Wyberhaken – die Schwingerkönigin erklärt das Eidgenössische
Kälin Sonia macht uns zu bösen Experten

Es ist das grösste Sportereignis der Schweiz, das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest, nächstes Wochenende in Zug. Für alle, die von diesem Sport fasziniert sind, aber noch einiges nicht verstehen, erklärt Schwingerkönigin Sonia Kälin die wichtigsten Begriffe.
Publiziert: 18.08.2019 um 23:10 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2021 um 13:11 Uhr
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Sonia Kälin ist seit Juli 2019 Schiedsrichterin beim «Donnschtig-Jass».
Foto: SRF/Peter Mosimann
Flavia Schlittler

Sie sind die Superstars der Sportarena – die Schwinger. Nächsten Samstag stehen sie am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) in Zug wieder in ihren Zwilchhosen in einem Kreis aus Sägemehl und versuchen, den Gegner auf den Rücken zu legen. Doch wie wird genau gezählt, weshalb gibts für den König einen Muni, weshalb werden sie «Böse» genannt und weshalb wischt der Sieger dem Verlierer das Sägemehl vom Rücken? Das erklärt die vierfache Schwingerkönigin Sonia Kälin (34).

Darum gehts
Die Schweiz braucht einen neuen König – deswegen schwingen 276 qualifizierte Athleten in Zug um den begehrten Titel und die Nachfolge von Schwingerkönig Glarner Matthias. Es werden an zwei Tagen je vier Gänge geschwungen.

So wird gezählt
Für verlorene Gänge werden üblicherweise 8.5 Punkte verteilt. Wer «gut» verliert, das heisst, wer aktiv geschwungen hat oder mehrmals nahe am Resultat ist, der bekommt 8.75 Punkte. Für gestellte, also unentschiedene Gänge, gibts im Normalfall 8.75 Punkte, oder 9 Punkte, wenn sehr aktiv geschwungen wurde. Für gewonnene Gänge gibt es 9.75 Punkte, mit Nachdrücken am Boden, oder 10 bei einem Plattwurf. Die Notengebung liegt in den Händen der drei Kampfrichter. Es gibt verlorene, gewonnene oder gestellte Gänge.

Aktiv schwingen
Das heisst, dass sich der Schwinger dem Kampf stellt, den Sieg mit verschiedenen Schwüngen herbeiführen will, mehrmals nahe am Sieg ist.

Dann hat man gewonnen
Wenn der Gegner mit dem Rücken ganz oder mit beiden Schulterblättern gleichzeitig den Boden berührt. Das Resultat ist nur gültig, wenn beide Schulterblätter innerhalb des Sägemehlrings zu liegen kommen. Mindestens mit einer Hand muss man dabei an der Schwinghose des Gegners Griff haben. Die Gänge werden durch die drei Kampfrichter überwacht.

Das ist verboten
Bei den Schwingern: Halsgriff (Würgeeffekt), Stossen gegen den Kopf in der Brücke, Aufreissen oder Überdrücken, nach Anwinkeln und Einspannen von Bein und Fuss des Gegners sowie der Druckaufbau durch Hebelwirkung gegen die Gelenke. Beim Publikum: Pfiffe von der Zuschauertribüne.

Muni oder Geldbetrag
Der neue Schwingerkönig erhält dieses Jahr den Muni Kolin, von dem Sonia Kälin die Gotte ist. Falls er den Stier nicht möchte, bekommt er für den Sieg einen bestimmten Geldbetrag. Auf dem zweiten und dritten Platz folgen Lebendpreise – oder ebenfalls die für diese Plätze bestimmten Geldsummen. Zudem gibt es viele Sachpreise wie ein Sofa, eine Harley-Davidson, eine Edel-Toilette oder einen Töggeli-Kasten. Die Sachpreise haben insgesamt einen Wert von einer Million Franken.

Die Gänge
Am ESAF, das alle drei Jahre stattfindet, werden acht Gänge geschwungen, nach vier Gängen scheiden die ersten Schwinger bereits aus, wenn sie zu wenig Punkte aufweisen. Der Schlussgang dauert normalerweise doppelt so lange wie der vorhergehende Gang.

Weshalb wischt der Sieger dem Verlierer das Sägemehl vom Rücken?
Es ist wie der Handschlag ein Zeichen von Respekt und bedeutet, dass der Kampf nun beendet ist und sich die beiden Gegner wieder auf Augenhöhe begegnen können.

Deshalb tragen einige Hemden, andere Turnleibchen
Es kommt irgendwann der Punkt, an dem der Schwinger entscheiden muss, ob er Sennenschwinger oder Turnerschwinger sein will. Sennenschwinger tragen farbige Hemden und dunkle Hosen, Turnerschwinger sind normalerweise auch Nationalturner und darum Turnerschwinger. Sie tragen weisse T-Shirts und weisse Hosen. Dies ist das vorgeschriebene Wettkampf-Tenue. Über ihren Kleidern tragen sie aus Zwilch gearbeitete, kurze Hosen, die sogenannte Schwingerhose.

Der Wyberhaagge
Der Angreifer attackiert den Gegner mit starkem Oberkörperdruck, dies nennt man Gammen. Man klemmt dann das gegnerische Bein mit den eigenen Beinen ein und hakt nachher übers Kreuz mit dem anderen Bein ein. Dadurch ist der Gegner in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und kann sich kaum mehr ausdrehen.

Der «Böse»
Die stärksten Schwinger des Landes werden liebevoll so bezeichnet. Da es keine Definition dessen gibt, wer als «Böser» gilt, werden heute alle Schwinger mit Eidgenössischem Kranz so genannt.

Faszination Schwingen
Die Freude am Zweikampf, am Sich-messen-Wollen. Es braucht unglaublich viele verschiedene Faktoren, um ein guter Schwinger zu sein. Technische Finessen, eine gute mentale Verfassung und ein gesunder Körper sind nur drei davon.

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