Rock-Legende Chris von Rohr zeigt sein Solothurn
«Da unten flanierten Casanova & Goethe»

Chris von Rohr zeigt die schönsten Plätze in Solothurn an denen er selber Kraft tankt.
Publiziert: 02.08.2014 um 15:41 Uhr
|
Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:34 Uhr
1/4
Kraft tanken: In der Einsiedelei Sankt Verena findet Chris von Rohr Ruhe.
1/4
Kraft tanken: In der Einsiedelei Sankt Verena findet Chris von Rohr Ruhe.
Von Dominik Hug (Text) und Peter Gerber (Fotos)

Er nimmt die 348 Stufen in knapp fünf Minuten. «Ist das nicht eine herrliche Aussicht?», fragt Chris von Rohr (62) und fährt mit der linken Hand dem Horizont nach. Der legendäre Krokus-Rocker steht auf dem 66 Meter hohen Turm der St. Ursenkathedrale. Unter ihm die Dächer Solothurns, der «schönsten Barockstadt der Schweiz». Weiter schwärmt er: «Hier unten flanierten einst Goethe, Hesse und Casanova.»

«Tiefe Wurzeln sind wichtig»

Chris von Rohr hat viel gesehen von der Welt. Er tourte mit der Band Krokus durch Asien, die USA, Südamerika und ganz Eu­ropa. Immer wieder kehrte er gerne in die Stadt am Jura-Südfuss zurück. Dieses Heimatgefühl sei heute noch stärker, sagt er. «Tiefe Wurzeln zu haben, ist wichtig, um aufblühen zu können.»

In Solothurn könne er völlig ungestört Lieder, Kolumnen und Bücher schreiben. «Wäre ich in einer Grossstadt zu Hause, würde ich wohl zu nicht viel kommen. Ich bin ein Mensch, der sich gerne den Versuchungen hingibt.»

Zu viel Idylle ist eintönig

Die Häuser, Gassen und Ecken von Solothurn seien voller Geschichten, sagt der Mu­siker, als er eine halbe Stunde später im Restaurant Baseltor vor einem Glas Eistee sitzt. «Diese Mauern erzählen von Hoffnungen und Enttäuschungen, von brennender und erloschener Liebe.» Die nahen Wälder, die Aare, die Jurakette: «Das waren perfekte Spielplätze», erinnert er sich. «Ich hatte eine beschau­liche, sehr idyllische Kindheit.»

Zu viel Idylle ist aber auch eintönig. Mitte der 60er-Jahre entdeckt Chris von Rohr den Rock ’n’ Roll und beginnt mit anderen Musikern im Städtchen Krach zu machen. «Das passte nicht vielen.» Und auch später, als er mit Krokus international Erfolge feierte, musste er Missgunst erfahren. «Wer bekannt ist, macht sich verdächtig», mutmasst er und zitiert den anderen berühmten Bürger der Stadt, Schriftsteller Peter Bichsel (79): «Solothurn ist niedlich und schön und ärgerlich.»

«Dann gibts ein auf die Kappe»

Hier müsse alles harmonisch und angepasst sein, präzisiert von Rohr. «Wehe, wenn einer aus der Reihe tanzt! Dann gibts eins auf die Kappe.» Dieser «zwanghafte Konsenswahn» nervt ihn. «Viele Leute, vor allem Politiker, haben Angst, etwas Falsches zu tun. Also entscheiden sie lieber nichts. Deshalb bewegt sich in diesem Kanton leider nur sehr wenig.»

Der Rocker gehört zum Stadtbild

Trotzig erhebt sich der Rocker vom Stuhl im Restaurant Baseltor und spaziert mit einem violetten Sonnenschirm durch die Altstadt. Mit dem grellen Schirm wird er von Passanten und Touristen noch schneller erkannt. Von Rohr posiert für Handyfotos und verteilt Autogramme. Er, der bunte Hund, der so viele Jahrzehnte gegen das Bünzlitum seiner Heimat rebelliert hat, gehört heute zum Stadtbild. «Trotz der Botschaft ‹S’isch immer e so gsi, s’isch immer e so gsi› vom Solothurnerlied ist dieses Städtchen mehr als bereit für ein bisschen Veränderung», glaubt von Rohr. «Dieser Flecken und seine Menschen hier hättens verdient.»

Anderseits: «Je komfortabler und behüteter das Leben, umso träger wird der Mensch. Und das Leben ist in Solothurn halt schon extrem behütet», sagt Chris von Rohr und lächelt versöhnlich. Er werde jedenfalls noch eine Zeit lang bleiben. Und weiterhin Krach machen.

Sprachen, Kulturen, Landschaften: Die Vielfalt der Schweiz ist einzigartig. Diesen Sommer zeigen uns 26 Promis aus Show, Politik, Sport und Wirtschaft die schönsten Ecken ihres Kantons.

Fehler gefunden? Jetzt melden