Vor zehn Jahren starb Rotstift-Legende Werner von Aesch
«Nur einmal hatte ich meinen Vater für mich alleine»

Sie gleichen sich aufs Haar – und waren zu dessen Lebzeiten doch so verschieden. Der Musiker Martin von Aesch (67) erinnert sich an seinen Vater, Rotstift-Legende Werner von Aesch (1927–2008), mit dem er oft Differenzen hatte.
Publiziert: 03.09.2018 um 10:36 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:54 Uhr
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Martin von Aesch sang mit seinem Vater bei den Schlieremer Chind.
Foto: Glückspost / Laslo Irmes
Peter Padrutt

Wenn Martin von Aesch (67) diese Geschichte erzählt, die sich vor mehr als einem halben Jahrhundert zutrug, legt sich Wehmut wie ein Schleier über seine Stimme: «Ich war etwa zwölf Jahre alt und durfte mit meinem Vater an ein Fussballspiel des FC Zürich. Der Weg führte uns von Schlieren ZH über den Schlieremer Berg – und ich hatte meinen Vater fast eine Stunde ganz für mich. Nur für mich allein.» Der Musiker, Sohn des berühmten Werner von Aesch (1927–2008), Mitglied im legendären Cabaret Rotstift: «Das war so schön!»

Er musste seinen Vater stets teilen

Als die beiden dann im Letzigrund-Stadion ankamen, habe sich der Papa wieder in den legendären Rotstiftler Jimmy Muff gewandelt. Martin von Aesch: «Eigentlich habe ich ihn immer mit der Öffentlichkeit geteilt. Das war nicht einfach für mich als Kind!»

Werner von Aesch galt zu seiner Zeit in der Deutschschweiz als Superstar – die Nation lachte über die resolute «Zürischnurre». Dabei war er auf Sumatra geboren, kam erst mit neun Jahren in die Schweiz und haderte lange mit dem Dialekt. Martin von Aesch: «Es hat nur keiner gemerkt.»

Vor zehn Jahren starb Werner von Aesch nach mehreren Schlaganfällen. Martin von Aesch erinnert sich: «Er war ein Familienmensch – wenn er denn mal da war. Aber er arbeitete wie ein Wahnsinniger.»

Musikalische Differenzen

1958 brachte von Aesch senior als Lehrer die erste Schallplatte mit den Schlieremer Chind heraus. Auch Martin sang zeitweise im berühmten Kinderchor aus Schlieren mit, komponierte mit 18 Jahren sogar zwei Songs für das fast 500'000-mal verkaufte Album «Mir gönd in Zoo» – den Gassenhauer «S Nilpferd» und die letzte Nummer «I de Nacht», in der alle Tiere schlafen gehen.

Fordernd und streng sei der Vater gewesen: «Alles andere als ein Alpenkalb, oft richtig ernst.» Im Musikunterricht war er für den kleinen Martin «der strengste Lehrer, den man sich vorstellen konnte». Das Verhältnis sei kompliziert gewesen. Sogar, als er vom Vater in die Schlieremer Chind aufgenommen wurde, gab es weiter häufig Differenzen, nun waren es musikalische.

«Du hast dich halt abgrenzen müssen, bist eigene Wege gegangen. Wege, die Werni nicht immer gepasst haben, tröstet ihn der frühere Rotstiftler Heinz Lüthi (77): «Doch nun hätte er seine helle Freude an dir!»

Seine Enkel liebte er abgöttisch

Die menschliche Nähe kam schliesslich, als Werner von Aesch Grossvater wurde. «Jedes von uns drei Geschwistern hatte später je ein Kind. Seine Enkel Chasper, Florian und Anna hatte unser Vater abgöttisch geliebt. Das führte uns doch noch zusammen», sagt Martin von Aesch.

Seinem Vater hat er denn auch sein neues Album «Tigerfinkli» gewidmet, das er als «Kinderlieder für Erwachsene» komponierte. Oft schimmern in der jazzigen Produktion mit ausgefeilten Bläsersätzen Erinnerungen an die Schlieremer Chind durch. Stücke, in denen er sich für seine «Täppis» schämt oder erzählt, wie er von anderen Kindern gehänselt wurde, gehen ans Herz.

Am meisten aber berührt der Song, in dem Martin von Aesch erzählt, wie hoffnungslos er als Primarschüler in seine Lehrerin verliebt war: «Sie war so unglaublich schön – ich habe es kaum ausgehalten, mit der ganzen Klasse vor der Kirche Spalier stehen zu müssen, als sie geheiratet hat.»

Martin von Aesch stellt seine CD vor: am 7. September, 20 Uhr im Musical Theater Storchen, St. Gallen sowie am 13. September, 20 Uhr, im Bernhard Theater Zürich.

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