Nach Hirntumor, Herzinfarkt und Liebesaus – Abgezockt von seiner kubanischen Ex
Dill-Bundi pleite!

Er besiegte einen Hirntumor, baute einen schweren Unfall, überlebte einen Herzinfarkt. Seine Frau hat ihn ausgenommen und verlassen. Er steht mit 57 vor dem Nichts. Und trotzdem sagt der Olympia-Held: «Ich stehe immer wieder auf!»
Publiziert: 09.08.2015 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:22 Uhr
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1980: Gold! Robert Dill-Bundi siegt bei den Olympischen Spielen in Moskau in der Rad-Einerverfolgung.
Foto: RDB/Picture-Alliance
Von Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Vor 35 Jahren ging das Foto um die Welt. Ein 22-jähriger Walliser namens Robert «Röbi» Dill-Bundi gewinnt bei den Olympischen Spielen in Moskau Gold in der Rad-Einerverfolgung, kniet nach der Zieldurchfahrt nieder und küsst die ovale Holzbahn.

Der goldene Moment hängt schmuck gerahmt in Dill-Bundis bescheidener Zweieinhalbzimmerwohnung in Collombey VS. Von den letzten Jahren stark gezeichnet blickt der mittlerweile 57-Jährige auf das schönste Foto seines Lebens. Mit leicht zitternder Stimme muss Röbi, wie ihn Freunde nennen, eingestehen, «dass mir 1980 rückblickend betrachtet nicht nur Gutes gebracht hat – in diesem Jahr wurde auch die Frau geboren, die mir praktisch alles genommen hat».

Aber der Reihe nach. Das erste Kapitel von Dill-Bundis bittersüsser Liebesgeschichte wird vor elf Jahren auf Kuba geschrieben. Er erholt sich nach zwei erfolgreich verlaufenen Hirntumor-Operationen im sozialistischen Inselstaat in der Karibik. Und verliebt sich – in die 22 Jahre jüngere Kubanerin Yamila.

Obwohl ihn seine Freunde warnen, dass eine so junge Frau wohl nicht nur der Liebe wegen mit ­einem wohlhabenden «Opa» aus der Schweiz ins Bett hüpfe, führt er die Latina zwei Jahre später in einer kleinen, katholischen Kapelle in Santiago de Cuba vor den Traualtar. Dill-Bundi zieht mit seiner Frau in die Schweiz. Ihrer Familie überweist er monatlich rund 1000 Franken.

«Als ich Yamila kennenlernte, lebte sie mit ihren zehn Geschwistern in ­einer Wellblechhütte. Dank meiner Hilfe konnten sie ein für kubanische Verhältnisse sehr schönes Häuschen bauen.»

Im Herbst 2006 erkrankt er erneut an einem Gehirntumor. Anders als die zwei früheren Wucherungen ist dieser Tumor bösartig und inoperabel. Der Arzt beziffert Dill-Bundis Überlebenschance auf 18 Prozent. Seine Frau kümmert sich rührend um ihren Röbi, der dank seiner «himmlischen Göttergattin» neuen Lebensmut schöpft. Im SonntagsBlick vom 7. Januar 2007 schwärmt er: «Yamila ist mein guter Engel, mein grösster Schatz. Sie schaut zu mir, wie sie nur kann – wenn ich denn mal wach bin.»

Der Glaube an die grosse Liebe und eine neuartige Elektrotherapie lassen Röbis Tumor, der die Dimension eines Hühnereis hatte, bis 2012 auf die Grösse eines Daumennagels schrumpfen.

Im Frühling 2013 wird der ehemalige Radprofi von seinen Ärzten als geheilt erklärt. Die Freude ist gross, so gross, dass Dill-Bundi einen folgenschweren Entscheid trifft. Er will auswandern, in die Heimat seiner Herzdame. «Weil in Kuba der durchschnittliche Monatslohn bei 25 Franken liegt, war ich mir sicher, dass ich dort mit meiner IV-Rente von knapp 3000 Franken wunderbar leben könnte. Doch leider Gottes hat mir meine liebe Frau ­einen dicken Strich durch diese Rechnung gemacht.»

Bevor er im Sommer 2013 der Schweiz den Rücken kehrt, verursacht er nach einem Blackout am Steuer in Aigle VD eine Massen­karambolage.

