Warum gehen Sie Ende März 2012 mit nur 58 Jahren in Pension? Warum kehren Sie dem besten Restaurant der Schweiz den Rücken?
Philippe Rochat: Weil für das Geschäft jetzt genau der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Für eine neue Generation, für Benoît Viollier, den besten Nachfolger, den ich finden konnte. Zudem werden im September 2012 die Erweiterung und die komplette Renovation unseres Restaurants abgeschlossen sein. Wir investieren einige Millionen.
Was zeichnet Benoît Viollier aus?
Er ist mit 39 Jahren noch jung und voller Tatendrang. Benoît ist ein tüchtiger, kreativer und grundehrlicher Mensch, der sehr gut mit Leuten umgehen kann. Er ist wie ich ein Schüler von Fredy Girardet, dessen Vater Benjamin 1953 unser Restaurant gegründet hat. Und er kennt die Gaststätte wie kein Zweiter, da er schon 16 Jahre hier arbeitet.
Fast Tag und Nacht standen Sie in Ihrem geliebten Hôtel de Ville. Haben Sie nun bald mehr Zeit für Ihre andere Liebe?
Ja, das wird sicher der Fall sein. Ich freue mich, mit meiner Partnerin Laurence Rochat, mit der ich übrigens nicht verwandt bin, mehr Zeit verbringen zu können. Sie wohnt jetzt noch im Jura. Im Oktober werden wir hier in der Nähe in unser gemeinsames neues Heim ziehen. Wir wollen auch reisen, unsere beiden Lieblingsländer Frankreich und Italien noch besser kennenlernen. Und auch unser Walliser Chalet im Goms mehr geniessen.
Laurence und Philippe Rochat-Rochat, wie klingt das für Sie?
(lacht) Nicht schlecht! Wer weiss, vielleicht heiraten wir tatsächlich einmal in Las Vegas ... Denn wir sind sehr glücklich zusammen. Laurence ist ein herzensguter Mensch, hat viel Humor. Wir beide denken genau gleich. Es ist ein Wunder, dass ich mich nochmals so harmonisch verlieben durfte. Für Kinder bin ich aber wohl schon etwas zu alt.
Wie haben Sie die Gewinnerin der Langlauf-Bronzemedaille von Olympia 2002 in Salt Lake City (USA) kennengelernt?
Beim Sport! Vor fünf Jahren habe ich Laurence auf der Loipe getroffen, als ich ins schöne Vallée du Joux, wo sie ja herkommt, langlaufen ging. Es war Liebe auf den zweiten Blick: Ein Jahr später wurden wir ein Paar.
Hand aufs Herz: Fürchten Sie nicht, dass es Ihnen ab 1. April 2012 langweilig wird?
Nein, ganz und gar nicht. Ich werde als Gastro-Berater weiter tätig sein, bleibe im Verwaltungsrat unseres Restaurants und werde mich in einer Kooperation mit einer Lausanner Schule auch um den Koch-Nachwuchs kümmern.
Haben Sie noch Träume?
Nein, ich bin wunschlos glücklich. Vor allem weil ich gesund bin und meine beiden Träume wahr geworden sind: Ich bin glücklich verliebt und habe meine Nachfolge optimal geregelt. Da bin ich mir ganz sicher: In den letzten fünf Jahren durfte ich mit Benoît Viollier gemeinsam den Restaurant-Umbau planen und verwirklichen. Für die nächsten 25 Jahre sind wir nun gerüstet, die beste Gaststätte der Schweiz zu bleiben. Nicht jeder kann mit einem so erfüllten Gefühl in Pension gehen!
Was passiert mit der Wohnung oberhalb des Restaurants, in der Sie bis im Oktober sind?
Im März 2012 wird da mein Nachfolger mit seiner Familie, seiner gleichaltrigen Gattin Brigitte und dem achtjährigen Sohn Roman, einziehen. Das ist ebenfalls ideal, da Brigitte Viollier künftig bei uns an der Rezeption die Gäste empfangen wird.
Dort, wo Sie auch viele prominente Besucher willkommen heissen durften. Welche Begegnung werden Sie nie vergessen?
Das war 2003 der erste Besuch des damals noch amtierenden deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Seine Berater sagten, er sei in Eile, habe nur von 18.30 bis 20 Uhr Zeit. Schröder sagte dann, er habe noch nie ein so gutes Nachtessen eingenommen, blieb bis 23 Uhr – und kam seither immer wieder zu uns.