Die letzten Jahre hat man nicht mehr viel von ihm gehört: Michael von der Heide (44) ist aber nicht untergetaucht, sondern war mit Theaterinszenierungen von Christoph Marthaler auf grossen Bühnen dieser Welt unterwegs. «Standing Ovations jeden Abend, in tollen Hotels übernachten, im Royal Opera House in London gastieren – das hat mir schon sehr gefallen», schwärmt Michael auf unserer Fahrt von seiner Wohnung in Rümlang nach Winterthur ZH.
Wir liefern dort eine Ladung CDs bei einem Musikvertrieb ab. «Während meiner Theaterzeit habe ich natürlich nicht aufgehört, Songs zu schreiben. Jetzt ist es wieder Zeit, eigene Sachen zu machen!», sagt Michael. Obwohl es vielleicht altmodisch oder nostalgisch erscheine, wolle er eine richtige CD produzieren, seine Lieder nicht nur als «Tracks» zum Herunterladen aufs Internet stellen. Man verdiene zwar kein Geld mehr mit CDs, aber man könne sie anfassen und von Anfang bis zu Ende hören, meint Michael mit seinem spitzbübischen Lächeln.
Viel Persönliches ist in sein zehntes Album «Bellevue» geflossen: Mit Sina singt er das Duett «Rien que des amis», nur Freunde. Freundschaften mit Frauen haben sein Leben geprägt. Sängerin Paola war als Kind seine erste grosse Liebe. Seine Gotte schenkte ihm die Platte «Lieder, die ich liebe». Klein Michael wollte auch wie Paola an den Eurovision Song Contest. Später wurde er tatsächlich ihr Berufskollege und ein Freund.
Lustig auch, wie die Freundschaft mit Sängerin Vera Kaa begann: Er war – ganz jung – Babysitter ihrer Kinder. Später sang er ein Duett mit der Rockröhre Nina Hagen. Mit Gardi Hutter und Sandra Studer tourte er sehr erfolgreich mit dem Stück «Wanderful» und gewann dafür dieses Jahr den «Prix Walo». Offenbar hat er ein Faible für starke Frauen. Weshalb? «Ich spreche dieselbe Sprache wie sie. Auch sie haben es anfangs schwer, sich zu behaupten.»
Es sei nicht einfach gewesen, als schwuler Jugendlicher im Bergdorf Amden SG aufzuwachsen. Er wurde ab und zu gehänselt, hatte selber nicht verstanden, warum er so anders war als die anderen. Erst die Jugendzeitschrift «Bravo» klärte ihn über seine Homosexualität auf. Mit 20 Jahren hatte er das Coming-out. Seine Eltern waren, zu seiner grossen Erleichterung, gar nicht überrascht. Dieser Jugendzeit in Amden hat er sein Schweizerdeutsch gesungenes Lied «Hinterem Berg» gewidmet.
Kürzlich hat der Churer Bischof Vitus Huonder umstrittene Aussagen über Homosexuelle gemacht. Was hat Michael von der Heide da gedacht? «Das kann kein gläubiger Mensch sein! Jemand, der solchen Hass in sich trägt, glaubt nicht an das Gute im Menschen», meint er bestimmt. Zurück zur Musik: 2010 ging Michaels grosser Traum in Erfüllung, er trat für die Schweiz am Eurovision Song Contest in Oslo an.
Obwohl er nach den Niederlagen seiner international bekannten Vorgänger wie DJ Bobo oder den Lovebugs mit einem Taucher rechnen musste, kam das Ausscheiden im Halbfinale für ihn wie ein Hammerschlag. «Ich habe viel gelernt», meint er heute mit Humor. Georgien gab ihm damals als einziges Land Punkte und die Ukraine lud ihn für Konzerte ein. Auf die Frage, ob er das geworden sei, was er werden wollte, sagt er:
«Manchmal muss ich mich selber kneifen, weil die Realität meine Träume zum Teil übertroffen hat! Das heisst aber nicht, dass man sich nicht immer wieder neue Ziele steckt.» Ja, er ist wieder voll da, der Musiker und Sänger Michael von der Heide.
Astrid von Stockar fährt Peugeot. www.peugeot.ch
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