Tatort Allegro-Bar in Bern vor acht Jahren. Ein Bild des prallen Lebens. Nach ihrem Überraschungsauftritt an einer Geburtstagsfeier, wo sie ihren Welthit «Oh mein Papa» zum Besten gab, sass Lys Assia (†94) inmitten prominenter Bernerinnen und Berner und liess sich einen Manhattan mixen. Den Drink, der dank Hazy Osterwalds «Kriminaltango» auch hierzulande bekannt geworden ist.
Assia liess dem einen Manhatten einen zweiten, einen dritten und noch etliche weitere folgen. Die um sie herum sitzende Runde mit bejahrten Damen und Herren becherte fröhlich mit dem Idol aus ihrer Jugendzeit.
Als schliesslich ein berühmter Alt-Politiker auf die Bühne der Bar wankte und die Sängerin aufforderte, ein Lied zu singen, liess sich die Grande Dame des Chansons nicht zweimal bitten.
Dieser Spontan-Auftritt des ersten wirklichen Schweizer Weltstars war eine Demonstration ihrer schier unerschöpflichen Energie. Assia stand aufrecht, ihre Fans hingen erschöpft in den Sesseln.
Immer Haltung bewahrt
Assia war immer dabei, wo es lustig zu- und herging. Doch bewahrte sie stets Contenance. «Im Wort Unterhaltung ist vor allem die Haltung dominierend», pflegte sie zu sagen. Privat war sie zweimal verheiratet, blieb aber selber kinderlos. Durch ihre beiden Ehemänner wurde sie trotzdem Mutter von vier Kindern und Grossmutter von drei Enkelkindern.
Ihr zweiter Mann, mit dem sie von 1963–95 verheiratet war, war der dänische Multimillionär Oscar Pedersen. Mit ihm siedelte Assia in dessen Heimat um und betrieb Hotels in Europa, Japan und Südamerika. Sie lebte gut an der Seite ihres schwerreichen Ehemanns, doch sie musste auf dessen Wunsch ihre Showkarriere an den Nagel hängen. Nach Pedersens Unfalltod im Jahr 1995 stieg sie erneut ins Geschäft ein.
Hunde waren ihre treuen Begleiter
Zuletzt wurde es stiller um Lys Assia. Die treusten Begleiter blieben ihr Leben lang die Vierbeiner. Mit ihrem ersten Ehemann Henry Kunz (1901 – 1957), der nach nur neun Monaten Ehe an einem Herzleiden starb, lebte sie im Tessin einst mit sieben Hunden. Später berührte Assia das Schicksal der spanischen Windhunde. «Diese Galgos sind geschunden und traumatisiert. Oft enden sie zappelnd an einem Baum, bis sie elend sterben», empörte sie sich im BLICK.
Dieses Elend wollte die erste Eurovisions-Siegerin nicht hinnehmen und überwies der Auffangstation des Vereins New Graceland in Waltenschwil AG noch 2016 eine grosszügige Spende. Für Assia eine Herzensangelegenheit. «Wir sollten Hunden mehr Respekt entgegenbringen», sagt die Sängerin. «Die Vierbeiner sind sehr treu und ehrlich.» Ein Seitenhieb auf ihre enttäuschte Menschenliebe?
Für die Stiefkinder gibts nur Möbel
Es ist gut möglich, dass ihre Zuneigung zu Hunden nun bis über den Tod hinaus wirkt. So sagte sie vor acht Jahren zu BLICK, dass sie bereits ein Testament zugunsten der Vierbeiner gemacht habe. Die Stiefkinder seien informiert. «Sie kriegen nur meine Möbel», so Assia.
Das Verhältnis zu den Kindern war nicht immer einfach, es habe auf beiden Seiten sehr unterschiedliche Ansichten gegeben, wie Eingeweihte gegenüber BLICK sagen. Und auch von Streitereien um Geld war mehrfach die Rede.
Über Assias tatsächliches Vermögen inklusive Liegenschaften gehen die Schätzungen bisher weit auseinander. Je nach Quelle ist die Rede von bis zu einer zweistelligen Millionenzahl.