BLICK: Vor 20 Jahren wurden Sie zur Miss Schweiz gewählt. Eine lange Zeit?
Melanie Winiger: Mir kommt es sehr kurz vor. Ich weiss nicht, wo die 20 Jahre hin sind. Ich habe vieles erlebt, viel gearbeitet. Es ist irgendwie schon verrückt: Ich stehe jetzt mehr als mein halbes Leben in der Öffentlichkeit.
Wie haben Sie sich verändert?
Der Kern blieb derselbe. Ich bin ein offener Mensch, sehr sozial, kommunikativ, mit mir kann man es lustig haben. Gleichzeitig wurde ich ruhiger und bin eine Frau geworden. Diese Entwicklung ging bei mir nicht so schnell.
Weshalb?
Ich tat mich lange Zeit schwer mit meiner weiblichen Seite. Als Miss Schweiz bekommst du den Stempel «Tussi und dumm». Mit 17 war ich noch ein Kind, aber ich wusste schon damals, dass ich weder dumm noch eine Tussi bin. Also habe ich mich mit Händen und Füssen gegen diese Vorurteile gewehrt. Ich wollte zum Beispiel nie ein Kleidchen oder etwas Farbiges anziehen, sonst könnte man ja noch meinen ...
Heute ist das anders?
Mittlerweile habe ich gelernt, ich habe auch eine weiche Seite, und mit der kann ich sehr gut umgehen. Ich habe nun mal eine männliche und eine weibliche Seite, und beide sind stark ausgeprägt. Wenn ich heute Lust habe, ein Blümchenkleid anzuziehen, mache ich das.
Haben Sie sich als Frau je benachteiligt gefühlt?
In der öffentlichen Wahrnehmung schon. Wenn mein Ex-Freund eine neue Freundin hat, die jünger ist, heisst es: «Er hat sie ersetzt durch eine Jüngere und Schönere.» Bei mir heisst es: «Sie hat schon wieder einen Neuen.» Die Frau ist immer die Täterin und der Mann der Held.
Sie waren oft wegen Ihrer Beziehungen im Gespräch.
Das ist genau der Punkt. Klar wäre ich gerne noch mit meinem Schulschatz zusammen. Doch das hat nicht sollen sein. Immer geblieben sind dafür die wichtigsten Unterstützer in meinem Leben.
Welche Personen sind das?
Zuallererst meine Eltern. Sie haben mich heruntergeholt, als ich drohte abzuheben. Wenn du ein Teenager bist, und alle dir immer sagen, du seist die Schönste und Coolste, glaubst du das irgendwann. Aber dem haben sie einen Riegel geschoben. Und bis heute kann ich mich bei ihnen ausweinen, wenn es mir schlecht geht.
Wer war sonst noch da?
Ganz klar Missen-Mami Karina Berger und ihr Mann Thomas Russenberger. Ihr Haus stand von Anfang an für mich offen. Karina ist wie eine grosse Schwester für mich.
Was waren Ihre schwierigsten Momente?
Die Missen-Krone abzugeben war ganz schwierig. Ich war gerade 18 geworden und musste zurück ins Gymnasium im Tessin. Dort wurde ich dann gemobbt, weil alle dachten, ich sei nun eingebildet. Für mich wurde das irgendwann alles zu viel, und ich habe die Schule abgebrochen. Später haben sich dann meine Mitschüler bei mir entschuldigt und mir versichert, ich sei immer dieselbe geblieben. Aber ich war halt für vieles einfach noch zu jung.
Sie wurden mit 23 auch sehr jung Mutter.
Das hat mich natürlich geprägt. Und als ich mal ehrlich war und sagte: «Noël geht mir manchmal auf den Sack», da wurde ich gleich als Rabenmutter bezeichnet. Ich hätte brav sagen sollen: «Ich komme manchmal an meine Grenzen.» Aber das ist nicht meine Sprache.
Dort waren Sie verletzlich.
Ja, in dem Moment tat das sehr weh. Ich denke, jedes Mami stimmt mir zu: Man kann noch so viele Bücher lesen – trotzdem hast du keine Ahnung, was auf dich zukommt. Mamisein ist das Schwierigste überhaupt, weil du dir immer die Frage stellst: Wie könnte ich es besser machen? Und wenn dich dann Leute in Frage stellen, die dich gar nie als Mutter gesehen haben, ist das sehr verletzend.
Könnten Sie sich vorstellen, noch einmal Kinder zu haben?
Für mich ist es gut so, wie es ist. Mein Kinderwunsch ist erfüllt, besser als mit Noël kann es eh nicht mehr kommen (lacht). Ich habe sehr früh viel Verantwortung übernommen und bin froh, dass es so gut herausgekommen ist. Noch einmal neu anfangen und bis 60 eingespannt zu sein, muss nicht unbedingt sein.
Sie haben sich von der Ex-Miss zur erfolgreichen Moderatorin und Schauspielerin entwickelt. Hatten Sie nie finanzielle Sorgen?
Oh doch. Es gab Momente, in denen ich extrem sparen musste, nicht mehr ausging und mich streng an ein Budget hielt. Geld war mir nie so wichtig. Ich bin auch sehr grosszügig, zahle gerne für andere. Und wenn das Geld weg ist und es eng wird, gehe ich halt wieder arbeiten. Aber ich bin jetzt viel sparsamer als früher, habe meinen Stil gefunden und muss nicht immer jeden Seich kaufen.
Was nervt Sie an sich selbst?
Ich bin sehr ungeduldig. Ich hätte es immer lieber, alles wäre schon vorgestern passiert und nicht erst morgen. Und wenn ich etwas Neues nicht gleich beherrsche, könnte ich die Wände hochgehen.
Kennen Sie auch ruhige Momente?
Oh ja, ich kann auch sehr faul sein. Ungeduldig und faul, das geht super Hand in Hand. Draussen kann das schönste Wetter sein und ich schaue im Bett auf dem Computer «Harry Potter».
Sie waren verheiratet. Könnten Sie sich eine zweite Hochzeit vorstellen?
Das könnte ich mir sicher nochmals vorstellen. Nur weil es einmal nicht geklappt hat, heisst das ja nicht, dass es ein zweites Mal nicht klappen könnte. Und das Scheitern einer Beziehung tut immer weh. Egal, ob man jetzt verheiratet war oder nicht.