Popstar Bligg über seine Auszeit und seine Sohn Lio (2)
«Als Vater wird man wieder ein bisschen Kind»

Er gehört zu den erfolgreichsten Musikern des Landes: Bligg (40) erklärt, weshalb er dieses Jahr eine Auszeit nimmt. Und wie ihn sein kleiner Sohn verändert hat.
Publiziert: 17.06.2017 um 15:56 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 19:28 Uhr
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Hat Mundart-Rap populär gemacht: Bligg.
Foto: Philippe Rossier
Interview: Dominik Hug

Er macht sich rar: Bligg (40) gönnt sich 2017 eine Pause – und die tut ihm offenbar gut! Der Musiker ist beim Interview mit BLICK in bester Laune. Er lacht viel, schwärmt von seinem Sohn Lio (2) und erzählt, wie sehr ihn der Kleine verändert hat.

BLICK: Sie machen 2017 Pause. Warum?
BLIGG: Ich habe die letzten 20 Jahre nur geackert. Ich produzierte eine CD nach der anderen, schrieb gegen 600 Lieder, dazwischen gab ich unzählige Konzerte. Ich wollte mir jetzt mal ein Jahr gönnen, in dem ich mich einfach am Leben erfreuen und den Akku aufladen kann. Anderseits finde ich, dass die Fans nach den turbulenten letzten Jahren auch mal eine Pause von mir verdient haben (lacht).

Trotz Time-out geben Sie am Samstag, 8. Juli, ein einziges Konzert. Weshalb treten Sie ausgerechnet am St. Peter at Sunset im solothurnischen Kestenholz auf?
Wir wollten als Band dann doch nicht gleich ganz aus dem Leim gehen. Also dachten wir, es sei gut, eine Show zu spielen. Wir haben uns dann bewusst für dieses eher kleinere Open Air entschieden. Hier arbeiten nur Freiwillige – ohne Mega-Sponsoren im Rücken, dafür mit viel Leidenschaft. Das imponiert mir. Mir gefällt auch, dass das Publikum sehr gemischt ist. Wir traten 2015 schon mal in Kestenholz auf, das war eines unserer besten Konzerte überhaupt.

Hat Ihr zweijähriger Sohn Lio Ihren Entscheid für die Auszeit beeinflusst?
Natürlich. Ich will so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Gerade wenn ein Kind noch so klein ist, verpasst man sehr schnell etwas. Und das kommt nie mehr zurück. Ich will Lios Entwicklung voll miterleben und später nicht bereuen, etwas versäumt zu haben.

Wie hat Sie die Geburt Ihres Sohnes verändert?
Ich erkenne erst jetzt, wie verletzlich wir Menschen tatsächlich sind und wie gefährlich das Leben sein kann. Es lauern überall Gefahren: auf dem Spielplatz, der Strasse, die Tischkante in der Stube. Dadurch, dass man sich dieser Gefahren bewusster wird, beginnt man die Kostbarkeit des Lebens mehr zu schätzen. Und das ist ein sehr schöner, auch gesunder Zustand. Was ich ebenfalls toll finde: Als Vater entdeckt man ganz neue Dinge und wird dadurch selbst wieder ein bisschen Kind.

Wie meinen Sie das?
Ein Beispiel: Kürzlich besuchte ich mit Lio den Spielplatz auf dem Flughafen Kloten. Da wäre ich früher doch nie an einem Sonntagmorgen hingegangen. Dabei ist der wirklich super. Ich gehe heute generell wieder öfters unter die Leute.

Haben Sie sich früher versteckt?
Nun ja, es gab tatsächlich eine Zeit, da ging ich nicht mehr gerne nach draussen. Das war, als ich mit der CD «Bart aber herzlich» voll abräumte. In der Schweiz geht es ja noch einigermassen zivilisiert zu und her, aber wenn man trotzdem an jeder Ecke ein Selfie machen muss, kann das mitunter anstrengend sein. Da vermeidet man es lieber, am Samstag noch schnell in die Migros einkaufen zu gehen.

