Schweizer Schauspieler Joel Basman
«Rösti und Falafel – geil!»

Der erfolgreiche Schweizer Schauspieler Joel Basman über gefährliche junge Männer, gerechtfertigte Morde und seinen neuen Film «Dawn».
Publiziert: 21.06.2015 um 20:56 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:04 Uhr
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Wurde letzten Dienstag erstmals Onkel: Joel Basman beim Interviewtermin.
Foto: Nik Hunger
Von Silvia Tschui

Nächste Woche kommt mit «Dawn» ein neuer Film mit dem erfolgreichsten Jungschauspieler der Schweiz in die Kinos. Joel Basman (25) spielt darin einen jüdischen Widerstandskämpfer, der 1947 in Palästina gegen die britische Verwaltung und für einen unabhängigen Staat Israel kämpft.

Basman kommt spät zum Interview, viel zu spät und erst nach einem zusätzlichen Telefonanruf. Er behält während des ganzen Gesprächs die Sonnenbrille auf. Basman gibt aber nicht den arroganten Jungstar – er hat schlicht verschlafen, den Termin vergessen und ist leicht verkatert. Und auch das liegt nicht klischeehaft am Künstlerleben, sondern hat seinen guten Grund.

Herr Basman, warum haben Sie uns vergessen?
Joel Basman: Ach, sorry, sorry, sorry! Ich bin eben zum ersten Mal Onkel geworden. Ich freue mich so! Wir haben mit der ganzen Familie und Freunden gefeiert, nachher gehe ich gleich zu meiner Schwester ins Spital.

Ihre Familie ist jüdisch. Gibt es Unterschiede zu anderen Schweizer Familien?
Nur mein Vater ist jüdisch, aus Tel Aviv, meine Mutter ist katholisch. Uns haben sie mit Religion in Ruhe gelassen. Es gibt aber schon Unterschiede: Der Familienzusammenhalt ist in Tel Aviv grösser. Und lauter, direkter und stressiger ist es dort. Das Gefluche beim Autofahren muss man gehört haben. Da wird die ganze Familie verunglimpft. Hier sind die Leute zurückhaltender und autoritätsgläubiger. Ich liebe aber beide Kulturen. Rösti und Falafel – geil!

Spielen Sie deshalb im Schweizer Film «Dawn» einen zionistischen Widerstandskämpfer?
Ich wurde für den Film auch angefragt, weil ich hebräisch kann. Das Drehbuch habe ich ausgewählt, weil die Geschichte grossartig und stark ist. Spannend und schön geschrieben.

Könnten Sie es sich finanziell leisten, Rollen abzulehnen?
Ja, sowieso. Das habe ich schon immer getan. Ich mache das Ganze, weil ich Film liebe. Klappt es finanziell nicht, ja, dann gang halt go schaffe! Ich würde jedenfalls lieber sonst was arbeiten, als Filme zu drehen, die ich selber gar nicht anschauen würde. Den Widerstandskämpfer, der schliesslich korrumpiert und zum Mörder wird, den wollte ich aber unbedingt spielen. Der hat eine zeitlose Relevanz.

Und auch einen Bezug zu den IS-Terroristen?
Nein, für mich gilt das seit jeher und für immer: Die gefährlichsten Wesen auf diesem Planeten sind unsichere Männer zwischen 15 und 25 Jahren.

Das müssen Sie erklären.
Junge Männer sind manipulierbar, wollen dazugehören. Da muss nur ein älterer, scheinbar gestandener Mann mit einer einfachen Wahrheit und einer Kalaschnikow daherkommen. Und dann klopft er denen wohlwollend auf die Schulter, sagt, sie seien krasse Siechen – und schon fühlen sie sich wichtig und Teil einer grösseren Sache. Ob das nun die Nazis waren oder der Islamische Staat oder auch das Berufsmilitär – der Mechanismus ist immer gleich. Niemand ist davor gefeit. Man muss stark sein, um so etwas abzuwehren.

Ihre Figur bringt einen britischen Offizier um.
Ja, stellen Sie sich vor, Sie kämen aus einem KZ, hätten keine Familie, keinen Rückhalt mehr. Da kann man sich der Gehirnwäsche nicht entziehen, dass nur durch den Mord ein unabhängiges Israel aufgebaut werden kann.

Ist ein Mord im Dienst einer grossen Sache gerechtfertigt?
Also wenn ich in der Zeit zurückreisen und Hitler oder Idi Amin oder so einen Massenmörder umbringen könnte, würde ich das tun – keine Frage.

Haben Sie einen persönlichen Bezug zur Rolle?
Mein Grossvater ist als 18-Jähriger von Lettland, wo es auch nicht toll war, nach Palästina gegangen, um den Staat Israel aufzubauen. Er war aber nie im KZ. Wir haben Grosstanten verloren, die ich aber nicht kannte.

Gehen Ihnen Szenen, in den Sie jemanden umbringen, nahe?
Die Szenen mit dem Opfer waren schwierig – aber eher, weil der Schauspieler Jason Isaacs (Lucius Malfoy in den «Harry Potter»-Filmen, Anm. d. Red.) derart gut ist. Der macht den Mund auf, und – wow! Dem wird man einfach nicht gerecht.

Emotional macht Ihnen das nichts aus?
Im Moment natürlich schon. Aber wenn ein Team das Gleiche will und zusammenarbeitet, dann machen auch die schlimmen Szenen Spass. Ich lasse die Emotionen aber nach der Szene hinter mir. Bloss, wenn ich wochenlang in einer gespielten Misere sitzen muss, holt mich das Ganze ein.

Und was tun Sie dann?
Ich ziehe mich nach dem Dreh zurück. Oder ich mache das Gegenteil und verabrede mich mit so vielen Freunden wie möglich für einen grossen Abend. Dann gehts wieder.

Spielfilm «Dawn»: Auge um Auge, Zahn um Zahn

Elisha (Joel Basman) hat die Gräuel eines KZ überlebt. Heimat- und familienlos schliesst er sich in Palästina dem Widerstandskampf gegen das britische Mandat an. Als die Briten einen Zionisten zum Tode verurteilen, nimmt Elishas Ersatzfamilie ihrerseits eine Geisel. Im Falle der Hinrichtung des jüdischen Kämpfers soll Elisha den britischen Offizier töten. Eindringliches Kammerspiel mit einem brillanten Joel Basman. Ab 25. Juni in den Schweizer Kinos.

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