Peach Weber veröffentlicht ein Hörbuch
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Zwerg Stolperli:Peach Weber veröffentlicht ein Hörbuch

Peach Weber wird im Interview politisch
«Keine
 Alarmglocke, wenn der nächste
 Hitler kommt»

Peach Weber (66) ist bekannt 
für launige Unterhaltung. Wir 
haben mit dem Aargauer Komiker über Politik geredet. Und er 
hatte einiges zu sagen.
Publiziert: 19.11.2018 um 21:33 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2018 um 23:20 Uhr
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Peach Weber sagt: «In der Bevölkerung gibt es einen kleinen Anteil Volltrottel, und der braucht eine demokratische Vertretung, also braucht es auch ein paar Volltrottel im Nationalrat.»
Foto: Siggi Bucher
Benno Tuchschmid
Benno TuchschmidCo-Ressortleiter Gesellschaft

Sie stehen seit 42 Jahren auf der Bühne. Hat sich die Schweiz von dort oben herab betrachtet verändert?
Nein, von der Bühne herab sehe ich immer noch einfach Leute im Publikum, die zwei Stunden lang ­lachen wollen. Aber ich lese ja ­leider auch Zeitungen und schaue Nachrichten. Und darum muss ich sagen: Ja, das Land hat sich verändert. Und es bringt mich manchmal zum Staunen.

Wieso?
Nationalräte, die lauthals irgend­etwas rausposaunen, gab es immer schon. Nur heute nehmen die
­Leute sie ernst. Aber Politiker sind eben ein Abbild unserer Gesellschaft.

Wie meinen Sie das?
In der Bevölkerung gibt es einen kleinen Anteil Volltrottel, und der braucht eine demokratische Vertretung, also braucht es auch ein paar Volltrottel im Nationalrat. Das ist Demokratie. Aber etwas bereitet mir schon ernsthaft Sorgen.

Was?
Mittlerweile liest man ja öfters, dass wir in Europa politisch in einer ähnlichen Stimmung stecken wie nach dem Ersten Weltkrieg. Ich habe Jahrgang 1952, bin sieben Jahre am Zweiten Weltkrieg vorbeigeschrammt. Ich fürchte mich ­davor, dass wir wieder zu spät ­merken, in welche Richtung wir uns politisch entwickeln. Die waren damals in Deutschland ja auch nicht dümmer als wir heute. Und viele haben erst gemerkt, wem sie verfallen sind, als es zu spät war. Es wird keine Alarmglocke klingeln, wenn der nächste Hitler kommt.

Wenn man Artikel über Sie liest, steht da oft: Peach Weber ist zwar ein Blödel-Komiker, aber abseits der Bühne ist er erstaunlich politisch.
Das schreiben nur jene, die vorher zu dumm waren, um zu merken, dass ich nicht ganz so bin, wie ich mich auf der Bühne gebe.

Aber Sie machen ja keine
politische Comedy!
Ich mache hundert Prozent Unterhaltung. Dazu stehe ich. Wenn Sie mir aber eine politische Frage stellen, antworte ich «fadegrad». Doch ­politische Satire ist schwierig. Nur einen Bundesrat imitieren, das ist noch kein politisches Kabarett.

Es gibt in der Schweiz durchaus erfolgreiches politisches
 Kabarett.
«Giacobbo & Müller» galt in der Schweiz als Satire-Sendung, weil wir sonst keine hatten. Aber da wurde auch kalauert: Mike hat ­einen Ranzen und Viktor grosse Ohren. Und das ist doch auch super so. Wenn du in der Schweiz reine politische Satire machst, hast du zwar ein paar begeisterte Kritiker, aber leere Säle.

Aber mehr Lob von den Kritikern hätten doch sicher auch Sie gern?
Nein. Über mich stand in der «NZZ» 40 Jahre lang nichts – und wenn, dann war es eher dümmlich. Im «Tages-Anzeiger» dasselbe. Und bisher läuft es trotzdem ganz gut.

