Donnerstagnachmittag, kurz vor 16 Uhr, Temperaturen um die 30 Grad. Ich stehe am Aareufer bei Belp BE, wo ich mit Francine Jordi (46) zum Hundespaziergang verabredet bin. Mit dabei: mein Shih-Tzu-Männchen Chino (2,5 Jahre), Francine bringt ihren Labrador-Rüden Theo (12) mit. Der ist fast viermal so gross. «Hoffentlich geht das gut», denke ich.
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Die Bedenken sind unbegründet. «Theo ist der liebste Hund, den es gibt», erklärt die Schlagersängerin gleich nach ihrer Ankunft. Er schaffe es sogar, Leute für sich zu gewinnen, die mit Vierbeinern nichts anfangen können. Auch Chino scheint zunächst skeptisch, Theo nimmts gelassen. «Deiner ist auch kein Alpha, oder?», fragt Jordi. Ich schüttle den Kopf. «Sei froh. Das ist anstrengend. Mein vorheriger Hund war so einer.» Gemeint ist Labrador Pego, der die Sängerin von 2005 bis 2010 begleitete.
25 Jahre auf der Bühne
Viel reden könne sie nicht, sagt die Sängerin und steckt sich ein Halsbonbon in den Mund. Sie sei fünf Tage krank gewesen, habe noch immer keine Stimme. «Und am Wochenende stehen Auftritte an. Da bange ich immer, ob es funktioniert. Morgen ist ein Tag Schweigen angesagt.»
Jordi ist ein Profi. Am 5. September 1998 gewann sie mit dem Titel «Das Feuer der Sehnsucht» den Grand Prix der Volksmusik in Wien und legte damit den Grundstein für ihre Schlagerkarriere. Für die gelernte Kauffrau war es damals unvorstellbar, irgendwann von der Musik leben zu können. «Ich dachte zuerst, meine Karriere dauere ein Amtsjahr wie bei der Miss Schweiz. Und dann kam ein weiteres dazu – und noch eins – und noch eins. Und heute stehe ich hier.»
Francine Jordi - Das Feuer der Sehnsucht - 1998 (Original Grand Prix Video)
Rund zwei Drittel ihrer 25-jährigen Karriere hat Francine Jordi mit einem Hund an ihrer Seite verbracht. «Ich liebe Hunde, seit ich denken kann. Wir hatten immer welche in unserer Familie», erzählt sie, während wir die Aare entlang durch den Wald spazieren. «Sie sind gut fürs Gemüt und für die Gesundheit. Es sollte auch viel mehr Bürohunde geben.»
In der Region Bern verwurzelt
Während unseres Spaziergangs fahren immer wieder Gummiboote vorbei – junge Leute suchen im kühlen Nass eine Abkühlung und fahren von Thun nach Bern – Aareböötlen hat in den Sommerferien Hochkonjunktur. «Ich bin eher die gemütliche», sagt Francine. «Als Kind kam ich mit meiner Familie hierher, habe im Fluss gebadet und dann eine Glace im Restaurant gegessen», erinnert sie sich. Und eine Zeit lang sei sie oft mit Theo hier spazieren gegangen: «Das ist ein Hündeler-Paradies.» Heute bevorzugt sie den Wald in der Nähe ihres Hauses.
Zu Hause ist Francine Jordi noch immer in der Region Bern. Der Karriere wegen wegzuziehen – zum Beispiel nach Deutschland –, war für sie nie ein Thema. «Ein Baum ohne Wurzeln fällt um», begründet sie. Sie wolle Freunde und Familie in der Nähe haben. «Ich sagte mir immer: Wenn sie wollen, dass ich komme, holen sie mich auch von hier.» Und damit behielt sie recht.
Auf ihren Reisen zu Auftritten ist auch Theo oft dabei. «Wenn ich mit dem Auto hinfahren kann, geht das gut.» Und wenns mal nicht gehe, habe sie drei fixe Personen, denen sie Theo anvertrauen könne.
Wir machen an einem Zugang zur Aare halt. «Theo liebt es zu baden. Schwimmen aber nicht», sagt Jordi. Mein Hund Chino bleibt an Land, die Strömung scheint ihm zu stark. Immer wieder läuft Theo zu Jordi und macht sich einen Spass daraus, in ihrer Nähe das Wasser abzuschütteln. Wir lachen.
Theo, bester Freund und ständiger Begleiter
«Theo ist mein Sonnenschein, mein bester Freund», sagt Jordi. Diese Verbindung könne man nur verstehen, wenn man selbst einen Hund habe. «Er begleitete mich auch in den schwersten Zeiten.» Gemeint ist Jordis Brustkrebserkrankung, die sie vor rund fünf Jahren im Blick öffentlich machte. «Er wich nicht von der Seite und hat es fast nicht verstanden, als er jeweils zum Spazieren abgeholt wurde. Er wollte mich nicht allein daheim lassen», erinnert sie sich. Heute ist Jordi krebsfrei.
Schlagzeilen machte die Schlagersängerin auch mit ihren Liebschaften. «Das ist aber schon mindestens zehn Jahre her», meint sie und lacht. Von 2009 bis 2011 war sie mit Radlegende Tony Rominger (62) verheiratet. Die Ehe endete, weil sie sich in Musikkollege Florian Ast (48) verliebte. «Eigentlich hielt ich mich zum Thema Liebe immer bedeckt. In dem Fall war es anders, weil mein Gegenüber auch in der Öffentlichkeit stand», erinnert sie sich. «Darum wurde viel geschrieben – und noch viel mehr geredet.» Auf die Frage, wie es heute um ihr Liebesleben steht, meint sie nur: «Ich bin zufrieden.»
Was für Jordi noch ansteht
Theo sei für sie auch ein Lehrmeister, erklärt Jordi, als wir zurück auf den Parkplatz kommen und der Spaziergang zu Ende geht. Er lebe im Moment, denke nicht daran, was vor drei Minuten war – oder was später ist. «Dieses Mantra täte uns Menschen auch immer wieder mal gut.»
Jordi sieht sich an einem guten Punkt angekommen: «Ich bin mit 46 gelassener als noch mit 30 oder 40 und stehe mitten im Leben. Es sei ein Moment, den sie mit ihrem Album «Leben» manifestieren wolle. Und was steht als Nächstes an? Die Nordlichter wolle sie noch sehen, ansonsten mache sie keine Pläne. «Ich bin gespannt, was das Leben für mich noch bereithält.»