Auf einen Blick
- Monika Kaelin feiert ihren 70. Geburtstag in Cannes
- Sie jodelt vom Balkon und begeistert Hotelgäste
- Verheiratet war sie 45 Jahre mit Fritz Künzli
- Kaelin plant, wieder auf die Theaterbühne zurückzukehren
- Sie moderierte in Monaco und erhielt Komplimente von Fürst Albert
Monika Kaelin blickt entspannt vom Balkon ihres Appartements in Cannes aufs tiefblaue Meer. Die Morgensonne taucht den Ort an der Côte d’Azur in sanftes, goldenes Licht. Sie schliesst ihre Augen, holt tief Luft, hält einen Moment inne, richtet sich plötzlich auf und setzt zu einem lauten Jodler an: «Jetzt wämmer eis jödele», eins ihrer liebsten Stücke. Kaelins Gesang durchbricht die Stille und füllt die Umgebung mit Lebendigkeit. Von der gegenüberliegenden Rooftop-Terrasse blicken Frühaufsteher herüber. Nach und nach heben einige Hotelgäste ihre Hände und beginnen im Takt begeistert mitzuklatschen. Einige winken der Schweizerin zu, andere heben ihre Kaffeetassen, als wollten sie einen Toast aussprechen.
Zu Recht, Monika Kaelin, die Schweizer Show-Ikone, feiert ihren 70. Geburtstag. Doch aus ihrem Runden macht sie sich nicht viel. «Das ist doch bloss eine hübsche Zahl, die in Erinnerung ruft, dem Herrgott dankbar zu sein, gesund aufstehen zu dürfen», meint sie bescheiden. «Geht es nach meinem Gefühl, bin ich altersmässig zwischen 40 und 50 stehen geblieben.» Von Beschwerden oder Müdigkeit will sie nichts wissen. Im Gegenteil. «Ich bin topfit, gut zwäg – und immer unter Strom! Wenn mich jemand fragt, sage ich oft, ich sei wie ein Rennpferd, das sich nicht zügeln lässt.»
Hastig huscht sie ins Bad und stellt sich vor den Spiegel. Routiniert zieht sie die Lippen nach und fixiert ihre Frisur mit einem letzten Sprüher Haarspray. Ein prüfender Blick auf die grosse Uhr im Wohnzimmer. «Super, alles nach Plan», meint sie und stellt klar: «Alle meine Uhren gehen fünf Minuten vor, damit ich ja nie zu spät komme. Das ist eine meiner grössten Ängste.» Ihr heutiges Ziel ist die Église Notre-Dame d’Espérance, die Kirche im Herzen der Altstadt.
Immer wenn Monika Kaelin in ihrer zweiten Heimat ist, besucht sie die dortige Sonntagsmesse. «Der Glaube an den Herrgott bedeutet mir viel. Er spendet Trost und gibt Kraft. Besonders in schweren Zeiten. Von denen auch ich nicht verschont geblieben bin.»
Eine Liebe, die nie erlischt
Der schmerzvollste Schicksalsschlag jährt sich am 22. Dezember zum fünften Mal. Es ist der Todestag von FCZ- und Nati-Legende Fritz Künzli (†73). Mit ihm schritt Kaelin über 45 Jahre durchs Leben. «Heute in der Früh musste ich für Fritzli ein Tränli verdrücken. Er fehlt mir jeden Tag ungemein. Ich weiss aber, dass er über mir wacht und immer bei mir ist. Ich spreche täglich mit ihm und habe ihn stets an meiner Seite dabei.» Just in diesem Moment zieht sie ein Porträtbild ihrer grossen Liebe aus der Tasche und streicht liebevoll über die Fotografie. Alleine zu Hause sei Monika Kaelin nicht gern und dennoch, Einsamkeit verspüre sie dank dieser engen Verbindung zu Fritz nie.
Obwohl die beiden gern Kinder gehabt hätten, war ihnen dieser Wunsch nicht vergönnt. «Ich habe lange über Bauchschmerzen geklagt. Erst spät hat ein Arzt gesehen, dass eine Verhütungsspirale in meiner Bauchwand eingewachsen war, weil diese von einem Arzt vergessen wurde. Jänu, s isch, wies isch», sagt die gelernte Kindergärtnerin nüchtern. «Wir hatten uns, das ist mein Trost. Er war und ist die Liebe meines Lebens. Eines Tages wird er auch mich zu sich holen, und wir werden wieder vereint sein.»
Diese Sicherheit ist auch der Grund, weshalb sich die Grande Dame des Schweizer Showbusiness nicht vor dem Tod fürchtet. Der muss ohnehin auf sich warten lassen. «Ich habe das Gefühl, dass ich ein Alter zwischen 94 und 96 erreichen werde. Vielleicht werde ich aber auch, so Gott will, 100. Mein Arzt hat jüngst gemeint, ich sei gesundheitlich bei einer 49-Jährigen – das ist doch was, oder nicht?»
