Hannes Schmid (75) ist ausser sich vor Freude. «Endlich herrscht wieder so etwas wie Normalität», sagt der Schweizer Fotokünstler. Seit zwei Wochen dürfen die 400 Kinder seines Hilfswerks Smiling Gecko in Kambodscha zurück in die Schule – nach 22 Monaten Lockdown! «Die letzten zwei Jahre waren vor allem für die Kleinen eine riesige Herausforderung», sagt Schmid. Homeschooling sei kaum möglich gewesen, da die meisten Eltern weder lesen noch schreiben können. «Nun bekommen die Kinder wieder regelmässig zu essen, werden medizinisch versorgt und erhalten auch geistig Nahrung.»
Im Jahr 2014 gründete Schmid 60 Kilometer nördlich der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh das Entwicklungsprojekt Smiling Gecko. Mit Spendengeldern aus der Schweiz baute er auf 40 Hektaren Landwirtschafts- und Handwerksbetriebe auf, die inzwischen jährlich gegen 80 Tonnen Lebensmittel produzieren. Davon profitieren rund 12'000 Menschen, die zuvor grösstenteils in den Slums von Phnom Penh dahinvegetierten. «Mein Ziel war und ist es noch immer, möglichst vielen Menschen durch wirtschaftlich tragfähige Betriebe eine selbstbestimmte Existenz zu verschaffen», erklärt Schmid.
Kambodscha stürzte ins Chaos
Anfang 2021 kam die Pandemie und stürzte das ohnehin schon gebeutelte Kambodscha endgültig ins Chaos. Fabriken mussten schliessen, der Tourismus brach komplett ein. «Wie in jeder Krise traf es die Ärmsten der Armen am schlimmsten», sagt Schmid. Und er schildert, wie hungernde Eltern ihre Kinder im Stich liessen, um in andere Teile des Landes vielleicht Arbeit zu finden. Im Dschungel würde er immer wieder verwahrloste Kinder antreffen, die sich seit Monaten nur von Eidechsen und Kröten ernähren würden, weil ihre Eltern nicht mehr da seien.
Auch für die Landwirtschaftsbetriebe war die Pandemie eine Herausforderung. Abnehmer für die Produkte aus seinem Betrieb fand Schmid während der Pandemie kaum mehr. «Läden hatten geschlossen, ebenso Hotels und Restaurants, welche die Lebensmittel von uns bezogen – in unserer Umgebung herrschten blanke Not und Hunger». Er und sein Team hätten deswegen Abertausende Lebensmittelpakete als Nothilfe an die Bevölkerung verteilt.
Kinder sind geistig zurückgefallen
Die Pandemie sei noch nicht zu Ende, sagt Schmid. «Das Leiden geht weiter». Mit der von der Regierung erlaubten Wiedereröffnung seiner Schule seien aber zumindest die 400 Kinder wieder versorgt. Die meisten von ihnen unter zehn Jahren seien in ihrer Entwicklung stark zurückgeworfen. Sie hätten fast alles verlernt, was ihnen zuvor beigebracht worden sei. «Uns steht viel Arbeit bevor», sagt Schmid, und das sei gut so. Lächelnd ergänzt er: «Dass wir unsere Schule wieder offen haben, ist ein Silberstreifen am düsteren Horizont. Und dieser Silberstreifen macht mich extrem glücklich.»