Heute Abend passiert bei «Schweiz aktuell» (19 Uhr, SRF 1) Erstaunliches. Moderator Michael Weinmann (37) grüsst für einmal nicht aus einem Dorf wie Marbach LU, Schangnau BE oder Wiggen LU, sondern aus der Hauptstadt Grossbritanniens. «Der Einblender London bei meinem Namen ist schon etwas gewöhnungsbedürftig», sagt er dem BLICK.
Weinmann, der als akribischer Vorbereiter gilt, machte sich in London auf die Spuren des legendären englischen Reiseveranstalters Thomas Cook (1808–1892). Dessen weltweit erste Pauschalreise von 1863 durch die Schweiz steht im Zentrum des diesjährigen «Schweiz aktuell»-Sommerspecials «Die Alpenreise».
Täglich meldet sich Weinmann vom 16. Juli bis 3. August live von einer neuen Station der Tour. Als Basis dient das Tagebuch der damals 31-jährigen Miss Jemima Morrell, die aus reichem Hause stammte. Das Original liegt im Cook-Archiv in London, deshalb Weinmanns Einstimmungstrip über den Ärmelkanal. «Eines meiner Lieblingszitate passt perfekt zur Sendung», sagt Weinmann. Es stammt von Helmut Kohl: «Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.»
Schweizer Familien als Wirtschaftsflüchtlinge und Bettler
Fasziniert erzählt Weinmann von Miss Jemimas Eindrücken: «Es war eine andere Schweiz. Damals wollten viele Familien das Land verlassen, als klassische Wirtschaftsflüchtlinge. Jemima empörte sich über die Naivität und Leichtgläubigkeit der Menschen. Dass die Leute wirklich glaubten, das Wasser in den Heilbädern hätte magische Kräfte zum Beispiel. Und sie regte sich über die vielen bettelnden Kinder auf.»
Die Schweizer seien damals sozusagen die Sherpas der Engländer gewesen, ihre Diener. «Sie erfanden den Tourismus und brachten ihn hierher.» Das Tagebuch war nicht zur Veröffentlichung gedacht. Es wurde während des Zweiten Weltkriegs in einer Mülltonne gefunden und der Firma übergeben.
«Ich bin mein eigener Thomas Cook»
«Die Alpenreise» ist Weinmanns sechstes Sommerspecial als Moderator und das siebte insgesamt. «Diese Tage und Wochen sind die spannendste Zeit meiner Arbeit», schwärmt er. «Normalerweise kratzen wir an der Oberfläche, hier können wir wirklich in die Tiefe gehen.»
Persönlich sucht sich der Aviatik-Begeisterte seine Ferienreisen im Internet selber zusammen. «Ich bin also mein eigener Thomas Cook», scherzt er. Eine Gruppenreise habe er nur einmal nach Vietnam gemacht. Das Ziel der nächsten drei Wochen ist für ihn klar: «Ich bin der Guide und nehme die Zuschauer mit auf eine Reise. Sie soll auf unterhaltsame Art lehrreich sein und immer wieder Aha-Erlebnisse bescheren.»