Er gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellern des Landes, seine Bücher entstehen aber alle in der Fremde: Hansjörg Schertenleib (62) lebt seit Mitte der 90er-Jahre im Ausland. Erst verbrachte er zwei Jahrzehnte in Irland, seit 2016 wohnt und schreibt er in den USA.
Mit Gattin Brigitte (54) besitzt Schertenleib im Bundesstaat Maine ein kleines Cottage. «Die Sicht auf den Atlantik hebt dich aus der Zeit und löst Bilder aus», schwärmt er. Dennoch hat das Paar das Haus jetzt verkauft.
Unheimliches Amerika
«Amerika ist mir unheimlich geworden», sagt Schertenleib. Unter Präsident Donald Trump (74) habe sich das Land in eine düstere Richtung entwickelt. «Das Klima ist aufgeheizt, die Menschen sind verunsichert.» Sie hätten sich in verfeindete Lager verbarrikadiert. «Aufgeheizt von einem Präsidenten, der genau diese Teilung vorantreibt», stellt Schertenleib fest. «Der Turbokapitalismus zeigt selbst in Maine sein kaltes Gesicht.»
Vom Aargau nach Frankreich
Den Lockdown hat der Autor von Bestsellern wie «Das Zimmer der Signora» (1996) und «Das Regenorchester» (2008) in der alten Heimat verbracht – im aargauischen Suhr. Ganz in die Schweiz zurückkehren will Schertenleib aber nicht. «Die bedrückende Enge des Mittellandes würgt mir die Schreibluft ab», sagt er. Daher haben seine Frau und er sich in Frankreich nach einem neuen Heim umgesehen. «Künftig werde ich im Burgund in einem Bauernhaus aus dem Jahr 1857 schreiben, am Rand des riesigen Morvan-Waldes.»
Er werde nicht jünger, ergänzt Schertenleib. «Ich wandere zum dritten Mal aus. Dabei soll es bleiben.» In Frankreich werde vieles anders, gerade auch mit der Sprache. «Mein Französisch ist grottenschlecht.» Doch diese Herausforderung halte ihn wach. «Im Übrigen will ich auch nie mehr in ein Flugzeug steigen.»
Ob er in seinem neuen Schreib-Zuhause ebenso fleissig sein wird wie in Irland oder in den USA, kann der gelernte Bleisetzer und Typograf nicht sagen. Mit über 40 Romanen, Erzähl- und Gedichtbänden, Theaterstücken und Hörspielen zählt Schertenleib zu den produktivsten Schriftstellern der Schweiz. «Ich gehe davon aus, dass ich auch im Burgund Geschichten finde, die ich erzählen will.»