Luxus-Lady Irina Beller (44) ist sauer. «Seit einem Monat werde ich durch Anrufe terrorisiert. Meine Nächte sind der Horror», sagt sie. Zum ersten Mal läutete ihr Handy gegen 22 Uhr. «Ich war gerade am Einschlafen.» Auf dem Display sah sie eine Nummer mit der Vorwahl 071, ein Anruf aus St. Gallen also. «Ich kenne Leute da und dachte, es muss dringend sein, also nahm ich ab.»
Was sie hörte, ärgert sie sehr. «Ein Mann teilte mir in gebrochenem Deutsch mit, meine Kreditkarte sei gesperrt worden. Ich solle ihm die Kartennummer angeben, er werde sie entsperren.» Beller legt auf. Eine Stunde später läutet es wieder. «Es war die gleiche Vorwahl. Ich nahm ab. Da war ein anderer Mann dran, der mir sagte, ich hätte eine Rechnung nicht bezahlt», so die Buchautorin.
So geht es nun jede Nacht. «Kaum sperre ich eine Nummer, kommt eine andere. Sie beginnen gegen zehn und enden um fünf Uhr morgens.» Die Gattin von Bauunternehmer Walter Beller (67) kann nicht nachvollziehen, woher die Anrufer ihre Nummer haben. «Die ist geheim, nur wenige kennen sie.» Bei der Polizei sei sie auch gewesen. «Sie könnten nichts machen, meinten die Beamten.» Auf sich sitzen lassen will es die Schweizerin mit russischen Wurzeln aber nicht. «Ich rief schon zurück und sagte: ‹F*** you!› Die sollen wissen, wie sehr sie mich nerven.» Und genau darauf zielen die ausländischen Anrufer ab, die eine lokale Nummer geklaut haben – ein Rückruf kostet.
Was Irina Beller erlebt, nennt sich Spoofing. «Es ist das Vortäuschen einer falschen Telefonnummer – ein bekanntes Betrugssystem», sagt Sara Stalder (49), Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Dass die Anrufe nachts stattfänden, sei Zufall, so Stalder, denn: «Die Anrufe können von irgendwoher auf der Welt kommen, aus einer ganz anderen Zeitzone, meist auch von Computern ausgelöst. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn es nachts läutet.»
Beller könnte ihr Handy aus- oder auf lautlos schalten, doch das will sie nicht. «Ich möchte für meine Liebsten erreichbar sein. Man weiss nie, was passiert.» Gemäss Konsumentenschutz haben Anrufgeschädigte nur zwei Möglichkeiten: die anrufende Nummer beim Gerät manuell sperren oder die eigene Nummer ändern. Stalder fordert, dass «von den Telekomunternehmen oder von politischer Seite her endlich etwas gegen die unerwünschten Anrufe unternommen wird».