Der Pistolenrauch hat sich verzogen, die Katze ist aus dem Sack: Als Nachfolgerinnen von Stefan Gubser (61) und Delia Mayer (52) beim Schweizer «Tatort» schickt SRF ab 2020 Carol Schuler (32) und Anna Pieri Zuercher (40) in Zürich auf Verbrecherjagd. Die gebürtige Winterthurerin Schuler verkörpert die Fallanalytikerin Tessa Ott, die aus einer reichen Zürichberg-Familie stammt und ihre erste Stelle als Ermittlerin antritt. «Ott ist eine emotionale, unkonventionelle und sensible Frau, die sich dadurch sehr verletzlich macht», sagt Schuler.
«Tolle Chemie und Vertrautheit»
Die in Lausanne wohnhafte Pieri Zuercher spielt Isabelle Grandjean, Arbeitertochter und Juristin aus La Chaux-de-Fonds NE, die in Den Haag am Internationalen Strafgerichtshof tätig war und seit fünf Jahren in der Limmatstadt wirkt. «Grandjean ist eine Kämpferin, sehr seriös und mit starkem Gerechtigkeitssinn, dennoch besitzt sie Humor.»
Bei der Präsentation beschworen die Darstellerinnen ihre «tolle Chemie und Vertrautheit hinter den Kulissen bereits nach dem ersten Treffen», sagten aber auch, dass sie auf dem Bildschirm «nicht von Anfang an harmonieren würden». Was massiv untertrieben sein dürfte. Reibereien und Konflikte sind vorprogrammiert. Ihre Ansage: «Wir sind beide Bad Cops.»
Starke Autoren sind matchentscheidend
Der in der Deutsch- und Westschweiz viel beschäftigte Schauspieler Gilles Tschudi (62) findet es «hochspannend» zu zeigen, was passiert, wenn zwei geografisch bedingte Mentalitäten aufeinandertreffen. «Diese Dialektik herauszuschälen, wird aber eine Herausforderung», sagt der «Lüthi und Blanc»-Star. Es brauche Autoren, welche die Denkweise und den Humor der Menschen im Welschland verstehen und herausschälen könnten. Die Idee, mit zwei weiblichen Alpha-Cops ins Rennen zu steigen, habe aber durchaus Charme.
In der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt
Schwieriger hingegen scheint der Entscheid, auf zwei Genre-Neulinge zu setzen, die in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt sind. «Wir haben ganz bewusst zuerst die Figuren geschaffen und erst danach die Besetzung entschieden», sagt SRF-Fiktionsleiter Urs Fitze (61) und verteilt Vorschusslorbeeren. «Wir sind glücklich, die idealen Schauspielerinnen gefunden zu haben. Die beiden Frauen verleihen dem Zürcher ‹Tatort› nochmals eine ganz besondere Qualität.»
Frauenpower liegt im Trend
Frauenpower im Doppelpack liegt zwar im Trend. Aber wenn in Deutschland die Kripo-Diven Maria Furtwängler (52) und Florence Kasumba (42) im Göttinger «Tatort» aufeinanderprallen, ist zumindest eine von ihnen ein Star. Furtwängler als Kommissarin Charlotte Lindholm ist als Einzelkämpferin etabliert und vor allem beim männlichen Publikum sehr beliebt. Indem man ihr nun die afrodeutsche Kasumba zur Seite stellte, sorgte man für zusätzlichen Konfliktstoff. Aber das Prinzip zweier weiblichen Hartköpfe, die sich immer wieder zoffen, funktioniert. SRF hat sich hier sicher inspirieren lassen.
Die Deutschen punkten mit Publikumslieblingen
Das zweite Frauenduo Odenthal und Stern im Ludwigshafener «Tatort» funktioniert nach dem gleichen Schema. Auch hier ist im Gegensatz zum SRF-Konstrukt eine von ihnen Publikumsliebling. Ulrike Folkerts (58) als Kommissarin Lena Odenthal hat sich stetig weiterentwickelt. So trat die Schauspielerin zu Beginn noch mit burschikosem Kurzhaarschnitt auf und trug eine Lederjacke. Mit ihrem selbstbewussten Auftreten stand sie ihren männlichen Kollegen in nichts nach. Auch ihr stellte man jetzt eine Sparringpartnerin zur Seite: die LKA-Beamtin Johanna Stern, dargestellt von Lisa Bitter (35) – jung, frech und unangenehm ehrgeizig.
Verstehen unsere Nachbarn die Schweizer Finessen?
Die Spannung beim Ludwigshafener Frauengespann ist scharf gezeichnet. Hier geht es um ethnische Konflikte und Vorurteile – ein grosses gesellschaftliches Thema. Im Göttinger «Tatort» trifft Odenthal auf eine zickige «Digital Native»: Mehr Generationenkonflikt ist kaum möglich.
