellischen Heiden tätig.
Ihre Karriere als Schriftstellerin begann 1984, als sie am Wettlesen von Klagenfurt für ihre Erzählung «Lichtempfindlich» ausgezeichnet wurde. Der Text ist in Meiers Erstling, dem Erzählband «Trockenwiese» enthalten, der im selben Jahr herauskam. Meier war eine hochintelligente und selbstbewusste Autorin.
Sechs Erzählbände und drei Romane, in denen Meier auch ihr persönliches Schicksal thematisierte, erschienen von 1984 bis 2000 beim Zürcher Ammann Verlag. Nach dem Untergang des Ammann-Verlags verschwanden ihre Bücher aus den Buchhandlungen.
Ab 2014 erlebte sie ein Comeback mit dem Erzählband «Kleine Beweise der Freundschaft». Bei Xanthippe wurde in den letzten Jahren auch ältere Kurzprosa der Autorin verlegt, zuletzt 2019 die Märchensammlung «Der weisse Vogel, der Hut und die Prinzessin».
Ihren 90. Geburtstag feierte Helen Meier 2019 in Trogen mit einer grossen Festgemeinde und freute sich über die Laudatio des Schriftstellers Franz Hohler. In den letzten zwei Jahren sei Meier dement gewesen, sagte Linsmayer.
(SDA)