Meteo-Mann Alex Rubli (64) lebt seit zehn Jahren mit MS
«Ich hoffe, dass ich nie einen Rollstuhl brauche»

Mit seiner bodenständigen Art war der frühere Wetterfrosch Alex Rubli ein Liebling des TV-Publikums. Von seiner Krankheit lässt sich der Meteorologe nicht unterkriegen.
Publiziert: 29.01.2017 um 23:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:19 Uhr
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Bleibt trotz seiner Krankheit zuversichtlich: Meteorologe Alex Rubli.
Foto: Siggi Bucher
Interview: Peter Padrutt

BLICK: Sie sind seit zwölf Jahren nicht mehr am Bildschirm zu sehen. Werden Sie auf der Strasse trotzdem noch erkannt? 
Alex Rubli: Erstaunlicherweise ja. Ein- bis zweimal pro Woche spricht mich jemand im Zug an oder beim Einkaufen. Dann wundere ich mich, wie gut das Gedächtnis mancher Leuten funktioniert.

Warum wohl sind Sie noch so beliebt?
Wahrscheinlich liegt es nicht an den alten TV-Auftritten, sondern eher daran, wie ich grad im Moment auf die Leute wirke. Die denken sich: «Das ist kein Böser» – und meistens haben sie recht.

Wann können Sie denn böse werden?
Manchmal antworte ich etwas harsch, wenn ich zum x-ten Mal nach dem Wetter gefragt werde und dieselben Leute es dann doch selber besser wissen.

Sie leben jetzt seit fast zehn Jahren mit der Diagnose Multiple Sklerose – MS. Wie geht es Ihnen?
Mir geht es gut. Ich wandere viel mit meinem Hund, damit halte ich mich fit. Anderseits betreibe ich kaum mehr andere Sportarten. Ich fürchte mich vor Verletzungen, die sich auf meine MS negativ auswirken könnten.

Wo spüren Sie heute mehr Einschränkungen?
Vielleicht werde ich etwas schneller müde als früher. Aber das kann auch mit dem Älterwerden zusammenhängen. Ausserdem bin ich sensibler geworden in Bezug auf Infektionskrankheiten. Ich lasse mich immer gegen die Grippe impfen, und wenn, wie jetzt, viele Bakterien herumschwirren, herrscht bei mir höchste Alarmstufe.

Das Problem sind vor allem Ihre Füsse. Hat sich da etwas verschlechtert?
Eigentlich sind diese Empfindungsstörungen im Laufe der Jahre eher etwas besser geworden oder ich habe mich daran gewöhnt. Aber Hauptsache, ich kann mich in der Natur bewegen. Leider hat das letzte MRI gezeigt, dass die Krankheit in mir immer noch aktiv ist, das hat mir einen kleinen Dämpfer versetzt. Aber zusätzliche Beeinträchtigungen habe ich bis jetzt keine verspürt.

Können Sie sich noch ohne Rollstuhl bewegen?
Ja, ohne weiteres.

Haben Sie Angst, irgendwann im Rollstuhl sitzen zu müssen?
Zunächst gibt es viele MS-Betroffene, die sehr leiden, auch wenn sie nicht im Rollstuhl sind. Ich hoffe natürlich, dass ich selber nie einen Rollstuhl brauche. Wenn ich darüber nachdenke, dann versuche ich mir immer Menschen, mit denen ich im Rahmen der MS-Gesellschaft zusammenkomme, in Erinnerung zu rufen. Da wird manchmal mehr gelacht als unter Gesunden.

Sie haben einen milden Verlauf. Gibt es eine Erklärung, warum es Ihnen so gut geht?
Nein. Die Ärzte sagen, dass MS in tausend verschiedenen Varianten auftreten kann. Ich habe wohl einfach Glück.

Spüren Sie irgendwo mentale Einschränkungen?
Mein Sohn bereitet sich grad auf die Prüfung fürs Gymi vor. Seine Mathe-Übungsaufgaben kann ich noch lösen. Die Regionalgruppen der MS-Gesellschaft unterhalte ich mit Vorträgen, und im Geschäft bin ich auch gefordert. Ich glaube es funktioniert noch alles ordentlich da oben.

Das letzte Wochenende fand im KKL Luzern ein grosser MS-Kongress statt, in dem es vor allem um die Rehabilitation von Betroffenen ging. Wo profitieren Patienten am meisten?
Rehabilitation ist ein sehr wichtiges Thema für die Betroffenen, aber die Bedürfnisse sind sehr verschieden. Für alle ist jedoch der persönliche Kontakt mit Ärzten, Pflegepersonal und Physiotherapeutinnen ein zentrales Anliegen.

Sie haben einen zwölfjährigen Sohn. Wie reagiert er auf Ihre Krankheit?
Mein Sohn stellt eigentlich nie Fragen zu diesem Thema, und wir reden in der Familie selten darüber. Ich bin eigentlich froh, dass diese Krankheit nicht wie eine unsichtbare Mitbewohnerin unter uns lebt. Wenn mein Sohn fragen würde, würde ich ihm erklären, was ich über MS weiss.

Machen Sie sich manchmal Vorwürfe, dass Sie wegen der Einschränkungen nicht alles geben können, was andere Väter können – zum Beispiel beim Sport?
Nein, es gibt so viele Sachen, die man zusammen machen kann. Viel wichtiger ist, dass ich etwas Zeit für ihn habe, da gebe ich mir Mühe, aber es ist in den letzten Jahren nicht immer gelungen. Das liegt vor allem daran, dass ich beruflich viel im Ausland war. Ich war sehr darauf angewiesen, dass mir die Familie den Rücken freihält, aber das wird nun besser, denn Ende Jahr werde ich pensioniert.

Ist es manchmal so, dass sich die Angehörigen fast mehr Sorgen machen als die Betroffenen selber?
Natürlich machen sich die Angehörigen Sorgen, aber viel hängt davon ab, wie man als Betroffener selber mit der Krankheit umgeht. In diesem Interview kommt viel das Wort Krankheit vor. Aber ich will weder von meiner Familie noch am Arbeitsplatz noch sonst irgendwo als Kranker wahrgenommen werden. Also verhalte ich mich wie andere gesunde Menschen. Ich will kein Mitleid, aber das Mitgefühl oder auch nur Interesse anderer Menschen zu spüren, tut manchmal schon gut.

Sie arbeiten bei Meteo Schweiz. Was tun Sie genau?
Ich war viele Jahre der Leiter der Abteilung Internationale Zusammenarbeit. In dieser Funktion durfte ich die Interessen der Schweiz in internationalen Organisationen der Meteorologie und Klimatologie vertreten. Anfang Jahr hat mein Nachfolger bereits seinen Dienst angetreten, und ich bin jetzt noch im Hintergrund tätig.

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