TV-Legende trug ihren halben Hausrat in einem Weidenkorb
Das verrückte Leben der Heidi Abel (†57)

Am kommenden Donnerstag, 21. Februar, wäre Heidi Abel neunzig Jahre alt geworden. Die beliebteste TV-Moderatorin der Schweiz aller Zeiten war ein Unikum. Aus ständiger Unordnung heraus gelang es ihr dank Talent und Gespür, die Zuschauer völlig in Bann zu schlagen.
Publiziert: 16.02.2019 um 02:44 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2019 um 08:20 Uhr
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In Körben transportierte Heidi Abel ihre Habseligkeiten. Auch viele Kleider trug sie immer mit sich.
Foto: SRF
Peter Padrutt und Jean-Claude Galli

Bei diesem Bild stellt man sich ein «vernuuschetes» Grossmütterchen vor – aber kaum den grössten TV-Star, den die Schweiz je hatte. Heidi Abel, die nächsten Donnerstag 90 würde, war «reizend desorganisiert», konstatierte einmal ihr Kollege Erich Gysling (82). Sie sei nie ganz fassbar gewesen, «weil sie sich wie schwebend durch die Realitäten des immer etablierter werdenden TV-Betriebs bewegte.» Dazu gehörte, dass sie nebst vielen Kleidern auch all ihre Habseligkeiten in einem Weidenkorb mit sich trug, in dem sie dauernd herumkramte.

Das Goldfisch-Drama

Aufgefallen sei sie schon als TV-Ansagerin, als sie im Studio Bellerive in den 1950er-Jahren ihre Karriere startete. Der spätere «Benissimo»-Produzent Max Sieber (75), damals noch Sendeleiter, erinnert sich an das Naturtalent. «Einmal blieb sie schlafend hinten auf dem Boden ihrer Sprecherkabine liegen, weil dort den ganzen Tag über der einzige ruhige Platz war, während Sprecher Léon Huber am Pult schon seine Texte übte.» Sie blieb auch liegen, als die ‹Tagesschau› begann, um dann genüsslich ein Bein in die Höhe strecken.» Der pingelige Léon und das chaotische Heidi gerieten oft aneinander, weil sie die Fläche, die beide teilten, mit Make-up übersät hinterliess. Später brachte Abel ihre Regisseure zur Verzweiflung, in dem sie fünf Minuten vor Sendungen wie «Musik und Gäste», «Karambuli» oder «Karussell» immer noch im Morgenrock in der Garderobe sass.

Legendär ist ihr Aufschrei, der durch die Studios hallte. Als grosse Tierschützerin kümmerte sich Abel um die Goldfische, die als Pausensignet dienten. «Leider kam es öfter mal vor, dass die Maler nicht aufpassten, Farbe ins Aquarium schütteten und die Fische danach entsorgen wollten», erinnert sich Sieber. Abel rannte hinterher und zerrte sie wieder aus dem Klo. Einige sollen noch gelebt haben.

Heidi sammelte Schnüre

Die Balance zwischen Ordnung und Chaos war zeitlebens Teil ihrer Persönlichkeit. Als sie sich in ein Häuschen am Lützelsee bei Hombrechtikon ZH zurückzog, stapelte sich die Fanpost in grossen Körben. Bis 25 Briefe erhielt sie pro Tag, und es dauerte oft Jahre, bis sie diese beantwortete. Sie verschwinden zu lassen, brachte sie nicht übers Herz. Bekannt ist, dass sie mit grosser Genauigkeit alte Schnüre, gebündelt nach Material und Länge, aufhob. Sie beschriftete auch alle Accessoires, damit sie dieselbe Kombination nicht später wieder in einer TV-Show trug.

Das war Heidi Abel: perfekt organisiert und doch charmant zerstreut. Sie genoss es, erkannt zu werden, verabscheute aber gleichzeitig die Öffentlichkeit. Ihre Beziehungen scheiterten oft daran. 1967 trennte sie sich nach fünfjähriger Ehe von Schriftsteller Peter Rosinski. Ihre wahre Liebe galt immer den Tieren – und der Umwelt. Als sie schon vom Brustkrebs gezeichnet war, soll sie unerkannt mit Foulard und Brille einer Anti-Gösgen-Demonstration beigewohnt haben. Die Nähe zur Natur suchte sie auch im Tod. Ein halbes Jahr, nachdem sie 57-jährig an Brustkrebs starb, wurde ihre Urne 1987 an einem geheimen Ort im Engadin beigesetzt. Heidi Abel wollte kein Begräbnis, kein Monument für die Ewigkeit. Vielleicht wird sie gerade deshalb in unserer Erinnerung bleiben. 

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