Die Politik hat ja auch ihre lustigen Seiten. Zum Beispiel Johann Schneider-Ammann.
(lacht) Ja, gut. Bei ihm ist einfach die Berufsberatung etwas in die Hosen gegangen. Jeder hat schon vor der Wahl gesehen, dass er kein Rede-Genie ist. Natürlich kann ­einer auch ohne diese Fähigkeit ein hochbegabter Politiker sein. Aber es wird schwierig. Bundesrats­kandidat Peter Hegglin mit seinem Englisch ist auch so ein Fall.

I denk, yes! Sie haben die Härte der Demokratie selbst auch mal erlebt: Als Sie in den 70er-Jahren in Wohlen Primarlehrer ­waren, wollte Sie die Schulpflege einst ­absetzen.
Das ist etwas hart formuliert. Es wäre ihnen aber sicher nicht unrecht gewesen, wenn ich gekündigt hätte. Leider waren meine Inspektionsberichte immer super. Also gab es keinen Grund für eine Kündigung, ausser dass ich lange Haare und einen Lammfellmantel trug.

Einen Lammfellmantel?
Es war die Hippie-Zeit. Es gab ­damals die Tradition des Jugend­festumzugs. Da liefen alle Schüler durchs Dorf, geordnet nach Schulniveau. Ich unterrichtete eine ­Hilfsschulklasse, die musste ganz am Ende des Umzugs laufen, damit auch alle sahen: Da kommen jetzt die Dummen. Das fand ich eine Katastrophe.

Was haben Sie getan?
Statt Frack und Zylinder trug ich am Umzug aus Protest meinen Lammfellmantel.

Sie haben in Wohlen auch eine ­politische Partei gegründet mit dem Namen «Eusi Lüüt» und ­waren ziemlich erfolgreich.
In dieser Zeit riss man in Wohlen überall im Dorf alte Häuser ab, um sie durch hässliche Banken und Überbauungen zu ersetzen. Irgendwann dachten wir: Es reicht. Nach ein paar Jahren waren wir die drittgrösste Fraktion im lokalen Parlament. Witzig fand ich vor allem, dass wir nicht einzuordnen waren.

Wie meinen Sie das?
Wir hatten einen Fabrikanten, einen Theaterpädagogen und einen Lehrer bei uns, der als Marxist galt. Immer wenn jemand sagte: «Ihr seid links» oder «Ihr seid rechts», hatten wir jemanden, der das Gegenteil bewies. In eine Partei hätte ich nie gewollt. Ideologie-Quatsch interessierte mich nicht.

Nun, wenn man aber schaut, wie Sie sich politisch engagieren – für den Atomausstieg, gegen Nahrungsmittelspekulation –, dann kann man schon festhalten: Sie sind ein Linker.
Wenn die anderen keine vernünftigen Initiativen machen, kann ich auch nichts dafür. Wenn die Jusos eine gute Idee haben, dann überleg ich mir nicht, was mein Publikum davon hält, sondern unterstütze sie. Es gibt auch von der anderen Seite wichtige und richtige Ideen.

Auch von der SVP?
Sicher. Die SVP war in ihren ersten 15 Jahren, nachdem sie Blocher mit sich selber fusioniert hatte, die wichtigste Partei. Sie hat Themen gesetzt, die vorher totgeschwiegen wurden. Die SP hat eigentlich den Erfolg der SVP erst möglich gemacht.

Sie reden von der Migration?
Ja. Es war doch immer klar: Ausländer sind weder gut noch schlecht. Da gibt es Mörder, Ärzte, wunderbare Menschen und Vollpfosten. Nicht jeder Ausländer ist ein armer Tropf, und nicht jeder, der reinkommt, muss wieder raus.

Trotzdem: Die SVP kritisieren Sie immer wieder.
Leider hat sie gemerkt, dass man statt vier Jahre Politik auch vier Jahre Wahlkampf machen kann. Aktuell lässt sie Plakate aufhängen, die aussehen, als wären sie von der CVP. Das ist doch Kindergarten! Und die anderen Parteien haben ­leider nachgezogen. Alle machen immer mehr Wahlkampf und immer weniger Politik.

