«Entweder bin ich eine Psychopathin im Schafspelz – oder ich bin du», sagt Amanda Knox (29) in der neuen, gleichnamigen Netflix-Dokumentation. Die Amerikanerin wurde in Italien zweimal wegen Mordes verurteilt und wieder freigesprochen. Noch bis zum heutigen Tag spaltet der Kriminalfall die Gemüter. Kennt man ihren Fall, so glaubt man ihr – oder ist davon überzeugt, dass sie 2007 im Sprachaufenthalt im italienischen Perugia ihre damalige Mitbewohnerin Meredith Kercher (†21) bestialisch ermordete.
Der Film von Rod Blackhurst und Brian McGinn widmet sich dem Fall, der während Jahren weltweit für wilde Schlagzeilen sorgte und Knox über Nacht als «Engel mit den Eisaugen» oder «Foxy Knoxy» berühmt machte. Die Macher des Films lassen dabei nicht nur Knox selbst zu Wort kommen, sondern zeigen exklusive Interviews mit ihrem Ex-Freund und vermeintlichen Komplizen Raffaele Sollecito, dem zuständigen Staatsanwalt Giuliano Mignini (66) und «DailyMail»-Reporter Nick Pisa, der sich dem Fall ausgiebig widmete.
Knox machte auf dem Polizeiposten den Radschlag
Besonders Amandas widersprüchliche Aussagen und ihr auffälliges, wirres, für die Situation unangebrachtes Verhalten nach dem Mord an Kercher stach den Ermittlern und der Öffentlichkeit ins Auge: So machte sie im Wartesaal des Polizeipostens scheinbar unbeschwert den Radschlag – nur wenige Tage, nachdem ihre Freundin ermordet wurde. Knox wurde schliesslich zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem ihre DNA auf dem Griff des Messers festgestellt wurde, mit dem der Mörder Kerchers Kehle durchtrennt hatte. Knox' damaliger Freund Sollecito wurde ebenfalls zu 25 Jahren verurteilt.
Die Ermittler haben geschlampt
Drei Jahre später wurde Drogendealer Rudy Guede wegen Mordes an Kercher verurteilt, nachdem am Tatort seine Fingerabdrücke gefunden wurden – Knox und Sollecito kamen 2011 nach knapp vier Jahren im Gefängnis frei. Die Amerikanerin durfte zurück nach Seattle kehren, doch den beiden wurde erneut der Prozess gemacht. Erst im vergangenen Jahr wurden Knox und ihr ehemaliger Freund vom obersten Gericht freigesprochen. Der Grund: Den Ermittlern sind eklatante Fehler unterlaufen. Sie seien falschen Spuren nachgegangen und hätten sich auch vom Medieninteresse an dem Fall beeinflussen lassen.
Schreckliches Monster oder normales Mädchen?
Mit dem Mitwirken in der Dokumentation habe Knox den «Alptraum» zeigen wollen, den sie durchstehen musste. «Ich glaube, ich versuche zu erklären, wie es sich anfühlt, fälschlicherweise verdächtigt zu werden», sagte sie vor kurzem im US-Fernsehen. «Entweder ist man dieses schreckliche Monster oder diese normale Person, die verletzlich ist. Was ich zeigen will ist, dass eine normale Person wie ich, ein Mädchen, das im Ausland studierte und Sprachen liebt, in diesem Alptraum landen kann, wo sie als etwas dargestellt wird, das sie nicht ist.»
«Amanda Knox» ist eine packende Dokumentation, die dank ihres dynamischen und modernen Stils, fundierter Recherche und exklusiven Interviews mit den Protagonisten ein absolutes Muss für alle ist, die den Knox-Fall mit Spannung verfolgten oder sich für Crime-Geschichte interessieren. (kad)
«Amanda Knox» ist bei Netflix zu sehen.