Herr Hartmann, warum haben Sie gerade über das Leben einer Prinzessin geschrieben?
Lukas Hartmann: Das Schicksal dieser Frau hat mich sehr berührt. Salme war eine arabische Prinzessin von Sansibar, die sich in einen deutschen Kaufmann verliebte und von ihm schwanger wurde. Darum ist sie mit ihm 1866 nach Hamburg geflüchtet. Sie konvertierte zum Christentum und bekam in Deutschland drei Kinder. Ihr Mann starb sehr früh und sie musste die Kinder in grosser Armut allein grossziehen. Es ist das Schicksal einer Mutter, die alle Anstrengungen unternahm, sich als ehemalige Muslimin in Deutschland zu integrieren.
Gehören solche Schicksale nicht eher in den Amtsbereich Ihrer Frau, Simonetta Sommaruga?
Doch. Darum haben sie und ich auch oft über das Buch gesprochen. Ich nehme aber nicht politisch Stellung, das würde natürlich das Amt meiner Frau betreffen. Ich nehme Stellung, indem ich im Roman zeige, wie schwierig es ist, zwischen zwei Welten zu leben. Ich habe Salmes erschütternde Briefe gelesen. Über ihr Heimweh, ohne jede Möglichkeit, das Alte abzustreifen und sich nur noch auf die neue Welt zu konzentrieren. Das durchleben auch viele Asylsuchende.
Warum berührt Sie gerade dieses Schicksal so sehr?
Das hat wohl auch mit meiner eigenen Geschichte zu tun. Meine Mutter ist auf dem Bauernhof aufgewachsen und musste mit meinem Vater in eine enge Stadtwohnung ziehen. Dort war ihr alles fremd. Sie hat unglaublich gelitten.
Wann schreiben Sie ein Buch über den Abschied vom Bundeshaus?
Da bin ich vorsichtig. Seit meine Frau Bundesrätin ist, schreibe ich ja auch keine Leserbriefe mehr. Die Medien können doch jederzeit etwas aus dem Zusammenhang reissen.
Warum schreiben Sie immer wieder historische Romane?
Ich war schon als Kind an Geschichte interessiert, das motivierte mich später zum Geschichtsstudium. Ich wollte in der Weltgeschichte erkennen, wie Menschen lieben, wie sie leiden, glücklich sind oder verbittert werden. Ich wollte wissen, wie sich die «grosse» Geschichte auf einzelne Schicksale auswirken kann.
Die grösste Angst eines Autors?
Bei jährlich 90 000 Neuerscheinungen auf Deutsch ist es denkbar, dass ein Buch untergeht. Eine weitere Angst ist, dass es nur wenigen gefällt. Ich will Bücher schreiben, die gerne gelesen werden. Die dritte Angst ist, dass es das letzte Buch war, bei dem ich die Kraft gefunden habe, so intensiv zu arbeiten.
Ihre Frau ist 16 Jahre jünger als Sie. Sie muss Ihnen doch Kraft geben ...
Ja, das ist so.
Ist Schreiben für Sie Therapie oder Berufung?
Es ist beides – und mein Lebensinhalt. Ich kann mir nichts anderes vorstellen, als einen grossen Teil des Tages über neue Romanstoffe nachzudenken oder mit Schreiben zu verbringen.
Sie haben nie Büroschluss?
Doch. Man muss sich abgrenzen. Ich schreibe oft von Hand und mache auf Reisen Notizen. Ich bin aber auch am Computer und sobald ich ihn abschalte, bin ich wieder in der Gegenwart.
Kennen Sie Schreibblockaden?
Ab und zu. Dann sitze ich stundenlang am Computer und komme nicht weiter, weiss dabei aber, dass alles seine Zeit braucht. Kreativität lässt sich nicht herbeibefehlen.
Wie schaffen Sie es, sich zu entspannen?
Beim Lesen! Und im Sommer arbeite ich gern im Garten. Dazu kommt mein Fitnesstraining. Ausserdem bin ich ein leidenschaftlicher Koch. Ich bekoche gerne meine Frau und unsere Freunde. Aber auch wenn ich allein bin, mache ich mir etwas zum Essen. Einen Dreigänger kann ich auch ganz für mich geniessen.