Sie spielen viel auf dem Land. Spüren Sie den Stadt-Land-
Graben?
Es gibt Unterschiede in der Mentalität, aber nur ganz feine. Auf dem Land geniesst das Publikum jeden Lacher. In der Stadt muss eine Pointe die andere jagen. Das ist die städtische Hektik. Aber die Städter merken ja auch, dass ihr Leben künstlich und unecht geworden ist, und dann fahren sie in den Wald und umarmen Bäume. Meine Sympathien sind eher auf der Land-Seite.

Was hält Sie denn davon ab, für den Bundesrat zu kandidieren?
Die Gage.

Das klingt nach einem Witz, hat aber einen wahren Kern, oder?
Nun, ich verdiene sicher nicht schlecht. Und Bundesräte sind nicht überzahlt. Ernsthaft: Für mich war der Anhaltspunkt immer der Lehrerlohn. Solange ich so viel verdiene wie als Lehrer mit entsprechender Berufserfahrung, mache ich weiter.

Apropos Finanzen: Bekamen Sie schon mal Subventionen?
Nie, wollte ich auch nicht. Wissen Sie, wenn ich durch die Klein­theater toure, dann finanziere ich mit einem vollen Saal auch die Auftritte jenes Jazzers mit, der zwei Wochen später vor zwölf Leuten spielt. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Aber wenn der Jazzer dann glaubt, er mache etwas Wertvolleres, dann sag ich ihm: Halt bitte die Klappe! Doch ich hab nichts gegen Staatsbeiträge.

Aber?
Man sollte sich eher auf junge Künstler konzentrieren. Lieber ein paar Junge mit kleineren Beträgen unterstützen, als einem Grossen 200 000 Franken in seine Furz-Idee zu buttern.

Woher kam eigentlich vor zwei Jahren die Idee, das Kinderbuch mit Zwerg Stolperli zu machen?
Ich bin grundsätzlich nicht so ehrgeizig. Aber der Zeichner René Lehner hat mich mal gefragt, ob ich eine Idee hätte für ein Kinderbuch. Ich hatte eine halbfertige: Zwerg Stolperli. Nach ein paar Tagen schickte er mir Zeichnungen, und ich wusste: Genau so muss es sein. Dann ging es relativ schnell. 

Ihr erstes Stolperli-Buch verkaufte sich über 7000-mal. Das zweite lief auch gut. Jetzt kommt ein Hörbuch, und in der einen Geschichte hat es doch tatsächlich «öberall Pilzli draa», wie Sie in ­Ihrem grössten Hit singen.
Stolperli wohnt im Wald, und dort gibt es halt einfach Bäume, Pflanzen und Pilze. Ich finde Pilze etwas Schönes. Ich kann sie einfach nicht essen. Leider.

Wie erklären Sie sich eigentlich den Erfolg des Lieds «Öberall heds Pilzli draa»? 
Warum etwas ein Hit wird, das kann man nicht erklären. Ich habe erst nach ein paar Monaten gemerkt, dass sich das Lied zum ­Ohrwurm entwickelt. Den «Sun Fun» brachte ich nur als Zugabe, ­
er ging dann aber ab wie ein Zäpfchen.

Was machen Sie eigentlich am 15. Oktober 2027?
Falls nichts gutes im Kino kommt, bin ich dann im Hallenstadion.

Sie halten laut Guinness-
Buch den Weltrekord für den längsten Vorverkauf. Vor 
elf ­Jahren ­kündigten Sie an, 
dann im ­Hallenstadion ­aufzu­treten. Wie viele Billette sind ­bisher weg?
Die Abendvorstellung ist mit 10 000 verkauften Tickets voll. Für die Nachmittagsshow sind etwa 4000 Tickets weg. Es wird also langsam eng: Jetzt sind es nur noch neun Jahre. l

Am 23. November erscheint «Zwerg
Stolperli» bei TBA als Hörspiel. Peach ­Weber ist mit seinem Programm «iPeach» noch bis Ende Jahr auf Tour.

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