In Kuba angekommen, beziehen Dill-Bundi und seine Frau ein schmuckes Haus, das er rund 600 Kilometer von der Hauptstadt Havanna für umgerechnet 50'000 Franken bauen liess.

Der Schweizer möchte mit seinem Ersparten eigentlich ein Restaurant und ein Transportunternehmen betreiben, doch seine Frau will einen 30'000 Dollar Chevrolet-Oldtimer.

«Yamila hat sich in Kuba schnell verändert. Ich musste einsehen, dass es ihr und ihrer Familie tatsächlich nur um meine Kohle ging.» Röbi holt tief Luft und beginnt, das finale Kapitel seiner Lovestory zu erzählen: «Im vorletzten Frühling musste ich zurück in die Schweiz, weil ich dort Rechnungen bezahlen musste. Ich habe ihr das in meinem nicht perfekten Spanisch zu erklären versucht. Yamila hat offenbar gedacht, dass ich Geld für uns abheben würde. Als ich ohne Bargeld zurückkam, hat sie mich vor die Tür gesetzt.» Kurz darauf habe ihm ein Gespräch mit einer Halbschwester Yamilas endgültig die Augen geöffnet: «Sie hat mir glaubhaft versichert, dass Yamila schon an unserer Hochzeit 2006 für zwei Stunden verschwunden sei, um sich mit einem anderen Mann zu vergnügen.»

Dill-Bundi reicht die Scheidung ein und fliegt zurück in die Schweiz. Weil das Haus und der teure «Chevi» auf Yamilas Familienname eingetragen sind, kann Röbi nichts für sich beanspruchen. «Ich habe auf Kuba rund 200'000 Franken verlocht. Das Einzige, was mir nach der Rückkehr ins Wallis neben den Kleidern noch bleibt, ist ein BMC-Rennrad im Wert von 9000 Franken, das mir Andy Rihs vor ein paar Jahren geschenkt hat.»

Im Juli 2014 nach der Landung in Zürich sucht er erst mal Unterschlupf in der Wohnung seiner Mutter in Chippis im Unterwallis.

Hier wohnt er bis letzten April, dann wird der einstige Golden Boy vom Schicksal einmal mehr auf eine harte Probe gestellt – beim Spazierengehen erleidet er einen schweren Herzinfarkt. Doch Dill-Bundi setzt sich im zähen Ringen mit dem Tod ein weiteres Mal durch. Ein paar Wochen später bezieht er eine Mietwohnung in Collombey: «Obwohl sich meine 74-jährige Mutter sehr um mich gekümmert hat, hatte ich immer das Verlangen nach mehr Freiraum in einer eigenen Wohnung. Sehr wahrscheinlich erlitt ich den Herzinfarkt auch deshalb, weil ich diesen Freiraum eben eine Zeit lang nicht hatte.»

Jetzt fühle er sich wie erlöst, obwohl er von der Hand in den Mund leben müsse: «Ich habe im Monat knapp 2500 Franken zur Verfügung, darum kann ich mir auch den Unterhalt eines Autos nicht leisten.»

Und seine Ex-Frau? «Sehr wahrscheinlich treibt sie es immer noch mit dem Mann, mit dem sie mich gemäss ihrer Halbschwester schon an unserer Hochzeit betrogen hat. Aber das könnte ich nur beweisen, wenn ich zurück nach Kuba ginge. Das will ich nicht. Ich will Yamila nie mehr sehen.» Er ortet den Fehler für sein Scheitern auch bei sich: «Ich hätte auf die Warnungen meiner Freunde hören sollen. Aber die Liebe hat mich blind gemacht.»

Röbi spült den Ärger mit einem Glas Chardonnay hi­nunter und legt nach: «Weil jetzt immer mehr reiche Amerikaner nach Kuba dürfen, wird Yamila unser Haus wahrscheinlich bald für sehr viel Geld verkaufen können. Dann hat sie ihr Ziel erreicht.»

Jammern will er trotzdem nicht. Der Überlebenskämpfer erhebt noch einmal das Glas und trinkt auf das Leben: «Vor neun Jahren haben mir ein paar Mediziner gesagt, dass ich noch zwei Monate zu leben hätte. Ich bin immer noch da. Und weil es meinem Kopf und dem Herz wieder ordentlich geht, empfinde ich jeden Tag als geilen Tag!»

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