Shakra-Sänger Mark Fox
«Ich bin dem Teufel noch einmal vom Karren gesprungen»

Diesen Freitag erscheint das neue Shakra-Album «Mad World». Sänger Mark Fox (41) sah die Welt lange Zeit wie durch einen Schleier, weil er viel zu viel Alkohol trank. Die Sucht hätte ihn beinahe das Leben gekostet. Seit eineinhalb Jahren ist er nun trocken.
Publiziert: 02.03.2020 um 23:18 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2020 um 07:08 Uhr
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Shakra-Sänger Mark Fox im Jahr 2016 zum Release des Albums «High Noon».
Foto: Keystone
Jean-Claude Galli

Shakra-Sänger Mark Fox (41) ist bekannt für seine einzigartige Stimme und die klassischen Heavy-Metal-Insignien: lange Haare, schwarze Kleidung und Sonnenbrille. Doch hinter der taffen Fassade verbirgt sich ein höchst sensibler Mensch, der seine Gemütslage seit Jahren mit Alkohol aufzubessern versuchte.

Gesundheitlich war dies verheerend, wie er jetzt erstmals erzählt. Mit ruhiger Stimme schildert er seinen jahrelangen Alkoholmissbrauch, der vor eineinhalb Jahren mit einem dramatischen Tiefpunkt endete. «Ich bin dem Teufel wirklich noch einmal vom Karren gesprungen», so Fox. «Am 3. September 2018, kurz nach einem Auftritt, wurde ich mit einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung ins Spital eingeliefert. Schon zuvor hatte ich immer wieder ein Ziehen im Rücken verspürt und unter schlimmen Bauchkrämpfen gelitten. ‹Sie bleiben gleich auf der Intensivstation›, hiess es, ‹sonst ist alles zu spät.› Ich lag dann zwei Tage im Koma. Ein ernsthaftes Problem war, dass ich auf kein Antibiotikum ansprach. Ein weiteres, dass schon andere Organe angegriffen waren, so die Lunge. ‹Wir wissen nicht, wie es ausgeht und auf welche Seite es kippt›, meinten die Ärzte.»

«Wenn du weiter säufst, ist endgültig Schluss»

Schlussendlich war er einen vollen Monat im Spital – und hat seither keinen Tropfen Alkohol getrunken. «Die Ärzte sagten mir klipp und klar: ‹Wenn du weiter säufst, ist endgültig Schluss.› Für mich war das ein Weckruf. Ich war 40 und überlegte mir: Das war erst die Hälfte, das kann es noch lange nicht gewesen sein.»

Mit der neuen Nüchternheit musste er erst umgehen lernen. «Und noch immer ist vieles ungewohnt und das genaue Gegenteil von dem, was ich mir vorstellte. Früher dachte ich immer, Drogen würden Gefühle und Empfindungen verstärken, nun weiss ich es besser. Ich fühle mich seither immer äusserst wach und sehe die Dinge nicht mehr wie durch einen Vorhang. Ich bin nicht mehr dauerbetäubt und nehme eine völlig andere Welt wahr: viel intensiver, lauter und bunter.»

Daran kann er bisher nur Vorteile feststellen. «Ich habe das Gefühl, dass mir plötzlich alles gelingt, was ich anpacke, und ich einen unwahrscheinlichen Lauf habe. Ich bin viel fokussierter und gleichzeitig viel entspannter. Es ist wie ein geschenktes, zusätzliches Leben. Der einzige kleine Haken: Die Nervosität vor den Auftritten fährt nun ebenfalls mehr ein.»

Der Konsum intensivierte sich über Jahre hinweg

Sein Alkoholkonsum intensivierte sich über Jahre hinweg und schleichend. «Es war nicht so, dass meine Hände am Morgen gezittert hätten. Aber ich begann meinen Tagesablauf mehr und mehr nach dem Alkohol auszurichten. Und in meinem Job war der Stoff natürlich präsenter als anderswo. Es gibt immer viele Wartepausen, überall stehen Drinks rum, man wird oft eingeladen. Am Mittag habe ich jeweils mit Trinken begonnen. Ich war eher der Bier- und Weintyp, harte Schnäpse sagten mir nichts – total die Kontrolle zu verlieren, hätte ich gehasst.» Manchmal habe er sich beim Trinken schon überlegt: Wie sieht das von aussen aus? «Doch dann sagte ich mir: Ich bin der Rocker, also darf ich das und es gehört zum Image. Doch wenn man Gründe fürs Trinken finden muss, wird es grundsätzlich heikel.»

Was ihm nun verstärkt auffällt, ist die Omnipräsenz des Alkohols im täglichen Leben. «Bereits mit kleinen Kindern übt man das Anstossen. Und im Fernsehen und in den Restaurants sehe ich Politiker beim Apéro. Da regt sich in mir schon auch mal der ketzerische Gedanke: Werden wir eigentlich von Betrunkenen regiert? Büroangestellte würden jedenfalls sofort entlassen, wenn man sie so sähe.»

«Ich bin kein Apostel»

Fox möchte allerdings festhalten: «Ich will den Leuten ihr Vergnügen nicht absprechen und sagen: Sauft nicht mehr. Ich bin kein Apostel. Aber Alkohol kann gefährlich, sehr gefährlich sein. Und über diese Risiken sprechen wir zu wenig, weil es legal ist.

Die Bandkollegen haben seine Verwandlung positiv aufgenommen. «Mein Verzicht tut uns allen gut, hilft dem Klima und verbessert die Bühnenpräsenz.» Am Rock-'n'-Roll-Feeling ändere sich nichts. «Ich möchte mich heute aber auch nicht mehr so geben, als wäre ich zwanzig. Das würde bloss lächerlich wirken. Dass ich ein wenig spinne, gehört zu meinem Charakter, das wird man mir nachsehen», sagt er lachend. Und wenn er sich in einer Tischrunde unwohl fühle, könne er immer noch aufstehen. «Ich gehe mittlerweile oft früher nach Hause.»

15 Kilo abgenommen, Rauchen um die Hälfte reduziert

Durch seine Abstinenz lebt er automatisch gesundheitsbewusster. «Aber nicht dramatisch anders, auch punkto Ernährung nicht. Ich esse alles, habe aber ohne Alkohol 15 Kilo abgenommen. Ich rauche auch nur noch die Hälfte. Der Alkohol- und Zigarettenkonsum haben sich jeweils gegenseitig raufgeschaukelt. Ich schwimme regelmässig und gehe ins Fitnessstudio. Wobei jetzt gerade das Abo abgelaufen ist.»

Als nächstes Ziel möchte Fox mit dem Rauchen aufhören. Doch zuerst macht er diesen Frühling die Autoprüfung – ein Schritt nach dem andern. Der allererste, ein sehr wichtiger für Fox und seine Band Shakra, steht am kommenden Freitag an, dem 28. Februar, wenn das neue Album «Mad World» erscheint. «Ab April gehen wir damit auf Tour und spielen erstmals überhaupt auch in Russland. Darauf freue ich mich enorm.»

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