SRF arbeitet mit Unterschieden, die deutschen und österreichischen Zuschauern erst einmal verständlich gemacht werden müssen: dass die Schweiz mehrsprachig ist und es verschiedene Mentalitäten gibt. Stoff für gute Plots? Wir werden sehen. Und schliesslich stellt sich auch die Frage, ob unsere Nachbarn akzeptieren werden, wenn eine Zürcher Ermittlerin plötzlich kein «Kuhschweizerdeutsch» mehr spricht, sondern mit verstörendem französischen Akzent Zugriffe macht.
Vorerst kommt Schuler und Pieri Zuercher alias Ott und Grandjean zugute, dass man sie noch nie zusammen sehen konnte. Und bis im Herbst 2020 bleibt das Gespann eine Blackbox. Hoffentlich auch eine Wundertüte, die den Schweizer «Tatort» in Schuss bringt.
Mit dem Zürcher Dialekt hapert es bei der welschen Anna Pieri Zuercher noch, Berndeutsch hingegen kann sie geschliffen. «Für meine in München lebende Schwester war es viel härter, im Vorfeld über das Engagement zu schweigen. In der Romandie ist der ‹Tatort› kein Thema.» Die 40-Jährige ist in Bern geboren und in Biel BE mit einer italienischen Mutter und einem Deutschschweizer Vater aufgewachsen, sie wohnt in Lausanne. Nach einer Ausbildung zur Pianistin setzte sie früh aufs Schauspiel und verkörpert gerne energetische, starke und natürliche Charaktere. Pieri Zuercher war unter anderem in «Paul s'en va» von Regielegende Alain Tanner (89) oder «Anomalia» von Pierre Monnard zu sehen. Für ihre Rolle in der RTS-TV-Serie «Double vie» bekam sie an den diesjährigen Solothurner Filmtagen den Fernsehfilmpreis für die beste weibliche Hauptrolle.
Mit dem Zürcher Dialekt hapert es bei der welschen Anna Pieri Zuercher noch, Berndeutsch hingegen kann sie geschliffen. «Für meine in München lebende Schwester war es viel härter, im Vorfeld über das Engagement zu schweigen. In der Romandie ist der ‹Tatort› kein Thema.» Die 40-Jährige ist in Bern geboren und in Biel BE mit einer italienischen Mutter und einem Deutschschweizer Vater aufgewachsen, sie wohnt in Lausanne. Nach einer Ausbildung zur Pianistin setzte sie früh aufs Schauspiel und verkörpert gerne energetische, starke und natürliche Charaktere. Pieri Zuercher war unter anderem in «Paul s'en va» von Regielegende Alain Tanner (89) oder «Anomalia» von Pierre Monnard zu sehen. Für ihre Rolle in der RTS-TV-Serie «Double vie» bekam sie an den diesjährigen Solothurner Filmtagen den Fernsehfilmpreis für die beste weibliche Hauptrolle.
Die Ähnlichkeit mit Amy Winehouse ist augenfällig, und tatsächlich bringt Carol Schuler als Sängerin auch Coverversionen der 2011 verstorbenen UK-Pop-Ikone. Doch die jetzt 32-Jährige kannte ihren Plan A bereits als Mädchen im Corti-Kindertanztheater in Winterthur ZH: Schauspielerin zu werden. 2001 gewann sie als bisher jüngste Frau überhaupt den Schweizer Filmpreis als beste Darstellerin in Lutz Konermanns «Lieber Brad» an der Seite von Mathias Gnädinger (†2015). Schuler lebt seit weit über zehn Jahren in Berlin und ist Ensemblemitglied der renommierten Schaubühne. Ihr Film- und TV-Palmarès reicht von «Nachtlärm» von Christoph Schaub (61) über die fünfte Staffel der US-Hitserie «Homeland» bis hin zur SRF-Produktion «Seitentriebe». 2014 spielte sie im «Tatort – Schmutziger Donnerstag» eine Prostituierte.
Die Ähnlichkeit mit Amy Winehouse ist augenfällig, und tatsächlich bringt Carol Schuler als Sängerin auch Coverversionen der 2011 verstorbenen UK-Pop-Ikone. Doch die jetzt 32-Jährige kannte ihren Plan A bereits als Mädchen im Corti-Kindertanztheater in Winterthur ZH: Schauspielerin zu werden. 2001 gewann sie als bisher jüngste Frau überhaupt den Schweizer Filmpreis als beste Darstellerin in Lutz Konermanns «Lieber Brad» an der Seite von Mathias Gnädinger (†2015). Schuler lebt seit weit über zehn Jahren in Berlin und ist Ensemblemitglied der renommierten Schaubühne. Ihr Film- und TV-Palmarès reicht von «Nachtlärm» von Christoph Schaub (61) über die fünfte Staffel der US-Hitserie «Homeland» bis hin zur SRF-Produktion «Seitentriebe». 2014 spielte sie im «Tatort – Schmutziger Donnerstag» eine Prostituierte.