Vom Hoch ins Tief und zurück
Dass ihr Leben im Rampenlicht stattfinden würde, hat Kaelin stets gewusst. 1964 stand sie als Mädchen erstmals auf der Bühne und spielte im Casino-Theater Schwyz das Heidi. «Ich kann mich gut erinnern, wie damals der Pfarrhelfer das Klassenzimmer betrat und fragte: Wer hat Talent und kann singen? Die Lehrerin zeigte sofort auf mich.» Es folgen Engagement um Engagement. Nationale Bekanntheit erlangt sie schliesslich 1976, als sie an der Miss-Schweiz-Wahl teilnimmt und den zweiten Platz belegt. Bei der Miss-International-Wahl wird sie gar Erste. «Bezaubernde Erlebnisse», resümiert sie. Das Showbusiness gefällt ihr, und sie versucht mit einem Akt-Shooting für das Männermagazin «Penthouse» den Sprung über die Landesgrenzen hinaus. Der Plan geht auf, es folgen internationale Filme. Das Echo ist allerdings nicht nur positiv. «Ich war naiv und habe leichtgläubig die Hüllen fallen lassen. Ich musste deshalb viel Spott und Häme über mich ergehen lassen und wurde über Jahre hinweg von der Presse in die Sex-Ecke gedrängt. Das hat mich zutiefst verletzt.»
In dieser Zeit geht es ihr gar nicht gut, und sie flüchtet sich auf Fritz’ Anraten hin zu Freunden nach Cannes. «Dies war mein erster längerer Aufenthalt an der Côte d’Azur, und ich habe rasch gemerkt, was für ein kraftvoller Ort es ist. Es hat mich auf eine magische Art aufgebaut und mir einen Schub für alles gegeben, was seither gekommen ist.» Heute ist Kaelin im Reinen mit ihrer Vergangenheit und hat sich auf die Fahne geschrieben, der sichere Hafen für die nationale Unterhaltungswelt zu sein. Als Präsidentin der Show Szene Schweiz veranstaltet sie seit Jahrzehnten die Verleihung des Prix Walo und unterstützt sowohl gestandene als auch junge Talente aus der Branche. Diese ehrenvolle Aufgabe abzugeben, kommt für sie im Moment nicht infrage. «Das ist ein Fulltime-Job, den ich ehrenamtlich mache. Der Ruhestand ist für mich keine Option. Was soll ich denn machen? Bloss daheim rumsitzen und warten, bis ich vor Langeweile sterbe? Jessesgott, das ist eine schreckliche Vorstellung! Auf keinen Fall!»
«Bon anniversaire, ma chère!», ruft ihr Coco Meyer (76) durch die grosse Markthalle zu und winkt. «Du siehst fantastisch aus! Geniesst du deinen Tag?», fragt die Standbetreiberin. «Ganz entspannen kann ich nicht», entgegnet Monika ihrer langjährigen Freundin. «Ich muss noch meine Moderation vorbereiten, die ich übermorgen in Monte Carlo habe – sogar Fürst Albert wird vor Ort sein.»
Doch bis zum grossen Anlass bleibt ihr noch Zeit. Im Waikiki Beach Club in Cannes schnappt sich Monika Kaelin eine Liege in der ersten Reihe zum Meer und bestellt einen spritzigen Aperitif. «Selbstverständlich ohne Alkohol. Ich bin viel zu pflichtbewusst.» Von der Sonne geküsst, lässt die aufgestellte Schweizerin ihren Ehrentag ausklingen und beantwortet nach und nach die über 170 Geburtstagsnachrichten, die im Verlauf des Tages eingegangen sind.
Jodeln für den Fürsten
Eine kurze Nacht liegt hinter Kaelin. «Ich habe bis in die frühen Morgenstunden meinen Text geprobt. Jetzt sitzt alles, und ich bin bereit für meinen Auftritt», sagt sie energiegeladen. Für das 75-Jahr-Jubiläum des Schweizerklubs in Monaco hat sich die Show-Diva etwas Besonderes einfallen lassen: «Ich werde mich zwischen den Moderationen umziehen und die Märchler Festtagstracht tragen, um für die Gäste zu jodeln.» Für ihre handgefertigte Robe, die mit Goldstickereien veredelt ist, erhält sie zahlreiche Komplimente. Jenes des fürstlichen Oberhauptes von Monaco ehrt sie besonders. «Als Fürst Albert die Bühne betreten hat, wurde ich von ihm höchstpersönlich begrüsst – und das mit einem Handkuss! Dass Seine Durchlaucht bis zum Ende der Veranstaltung anwesend war, ist nicht selbstverständlich», sagt Kaelin und kommt aus dem Schwärmen kaum raus: «Ich war in absoluter Bestform, moderierte ohne Problem in drei Sprachen. Die Gäste hatten ihre helle Freude und jubelten, als ich sang und jodelte. Es war mir eine Ehre, dass ich zwischen Monaco und der Schweiz eine Brücke schlagen und unser Land unter anderem mit der Streichmusik Alder und der jungen LED-Showgruppe Blackout repräsentieren durfte.»
Es sei für sie der ehrwürdigste und schönste Auftritte ihres Lebens gewesen, aber bestimmt nicht der letzte grosse. An Zukunftsplänen fehlt es Monika Kaelin nämlich nicht: «Ich will wieder zurück auf die Theater- und Musicalbühne», sagt sie. Doch auch der Kinoleinwand ist sie nicht abgeneigt: «An den Filmfestspielen von Cannes im letzten Jahr habe ich einen Produzenten kennengelernt. Von meinem Leben war er so sehr begeistert, dass er es verfilmen wollte.» Und wer soll die Hauptrolle übernehmen? «Was für eine Frage, selbstverständlich ich! Jetzt, mit 70, starte ich erst richtig durch.»