Schwule Fussballer und illegale Wetten
SRF-«Bestatter» tappt in die Klischee-Falle

In der fünften Episode der SRF-Krimiserie «Der Bestatter» von gestern Dienstag wurde kein Klischee ausgelassen. Das Spielresultat war manipuliert und der Schiedsrichter bestochen, der schwule Goalie wurde erpresst – und hinter allem steckte eine verführerische Frau, die einen Security-Mann als Werkzeug missbrauchte.
Publiziert: 30.01.2018 um 23:30 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 22:45 Uhr
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Ist Schiedsrichter Max Renner (gespielt von Daniel Rohr) in der Dusche ausgerutscht, wurde er gestossen oder gar niedergeschlagen? Tot ist er jedenfalls. Das sehen auch Dr. Alois Semmelweis (Martin Ostermeier), Anna-Maria Giovanoli (Barbara Terpoorten), Reto Doerig (Samuel Streiff), Luc Conrad (Mike Müller) und Fabio Testi (Reto Stalder) (von links).
Foto: SRF/Sava Hlavacek
Jean-Claude Galli

Natürlich wissen Zuschauer wie Kritiker gut: «Der Bestatter» ist eine Krimi-Groteske mit grosszügiger Interpretation des real Möglichen. Dennoch wurde gestern Dienstag in Episode 5 der Bogen massiv überspannt, und das SRF landete in der Klischee-Falle. Eine Geschichte um Mord und Totschlag im Milieu von Wettbetrügern anzusiedeln, ist nachvollziehbar. Doch das Thema «Homosexualität im Profifussball» ist eindeutig zu diffizil, um es als blosse Garnitur der Hauptgeschichte zu missbrauchen. Dass Betroffene leiden und sich noch nie ein aktiver Spieler zum Outing durchringen konnte, lässt sich schlecht in Furzkissen-Manier erzählen.

In diesem Kontext deplatziert

Schön der Reihe nach: Stadion Brügglifeld, kurz vor Schluss. Der FC Aarau führt 2:1 und würde mit diesem Resultat in die Super League aufsteigen. Doch Schiedsrichter Max Renner (Daniel Rohr) pfeift einen umstrittenen Elfmeter – der Ausgleich fällt. Renners Sohn Tom (Scherwin Amini) steht zeitgleich beim Katakombeneingang. Er interessiert sich für FCA-Goalie Nick Fleischmann (Kay Kysela), jedoch eher abseits des Rasens.

Das wäre für sich genommen eine mutige, begrüssenswerte Themenwahl, ist allerdings in diesem Kontext und Format deplatziert. Zumal die Homosexualität in der Story das Wettgeschäft beeinflusst. Eine blonde, sehr bauchfreie und leicht unterbelichtete Sirene namens Mimma Casteliano (Sira Topic) zieht die Fäden. Als Handlanger hat sie sich ausgerechnet FCA-Securitymann Mario Harder geschnappt (Giuseppe Rizzo). Der Goalie will sich aus Liebesfrust tätowieren lassen, wo er prompt vom Erpresser-Duo traktiert wird. «I ha so gnue vo dere verchlemmte Fussballwält», klagt der Schiri-Sohn.

Zu viele Ungenauigkeiten

Sein Darsteller Scherwin Amini (25) spielt auch im Spielfilm «Mario» mit, der ebenfalls Homosexualität im Profifussball thematisiert. Reiner Zufall, wie SRF mitteilt, Amini habe beim Casting überzeugt. Der Film von Marcel Gisler (57)  – SRF und SRG waren Co-Produzenten – zeigt, wie dieser sensible Stoff würdig und stimmig behandelt werden könnte (läuft ab 22. Februar). Fussballfans ärgerten sich beim «Bestatter» zusätzlich über Ungenauigkeiten. Beispiele: Nach einem solchen Penaltypfiff gegen das Heimteam wären Bierbecher geflogen und der Schiri hätte sich unter Polizeischutz in die Garderobe retten müssen. Weiter: Im Training laufen die Spieler nicht wirklich in Matchtrikots auf. Und: Der FCA trifft im entscheidenden Spiel gemäss Geschichte auf den FC Wohlen. Gegner ist aber gut sichtbar der FC Vaduz. Die Dreharbeiten fanden in zwei Teilen statt, das echte Spiel im August 2017 ging 0:2 verloren.

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