An einem milden Herbstabend in London, mitten im eleganten Westminster-Viertel ist ein typisch schwarzes London-Taxi bis auf den letzten Platz mit vier Schweizer Filmemachern gefüllt: Casting-Urgestein Corinna Glaus (60, «Die Göttliche Ordnung»), Produzent Stefan Eichenberger (33, «Der Kreis»), Jung-Regisseur Timo von Gunten (27, «La femme et le TGV») und sein Produzent Giacun Caduff (38). Champagner-Korken knallen, die Stimmung im Wagen könnte nicht besser sein - schliesslich hat man ordentlich was zu feiern!
«Eine unglaubliche Ehre»
Die vier haben das geschafft, wovon andere Filmemacher nur träumen können: Sie werden alle als neue Mitglieder in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences aufgenommen - kurz in die Oscar-Jury. Sie bestimmen von nun an und auf Lebzeiten mit, wer eine der goldenen Statuen für den begehrtesten Filmpreis der Welt erhält. «Eine unglaubliche Ehre», schwärmt Corinna Glaus, «und ein Qualitätsstempel für die eigene Arbeit», der einem unglaublich viele Türen öffne. «Es ist schon etwas surreal», gibt der Oscar-nominierte von Gunten zu, «in meinem jungen Alter Mitglied dieser ehrenwerten Jury zu werden. Umso mehr freue ich mich über diese Auszeichnung.»
Glaus und von Gunten sind zwei von insgesamt sieben Schweizer Filmschaffenden, welche dieses Jahr in die Oscar-Jury aufgenommen werden – so viele wie niemals zuvor. Zur offiziellen Amtseinführung im edlen Spencer-House in London werden sie allerdings nur von zwei ihrer Kollegen begleitet: «Ich lasse mir doch kein Date mit Oscar entgehen», scherzt Giacun Caduff, «den schleppen wir noch ab!» Stefan Eichenberger lacht, dann posiert er mit den anderen drei fürs Erinnerungsfoto.
Das kleine Film-Land Schweiz schreibt Hollywood-Geschichte
Als die vier Schweizer offiziell in der Academy willkommen geheissen werden, wird es emotional: Die Augen glänzen, die Sektgläser klingen, man fällt sich in die Arme. Das kleine Film-Land Schweiz schreibt Hollywood-Geschichte. Bisher hatte unser Land zwölf bekannte, noch lebende Oscar-Juroren, nun sind es auf einen Schlag sieben mehr - beinahe eine Verdopplung. «Die Academy-Mitgliedschaft steigert unseren Einfluss im Filmbusiness natürlich schon enorm», sagt Corinna Glaus. «Plötzlich hat man Zugang zu sehr erfolgreichen Schauspielern und Regisseuren, die vorher unerreichbar waren.» Aber auch als Oscar-Juror sei gezieltes Netzwerken unerlässlich, betont Giacun Caduff: «Die wichtigen Studiobosse und -Produzenten müssen immer wieder dein Gesicht sehen. Meistens ergibt sich eine Zusammenarbeit erst nach dem vierten oder fünften Treffen.»
Als Produzent des Kurzfilms «La femme et le TGV» war Caduff dieses Jahr für einen Oscar nominiert. Ab nächstem Jahr kann er nun selber mitbestimmen, wer die begehrte Goldstatue mit nach Hause nehmen darf. Welcher Film hat denn laut den neuen Academy-Mitgliedern nächstes Jahr unbedingt den Oscar verdient? «Natürlich 'Die göttliche Ordnung'»!» meint Corinna Glaus und lacht. Schliesslich habe sie den Schweizer Erfolgsfilm gecastet. Ihre männlichen Kollegen pflichten ihr bei, der Film von Regisseurin Petra Volpe (47) habe jeden Filmpreis verdient. Doch darf man als Oscar-Juror eigentlich für sich selber stimmen? «Klar, das machen alle», sagt von Gunten. Überhaupt sei es an der Zeit, den hiesigen Minderwertigkeitskomplex in Sachen Film abzulegen und selbstbewusster aufzutreten: «Die Schweiz macht tolle Filme. Das wird nun immer mehr erkannt und dementsprechend gewürdigt. Weiter so!»
Von Gunten und Giaduff kidnappen kurzerhand die übergrosse Oscarstatue
Kurz bevor die Feier im Spencer House zu Ende geht, trifft sich das Schweizer Film-Grüppchen noch einmal zum Fototermin. Natürlich muss die berühmte Goldstatue auch mit aufs Bild: Timo von Gunten und Giacun Giaduff kidnappen kurzerhand die übergrosse Oscarstatue: ein herrlich witziger Schnappschuss entsteht! Der gefällt sogar auch der ehrenwehrten Academy. Sie veröffentlicht das Bild der Schweizer auf ihrem offiziellen Instagram-Account - das Bild wurde allein in den ersten Stunden schon über dreissigtausend Mal angeklickt.
Die Oscar-Akademie ist mehr als 6000 Mitglieder stark: Produzenten, Kameraleute, Schauspielerinnen und Schauspieler gehören dazu, Kostümdesigner, Drehbuchautoren und Casting-Agenten. Sie sind auf Lebenszeit gewählt und bestimmen über die Vergabe der Oscars. Jede Berufsgattung schlägt ihre eigene Liste vor, jeder Kandidat muss von zwei Akademie-Mitgliedern empfohlen werden; Oscar-Nominierte und -Gewinner brauchen keine Empfehlung. Die vollständige Liste wird von der Academy nicht publiziert. Die Schweiz verzeichnet gleich sieben Neuzugänge: Claude Barras, Michel Merkt, Max Karli, Stefan Eichenberger, Timo von Gunten, Giacun Caduff und Corinna Glaus. Sie dürfen ab 2018 am Wahlprozedere teilnehmen. Weitere bekannte Schweizer Academy-Mitglieder sind: Arthur Cohn, Pietro Scalia, Xavier Koller, Eugenio Zanetti, Markus Imhoof, Ueli Steiger, Marc Forster, Simon Otto, Reto Caffi, Ursula Meier, Talkhon Hamzavi, Peter Staubli und Lukas Ettlin. Neue Interessenten können sich bis 31. März 2018 bewerben.
Die Oscar-Akademie ist mehr als 6000 Mitglieder stark: Produzenten, Kameraleute, Schauspielerinnen und Schauspieler gehören dazu, Kostümdesigner, Drehbuchautoren und Casting-Agenten. Sie sind auf Lebenszeit gewählt und bestimmen über die Vergabe der Oscars. Jede Berufsgattung schlägt ihre eigene Liste vor, jeder Kandidat muss von zwei Akademie-Mitgliedern empfohlen werden; Oscar-Nominierte und -Gewinner brauchen keine Empfehlung. Die vollständige Liste wird von der Academy nicht publiziert. Die Schweiz verzeichnet gleich sieben Neuzugänge: Claude Barras, Michel Merkt, Max Karli, Stefan Eichenberger, Timo von Gunten, Giacun Caduff und Corinna Glaus. Sie dürfen ab 2018 am Wahlprozedere teilnehmen. Weitere bekannte Schweizer Academy-Mitglieder sind: Arthur Cohn, Pietro Scalia, Xavier Koller, Eugenio Zanetti, Markus Imhoof, Ueli Steiger, Marc Forster, Simon Otto, Reto Caffi, Ursula Meier, Talkhon Hamzavi, Peter Staubli und Lukas Ettlin. Neue Interessenten können sich bis 31. März 2018 bewerben.