Ich hatte grosse Angst zu sterben.» Mit einfachen Worten schildert der Schweizer Schauspieler Hanspeter Müller-Drossaart (59, «Grounding», «Dällebach Kari») den schlimmsten Augenblick seines Lebens. Es geschah vor wenigen Wochen in der deutschen Stadt Halle: «Ich war da beim Rundfunk, um ein Hörbuch aufzunehmen.»
Zurück im Hotel beginnt sein Albtraum: «Ich spürte ganz heftige Schmerzen tief in der Brust.» Es sei ein «Stechen und Rasen im Herzen» gewesen. «Je mehr ich den Hals bewegte, umso grösser wurde dieser Schmerz.» Der Innerschweizer geht sofort zur Ambulanz des Universitätsspitals. Er wird untersucht, bekommt einen Herzkatheter. «Der zuständige Arzt in der Thoraxklinik sagte mir, man müsse wohl am nächsten Morgen operieren.» Etwas später kommt er mit den Auswertungen der Tests zurück: «Er legte seine Hand auf meinen Arm und sagte mir, es müsse sofort operiert werden.»
Wieso habe ich nicht sorgfältiger gelebt?
Dem Darsteller werden zwei Bypässe gelegt. «Ein Eingriff, den viele Leute planen. Dann ist er nicht schlimm. Als Notfall ist es etwas ganz anderes», so Müller-Drossaart. «Noch kurz vor der Operation ist mir vieles durch den Kopf gegangen. Meine Frau, unsere Kinder, Fragen an mich selbst, weshalb ich nicht sorgfältiger gelebt habe.» Die Not-OP konnte einen Herzinfarkt abwenden. Zur weiteren Betreuung liess sich Müller-Drossaart von der Rega ins Zürcher Triemlispital fliegen. «Ich wollte in die Schweiz zurück, zu meinem Umfeld – und zum Triemli habe ich Vertrauen.»
Inzwischen weiss Müller-Drossaart, dass ihn die Familiengeschichte eingeholt hat. «Mein Vater hatte einen Herzinfarkt. Ich habe verdrängt, dass dies ein Thema bei uns ist.» Die Angst und den Schock habe er erst im Nachhinein gespürt. Er sei sich der «Filigranität» des Lebens bewusst geworden.
Ernährung umgestellt
Nach einiger Zeit in der Reha hat der grosse Charakterdarsteller begonnen, seine Ernährung umzustellen. Sie besteht nun zur Hälfte aus Gemüse, je einem Viertel aus Kohlehydraten und Eiweiss. Fett vermeidet Müller-Drossaart, wann immer es geht. Und auf seinem Tagesprogramm steht jetzt viel Bewegung: «Zum Glück habe ich nie geraucht, sonst hätte es katastrophal enden können.» Sein Arzt habe gesagt: «Das war kein Schuss vor den Bug, das war ein Volltreffer! Sie sind nur nicht untergegangen.» Er sei glücklich, wie viel besser er sich nach der Operation fühle.
Beruflich kürzertreten wird er nicht, dafür gebe es keinen Grund. Müller-Drossaart steckt voller Tatendrang. Morgen Montag erscheint sein erster Gedichtband «zittrigi fäkke» in Obwaldner Mundart – und ganz in Kleinbuchstaben. Die 125 Seiten sind seine Premiere als Schriftsteller.
Er spielt einen Bundesrat
«Es war sprachlich ein wichtiger und schöner Schritt zurück zu meinen Wurzeln», so der Sarner. In dem Bändchen spielt er mit Wortwitz, Ironie und Melancholie. Es sei ein «Knochenjob» gewesen. «Für mich müssen die Worte nicht nur inhaltlich, sondern auch formal schön sein.» Auch die Schauspielerei hat Müller-Drossaart bald wieder. In der TV-Produktion «Gotthard» wird er Bundesrat Welti spielen, zwei weitere Folgen von «Kripo Bozen» hat er abgedreht, und ein weiteres Grossprojekt sei noch nicht ganz spruchreif.
«Ich liebe meinen Beruf und bin froh, dass ich ihn nun noch gesünder ausüben kann.» Hanspeter Müller-Drossaart hat viele Gründe zur Freude und zu feiern. Morgen Montag, mit der Premiere des Gedichtbands, begeht er seinen 60. Geburtstag.
Dabei hat er nur einen Wunsch: «Ich möchte mit meiner Familie ein langes Leben leben und mit Neugierde weiter unterwegs sein können.»
Vor allem aber sei er «sehr dankbar – denn mir wurde ein zweites Leben geschenkt».