Lange schwarze Haare, heller Teint, rote Lippen. Géraldine Knie (42) hat auch als Frau und zweifache Mutter etwas Schneewittchenhaftes. Ihr Mann Maycol Errani (32) ist für sie ein «Sechser im Lotto», das Leben im Zirkus mehr als ein Märchen: «der wahr gewordene Traum». Die Tochter von Zirkusdirektor Freddy Knie jun. (68) und Mary-José ist die sanfte Kraft im Rampenlicht. Am Donnerstag feiert der Schweizer National-Circus den Saisonstart mit seinem Programm «phénoménal» in Rapperswil SG.
Was gibt es für Sie bis zur Premiere zu erledigen?
Géraldine Knie: Mein Wohnwagen ist noch nicht ganz reisefertig. Alles andere sind Feinabstimmungen beim Ablauf und im technischen Bereich sowie intensives Proben mit den Pferden. Das geht in den Tagen vor dem Saisonstart oft bis zwei Uhr morgens.
Wie sieht Ihr Leben hinter dem roten Vorhang aus?
Ich stehe morgens um 7 Uhr mit meinem zwölfjährigen Sohn Ivan auf und schaue, dass er pünktlich zur Zirkusschule kommt. Wenn er weg ist, geht mein Mann Maycol zu unseren Pferden in den Stall. Ich kuschele noch ein bisschen mit meiner vierjährigen Tochter Chanel. Der Tagesbeginn ist für mich eine wichtige Qualitätszeit mit meinen Liebsten.
Die Zirkusprinzessin sitzt in ihrem Garderoben- und Schminkwagen: Sie schaut in den Spiegel, verfeinert ihr Augenmake-up mit dem Pinsel. «Auf Lippenstift könnte ich verzichten, nicht aber auf Wimperntusche und Lidschatten», sagt sie.
Was passiert nach der Kuschelzeit mit Chanel?
Seit letztem Jahr bin ich für Regie, Programmablauf und Licht zuständig. Für das neue Programm habe ich nach Rücksprache mit der Familie auch die Artisten ausgewählt. Mit ihnen bespreche ich Kostüme und Musik. Uns ist wichtig, dass dies stimmig ist.
Übernehmen Sie bald das Zirkuszepter Ihres Vaters Fredy Knie jun.?
Es ist schon so, dass ich immer mehr Verantwortung übernehme. Das ist aber ein langer Prozess, der schon vor etwa drei Jahren begonnen hat. Es ist jetzt sicher nicht die Idee, dass mein Vater irgendwann abtreten wird. Wir werden immer Hand in Hand arbeiten und auch zusammen leben. Ich brauche die Nähe zu meiner Familie.
Géraldines Telefon klingelt. Sie spricht Italienisch, lacht herzhaft und spielt mit ihrem langen Haar.
War das eben Ihr Mann?
Ja. Maycol ist ein wundervoller Ehemann, liebevoller Vater und mein bester Freund. Ich bin extrem glücklich, dass wir uns gefunden haben. Er ist für mich wie ein Sechser im Lotto.
Jede Saison kommen neue attraktive Artistinnen. Sind Sie nie eifersüchtig?
Nein, ich kenne weder Neid noch Eifersucht. Zudem gibt mir Maycol überhaupt keinen Grund dazu. Wir vertrauen uns blind und ziehen beide am selben Strick. Wir teilen eigentlich alles miteinander.
Sie tragen ausschliesslich Schwarz. Aus einem speziellen Grund?
Ja. Die Manege ist wie mein Wohnzimmer, sie ist ein Ort, an dem ich gross geworden bin. Präsentiere ich meine Nummern mit den Pferden, sollen aber sie im Mittelpunkt stehen. Würde ich helle Kleider tragen, wäre die Aufmerksamkeit zu sehr auf mich gelenkt. Meine Pferde sind die Stars, nicht ich. Es mag komisch klingen: Ich liebe das Rampenlicht, stehe aber nicht besonders gerne im Mittelpunkt.
In bunten Kleidern wird man Sie also auch in der neuen Saison nicht sehen?
Nein, ich trage Schwarz, meine Tochter Chanel Schneeweiss. Wir haben dieses Jahr – was mich sehr rührt und freut – eine Familiennummer. Maycol, Chanel und ich zeigen eine Pferdenummer, mein Sohn Ivan präsentiert seine eigene Pferdenummer.
Wollten Sie eigentlich nie etwas anders werden als Knies Pferdeprinzessin?
Nein, nicht einen Moment lang! Schon als Kind wusste ich, dass mein Leben, meine ganze Leidenschaft – also auch mein Beruf – genau das ist, was ich täglich leben und erleben darf. Für mich gab es nie eine Alternative.
Wo sehen Sie sich und den Circus Knie in zehn Jahren?
Ich hoffe, dass uns der Spagat zwischen Tradition und Moderne so gut gelingt wie bis anhin. Und dass uns das Schweizer Publikum weiterhin so viel Liebe schenkt und treu bleibt.
Wie sehen die Artistinnen 2025 aus? So sexy wie heute?
Ja, natürlich. (Lacht) Schöne und charismatische Artistinnen gehören zum Zirkus wie die Clowns. Wichtiger finde ich aber, dass Zirkusfrauen emanzipiert sind. Hinter dem roten Vorhang, aber auch in der Manege sind sich Mann und Frau immer auf Augenhöhe begegnet. Und das soll so bleiben.