Und heute?
Kann ich nicht mehr nur auf meine eigenen Bedürfnisse hören. Wenn der Kleine am Mittwochnachmittag in die Badi will, muss ich mit, ob mir das passt oder nicht. Als Vater wird man also auch rücksichtsvoller. Plötzlich stehst du selbst nicht mehr im Mittelpunkt, sondern dein Kind.

Wechseln Sie auch Windeln?
Aber sicher, darin bin ich mittlerweile sogar Top-Profi, der sogenannte Schweizer Meister! (lacht)

Vor einem Jahr gab es Gerüchte, dass Sie und Ihre Lebenspartnerin Tiziana eine Liebes-Krise hätten. Sind Sie heute noch zusammen?
Wir haben es gut, mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Sie wurden letztes Jahr 40. Was hat das bei Ihnen ausgelöst?
Ich hatte zwar keine Midlife-Crisis, aber der 40. Geburtstag gab mir schon zu denken. Mein Vater ist 60, er ist also genau 20 Jahre älter als ich. Aus diesem Anlass lud ich meine Familie für eine Woche nach Dubai ein. Eines Abends sass ich allein am Strand, und dann überkam es mich: Gopf, ich bin jetzt 40, deine nächste Station ist 50. Ich bin schon ein wenig erschrocken. Anderseits ist das Alter auch eine Auszeichnung. Nicht alle werden 40. Ich habe in den letzten Jahren ein paar gleichaltrige Kollegen verloren. Solange mich die Natur nicht mit irgendwelchen Gebrechen in die Knie zwingt, sollte ich also nicht klagen.

Sie sind in einem Geschäft tätig, das vor allem von der Jugend zehrt. Wächst man da auch irgendwann heraus?
Bis jetzt nicht. Aber natürlich bin ich mir bewusst, dass meine Zeit auf der Bühne begrenzt ist. Meine Halbwertszeit ist sicher nicht so extrem wie jene von Spitzensportlern, die in der Regel bereits mit 35 als alte Knacker gelten. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass es auch interessant sein kann, einem textorientierten Künstler mit Lebenserfahrung zuzuhören. Ich sehe mich mit 60 aber sicher nicht mehr auf der Bühne am Rumhopsen, vielleicht schon mit 50 nicht mehr.

Und dann?
Wer weiss? Im Gegensatz zu anderen Musikern bin ich für diesen Moment ziemlich gut gewappnet. Ich texte ja nicht nur, genauso wenig wie ich nur singe oder nur Musik mache. Ich bin beim Schneiden der Videos dabei, entwickle Konzepte, besitze eine Firma, ein Label, veranstalte unsere Tourneen, machte in der TV-Show «Die grössten Schweizer Talente» mit. Ich probiere gerne neue Sachen aus und werde bestimmt irgendwo mein Plätzchen finden. Wer nicht mit der Zeit geht, geht irgendwann mit der Zeit, heisst es. So soll es mir nicht ergehen.

Nur schon nicht wegen Ihres Sohnes.
Genau. Das Verantwortungsgefühl ist als Vater viel grösser geworden. Und das ist in meinem Alter auch gut so. Mit 20 ernährte ich mich von M-Budget-Produkten, das war völlig okay. Heute sind meine Ansprüche höher. Das heisst nicht, dass ich den ganzen Tag Champagner trinken will. Gott bewahre! Ich komme aus einer Büezer-Familie in Zürich-Schwamendingen, Protz und Cüpli sagen mir nichts. Aber ich will heute auch nicht mehr in einer Einzimmer-Wohnung ohne Fenster hausen.

Was passiert 2018?
Dann gehts wieder rund. Es ist ja nicht so, dass ich dieses Jahr überhaupt nichts mache. Ich komponiere weiter, plane auch verschiedene Projekte. Aber die gehe ich schön geruhsam an. Es kommt alles gut.

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