Reitausflug mit Olympiasiegerin Christine Stückelberger
«Alle Tiere sind meine Babys»

Zu Hause bei Dressur-Reitlegende Christine Stückelberger, ihrem Mann, sieben Hunden und 17 Pferden.
Publiziert: 22.07.2012 um 19:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:00 Uhr
Von André Häfliger

Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Ich weiss das, seit ich vor Jahren einmal auf den Millionen-Springpferden Dollar Girl von Thomas Fuchs (55) und Calvaro von Willi Melliger (58) sitzen durfte. Sitzen wohlgemerkt, nicht galoppieren!

Heute werde ich es noch einmal versuchen – die Sonne scheint grad so schön. Aber wie es aussieht, muss ich mir mein Glück erst verdienen.

Sechs Vierbeiner stürmen mit lautem Gebell auf mich zu, als ich das grosse Holztor öffne. Hunde-Alarm auf dem Hof Hasenberg in Kirchberg SG! Dabei ist es doch sonst so ruhig am Wohnsitz von Christine Stückelberger (65). Gerade als ich denke, wie toll es ist, dass eine Olympiasiegerin so gut geschützt wird, springt mich ein schwarzer Mischling an. Ich gehe zu Boden.

Doch da eilt schon die erfolgreichste Dressurreiterin der Schweiz herbei, eine der besten der Welt, schreit nach Leibeskräften: «Teeeeeddy, komm sofort von dem Mann da runter!»

Der Mann da wird lachend getröstet. «Weisst du, Teddy ist ein ganz Lieber», erklärt mir sein Frauchen. Ich staune. Nicht wegen Teddy, sondern weil Christine Stückelberger bereits früh am Morgen in Reitmontur vor mir steht. «Er lag schon in einem Mülleimer, als wir ihn zu uns nahmen.» Gerührt streichle ich Teddy, er wedelt mit dem Schwanz, sechs kleinere Hunde hüpfen aufgeregt um uns he­rum. Die Reitersfrau nimmt ­einen der Jack Russells hoch: «Rusty ist mein jüngstes Kind. Er kam vor zwei Jahren per ­Kaiserschnitt zur Welt. Seine Grossmutter Jessy ist auch bei uns. Sie ist 14 Jahre alt.»

Die sieben Hunde sind längst nicht alle Vierbeiner hier. Und Zweibeiner hat es auch: Nina, Carolina und neu auch Pauline helfen und kümmern sich um die 17 Pferde auf dem Hof. Wirbelwind (10) und Dauphin (15) sind schon gesattelt. Dauphin gehört heute mir, weist mich die Chefin an. Und schwingt sich elegant auf ihren Hengst. Ich darf ein Holztreppchen benutzen, um auf meinen Wallach zu steigen – schon ein bisschen peinlich. Aber welch erhabenes Gefühl da oben!

«Du hast unser liebstes, ruhigstes Pferd bekommen», erklärt mir die Top-Reiterin, die 1976 in Montreal (Kanada) auf Granat Olympia-Gold holte. «Er ist sehr dankbar, bei uns sein zu dürfen. Früher hatte er kein gutes Leben, wurde schlecht behandelt und kam angeschlagen und verwirrt zu uns.»

Tief bewegt – schon wieder – streichle ich Dauphin, lockere die Zügel. Schon schreitet er voran, schon reite ich stolz neben Gold-Christine auf dem grossen Dressur-Viereck.

Folgsam und entspannt lässt mich Dauphin den Ritt genies­sen: Ziehe ich etwas an, hält er sofort. Lockere ich die Zügel, gehts wieder los. Ziehe ich rechts, geht das brave Tier nach rechts. Ziehe ich links ... Gut, ich will niemanden langweilen, aber das ist wirklich ein begeisterndes Erlebnis im wilden Osten der Schweiz!

Ich steige wieder ab, bedanke mich bei Dauphin mit herzhaftem Tätscheln und einem Kuss auf den Hals. Mein dunkles Reittier revanchiert sich mit lautem Wiehern.

«Er ist eines von drei Pferden, die wir aus schlechten Verhältnissen gerettet haben», erwähnt Christine Stückelberger. Dann stellt sie mir Beatrice Mazzotti (60) vor. Zusammen mit der Aargauer Tiertherapeutin setzt sich die Spitzenreiterin heute für das Wohl der Pferde ein: «Wir therapieren sie, helfen aber auch Menschen mit der Heilkraft der Tiere. Ich hatte einmal 40 Grad Fieber. Da setzte mich Beatrice unter das stehende Pferd Fantastico – und das Fieber war innert einer Viertelstunde weg.»

Einen richtigen Ausritt an der Seite von Christine traue ich mir nicht zu und begleite sie lieber zu Fuss, als sie auf Wirbelwind den kleinen See im benachbarten Naturschutzgebiet Tulpenried ansteuert. Plötzlich zeigt sie zum Himmel, winkt und ruft: «Halloooooo, lieber Jonathan!» 

Wie? Sie kennt den Vogel? «Ja klar, ein Milan. Ich kann seinen Namen rufen – und er fliegt herbei, bekommt Futter. Er ist genauso zahm wie ein Mäusebussard und ein Fuchs, die in der Nachbarschaft leben. Alle Tiere sind meine Babys!»

Wollte sie nie Kinder? «Sicher wollte ich das. Welche Frau will es nicht?», antwortet sie hoch zu Ross und doch demütig. «Aber es hat sich nicht ergeben. So wie es ist, ist es gut. Ich bin trotzdem ein sehr glücklicher Mensch.»

Zeit zum Frühstück bei den Pferden, Zeit, dass der Mann ins Spiel kommt, der dieses Glück geschmiedet hat: Georg Wahl setzt sich zu uns. Es ist der beste, erfahrenste Trainer, den die europä­ische Pferdewelt je hatte. Nach vier Rückenoperationen wird der Österreicher hier von seiner Partnerin liebevoll gepflegt. Mit 92 Jahren gibt er noch immer ­Unterricht! Christine lernte ihn mit 18 Jahren kennen, als sie sich an der Spanischen Hofreitschule in Wien ausbilden liess. Das war 1967: der Beginn einer Liebe, die hoffentlich nie zu Ende gehen wird.

Christine ist immer noch gerne in Wien. Gerade wurde sie zusammen mit Karl Schranz (73) als Olympia-Ikone gefeiert. An das berühmte Pferdefest CHIO in Aachen (D) ist sie gleich anschliessend gereist. Keine Lust auf Rast, auf Ruhestand? «Wer rastet, der rostet», sagt die Gastgeberin trocken.

Ein schneeweisses Pony trabt an unseren Frühstückstisch auf die Terrasse nahe den Ställen. Stückelberger streichelt es: «Das ist Rosi, neun Jahre alt. Zirkusdirektor Fredy Knie hat es mir als zweijähriges geschenkt.»

Nun heisst es aber Abschied nehmen: Ich verbeuge mich vor Christine Stückelberger, Georg Wahl und dem Pony. Da wiehert Dauphin wieder.

Offenbar hat er das Zeichen meiner Wertschätzung für alle hier auf dem Hof Hasenberg verstanden.

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