Auf einen Blick
- Billet-Entzug bei Senioren: Kontroverse um Fahrtauglichkeit und Altersdiskriminierung
- Prominente äussern unterschiedliche Meinungen zur Fahrtauglichkeit im Alter
- Fünf Personen zwischen 70 und 86 Jahren teilen ihre Erfahrungen
Wie heikel das Thema Alter und Autofahren ist, zeigt die Geschichte eines 77-jährigen Mannes, dem der Führerschein entzogen wurde und sich darüber aufregt, wie Blick berichtete. Wie hochemotional das Thema ist, wird sofort klar, wenn Prominente am Telefon dabei sauer werden. Die einen, dass sie mit der Thematik konfrontiert werden. Andere, die sich weder äussern wollen noch erwähnt werden möchten, dass sie sich nicht dazu äussern. Ganz schön kompliziert, doch auch diese Haltung ist legitim – und schnell fällt der Begriff Altersdiskriminierung. Eins ist klar, das Thema ist wichtig. Hierfür verschiedene, spannende Meinungen.
Monika Kaelin (70), Showstar
«Ohne Auto geht bei mir gar nichts. Jährlich fahre ich rund 20'000 Kilometer, denn ich arbeite in Zürich, wohne in Gersau, habe noch eine Wohnung in Cannes und bin für den Prix Walo in der ganzen Schweiz unterwegs. Ich bin topfit und gehöre mit 70 noch lange nicht zum alten Eisen. Als Tochter des ehemaligen Polizeikommandanten des Kantons Schwyz weiss ich, wenn ich mich nicht mehr fit genug fühle, um Auto zu fahren, werde ich ihn freiwillig abgeben. Wenn medizinisch klar abgeklärt ist, dass eine Fahruntüchtigkeit besteht, finde ich es richtig, das Billett wegzunehmen. Gesetzlich ist es mit den zweijährlichen Arztkontrollen ab 75 sehr gut geregelt. Ich finde dies genügend. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in den Bereich der Altersdiskriminierung kommen.»
Heidi Maria Glössner (81), Schauspielerin
«Ja, ich habe meinen Führerschein noch und fahre auch noch Auto und fühle mich absolut fit genug, Auto zu fahren! Ellenlange Theatertexte zu lernen, auf Bühnen zu spielen, zu tanzen, zu singen, ist – so glaube ich – alles anspruchsvoller als Autofahren. Da ich beim medizinischen Test immer Topresultate habe, wurde mir noch nie ein Fahrtüchtigkeitstest empfohlen. Ich hoffe, dass ein Führerscheinentzug nur bei begründeten Ereignissen stattfindet, und in diesem Fall würde ich ihn nicht als Einschnitt in die Privatsphäre empfinden, sondern als eine fürsorgliche Massnahme zur Aufrechterhaltung der Sicherheit sowohl des Fahrenden als auch der übrigen Strassenbenützer. Die Frage, ob härtere oder weniger strenge Führerschein-Regeln für Senioren gelten sollten, kann ich nicht beantworten, da ich sie nicht im Detail kenne.»
Birgit Steinegger (76), Komödiantin
«Ich habe meinen Führerschein noch und ich fahre auch sehr gerne. Würde ich mich nicht fit genug fühlen, würde ich selbstverständlich nicht Auto fahren. Ein Fahrtüchtigkeitstest wurde mir weder empfohlen, noch habe ich je einen gemacht. Juristisch gesehen, ist das wohl ein Einschnitt, weil die persönliche Freiheit wohl kaum vor jeglichem physischen und psychischen Missbehagen schützt. An den Führerschein-Regeln für Senioren würde ich nichts ändern.»
Federica de Cesco (86), Schriftstellerin
«Ich habe nie einen Führerschein gemacht, weil mein Fahrlehrer behauptete, ich wäre eine öffentliche Gefahr. Er fühlte sich schlecht, ich mich da mit 18 Jahren auch. So würde ich mich wohl auch heute fühlen. Die persönliche Freiheit hat mehr mit zwei Füssen als mit vier Rädern zu tun. Ich bin für strengere Führerschein-Regeln für alle. Den Senioren sollte man einschärfen, dass sie von rücksichtslosen Verkehrsteilnehmern kaum Fairness zu erwarten haben. Und auch, dass eine Weiterfahrt gleich nach dem Mittagessen böse Folgen haben kann. Die strengere Regel für Junioren: Ihnen sollte man einschärfen, dass sie von erfahrenen Verkehrsteilnehmern kaum Rücksicht zu erwarten haben. Und dass ein eigener Wagen kein Grund zur Euphorie ist.»
Pino Gasparini (78), Sänger
«Ich fahre seit über 50 Jahren Auto, auch beruflich bedingt. Viele Auftritte enden dann, wenn es kein Postauto mehr gibt oder finden statt, wo es zu lange gehen würde hinzukommen. Ich bin superfit und gesund. Den Fahrtüchtigkeitstest habe ich schon zweimal gemacht. Mit 70 und mit 75 und beide Male blendend bestanden. Auf jeden Fall ist ein Führerscheinentzug ein Einschnitt in die persönliche Freiheit. Meiner Meinung nach müssen die Führerschein-Regeln für alle gleich sein, ob jung oder alt. So wie auch die Verkehrsregeln altersunabhängig für alle gleich sind.»
Doris Gisler (97), Werberin und Erfinderin des «FIGUGEGL»
«Ich habe vor wenigen Tagen beschlossen, mit dem Autofahren aufzuhören. Ich bin fast 80 Jahre lang und immer gut gefahren. Seit einem Jahr aber nur noch in der Nähe und nur noch tagsüber. Ich merkte, dass meine Fahrfähigkeiten schleichend abnehmen. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, aufzuhören, trotz gültigem Fahrausweis. Freiwillig – ich hätte mir das nicht vorschreiben lassen. Ich verkaufe jetzt meinen Peugeot 208 und fahre künftig mit dem Taxi oder werde von Familienmitgliedern gefahren. Ich empfinde das als enorme Einschränkung. Aber es ist vernünftig.»
Roger Schawinski (79), Medienpionier
«Ich fahre bestens Auto, mache all die obligatorischen Tests, immer mit wunderbarem Resultat. In fünf Jahren werden wir selbstfahrende Autos haben. Lange bevor ich mein Billett freiwillig abgeben würde. Die bestehenden Regeln finde ich ausreichend, vor allem den Sehtest finde ich wichtig.»
Oswald Grübel (81), Ex-CEO von UBS und CS
«Ich fahre noch selber, das geht wunderbar. Sollte ich oder meine Partnerin aber feststellen, dass ich nicht mehr 100 Prozent fit zum Fahren bin, würde ich auf einen Wagen mit Chauffeur umstellen. Man muss realistisch bleiben, wenn man über 80 ist und auf die 100 zu geht, sollte man die Vernunft walten lassen und selber einsehen, wann es genug mit dem Fahren ist. Wenn es ums Fahren im Alter geht, braucht es Selbstverantwortung und den gesunden Menschenverstand.»
Bea Heim (78), alt Nationalrätin und Präsidentin Vereinigung «aktiver Senior:innenorganisationen Schweiz»
«Ich fahre seit langem ein Elektroauto, betrieben mit Strom aus erneuerbaren Quellen – meist von der eigenen Solaranlage. Das ist praktisch, kostensparend und gibt einem ein gutes Gefühl. Zudem schätze ich die regelmässigen Fahrtauglichkeitstests, welche die Fahrsicherheit nach medizinischen Kriterien bestätigen – für die eigene Sicherheit und die aller anderen im Strassenverkehr.»