Vor zehn Jahren besuchte Ines Torelli (85) zum letzten Mal die Schweiz. «Das hat mir nicht mehr so gefallen», sagt sie. «Die Menschen starrten nur noch auf ihr Handy und hetzten herum.» Nachdenklich ergänzt sie: «Ich fühlte mich in der alten Heimat ganz fremd.»
Ines Torelli zählte dank Bühnenhits wie «Bibi Balù» und «Die kleine Niederdorfoper» in den 60er- und 70er-Jahren zu den grössten Showstars des Landes. Ihr Lied «Gigi von Arosa» war der Kassenschlager von 1975. Und gilt noch immer als Mundart-Evergreen.
Lebensabend in Nova Scotia
Mitte der 90er-Jahre hatte Torelli plötzlich genug. Mit ihrem Mann, dem elf Jahre älteren Theaterproduzenten Edi Baur (†89), wanderte sie nach Nova Scotia (Kanada) aus, um in einer Sechszimmervilla mit Meerblick und 20’000 Quadratmeter Umschwung den Lebensabend zu geniessen.
2009 stirbt Baur. Seither lebt Torelli allein im Haus am Meer. Die Tage verbringt sie am liebsten draussen, wo sie jeden Morgen 90 Minuten lang die Möwen füttert. «Mein ganzes Geld geht für ihre Erdnüssli drauf», sagt Torelli lächelnd. Sie schlafe viel, koche sich zwischendurch ein Süppli und höre Radio – «am liebsten Deutsche Welle». Sehnsucht nach ihren früheren Glanzzeiten habe sie keine, sagt Torelli. «Man kann nicht bis zum 100. Geburtstag die Ulknudel spielen.»
Kein Problem mit Einsamkeit
Die Einsamkeit behage ihr, betont Torelli. «Ich bin ja eigentlich schon mein ganzes Leben lang einsam.» Sie wuchs als Einzelkind bei einer Tante auf. Selbst Kinder zu haben, war ihr nicht vergönnt. Als Schauspielerin sei sie dauernd unterwegs gewesen. «Ich bin es gewohnt, allein zu sein.»
In die Schweiz zurückzukehren, kann sie sich nicht mehr vorstellen. Die Fliegerei sei ihr zu anstrengend geworden. Und von ihren früheren Schauspiel-Freunden Ruedi Walter (†73), Stephanie Glaser (†90) oder Jörg Schneider (†80) sei ohnehin keiner mehr da.
Dass sie heute Samstag, 20.10 Uhr, in der TV-Show «SRF bi de Lüt – Winterfest» telefonisch live zugeschaltet wird, freut Torelli ungemein. «Es ist schön, zu wissen, dass man noch nicht ganz vergessen ist. Das zeigt, dass nicht alles umsonst war.»