Sie liebt Latte macchiato, Schokolade, ihre Labradorhündin Betsy und geniesst ab und zu einen Aperol Spritz mit Freunden in Südtirol. Schlagersängerin Vanessa Grand (37) ist eine ganz normale Frau aus dem Wallis. Bis auf die Tatsache, dass sie mit einer Behinderung zur Welt gekommen ist – der Glasknochenkrankheit.
Die Bezeichnung «Krankheit» mag sie allerdings gar nicht. «Mit diesem Wort verbindet man oft etwas Ansteckendes. Das einzig wirklich Ansteckende an mir sind meine Lebensfreude und mein Lachen», sagt sie.
Vanessa Grand hadert nicht mit ihrem Schicksal. Sie grübelt auch nicht jeden Tag darüber nach. Doch die Volksabstimmung über die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes vom 5. Juni, welche die Präimplantationsdiagnostik (PID) erlauben würde, macht sie aber nachdenklich.
«Ich bin nicht gegen die Zeugung im Labor. Wenn sich Paare Kinder wünschen und das nicht ohne medizinische Hilfe machbar ist, kann ich verstehen, dass diese in Anspruch genommen wird. Dies ist ja bereits möglich in der Schweiz.»
Neu wäre bei einem Ja zur PID, dass Embryonen genetisch untersucht werden dürfen, bevor sie eingesetzt werden. Allerdings nur, wenn das Paar unfruchtbar ist oder Träger einer Erbkrankheit ist.
Als Vanessa Grand 1978 geboren wurde, wussten ihre Eltern nicht, dass ihre Tochter behindert ist. Sie wussten nichts von der Glasknochenkrankheit und auch nicht, dass diese Erbkrankheit in der Verwandtschaft vorkam. Erst als Vanessa als Baby im Alter von sieben Monaten ihren ersten Knochenbruch erlitt und weitere folgten, zeigten Untersuchungen, dass sie mit einer Behinderung durchs Leben gehen wird.
Angst vor dem Weg zum «Designerkind»
«Für meine Eltern wäre es nie in Frage gekommen mich abzutreiben, auch wenn sie es vorher gewusst hätten», sagt Grand. «Meine Schwester ist gesund, ich bin behindert. Meine Eltern sind stolz auf uns beide.»
Der einzige Unterschied zwischen ihnen bestehe darin, dass sie noch zu Hause lebt und mehr Zeit in Anspruch nehme wegen der Pflege, die sie benötigt. «Meine Eltern, meine Schwester und ich sind glücklich in unseren Leben.» Vanessa Grand ist darum gegen die Gesetzesänderung. «Sie ist mir zu ungenau formuliert. Wo sind die Grenzen? Was wird als schwere Erbkrankheit bezeichnet?»
Ihre Befürchtung ist, dass der Weg zum «Designerkind» gebahnt würde. Auch wenn bei einem Ja weder blaue Augen noch blonde Haare noch der IQ bestellt werden könnten. «Auch ein gesunder Embryo ist kein Garant für ein gesundes Kind. Es kann eine Spontanmutation durch eine unvorhersehbare Krankheit während der Schwangerschaft auftreten. Was würde dann passieren?»
Die Schlagersängerin ist überzeugt, «dass alles im Leben einen Grund hat». Auch ihre Behinderung. «Ich finde es schön, dass jeder Mensch einzigartig ist. Jemanden wie mich würde man in keinem Reagenzglas zustande bringen: Ich bin wie ich bin – mein Leben ist für mich lebenswert.»