Massimo R. ist ein Wiederholungs-Prügler
Warum stoppte niemand den Schlatter-Schläger?

Massimo R. (41) schlug schon am Vortag zu – und vor anderthalb Monaten hatte sein Kung-Fu-Lehrer einen Hilferuf ausgestossen.
Publiziert: 10.03.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:23 Uhr
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Schauspieler Beat Schlatter (53) lag bis heute im Spital.
Foto: Joseph Khakshouri
Von Beat Michel, Gabriela Battaglia und Flavia Schlittler

Es ist Freitagmittag, zwölf Uhr. Schauspieler und Komiker Beat Schlatter (53) steht am Bahnhof Meilen ZH bei der Bushaltestelle. Plötzlich attackiert ihn ein Fremder. Von hinten. Unvermittelt. Ohne dass ein Wortwechsel oder auch nur Augenkontakt stattgefunden hätte! Der Unbekannte reisst Schlatter zu Boden und schlägt brutal auf ihn ein.

Eine Augenzeugin sagt: «Der Boden war voller Blut. Unter dem rechten Auge hatte er eine Platzwunde.» Eine Ärztin leistet Erste Hilfe, die Ambulanz bringt den Verletzten ins Spital. Dort liegt Beat Schlatter immer noch.

Glück im Unglück

«Die körperlichen Narben werden heilen», sagt sein Freund und Bühnenpartner Pascal Ulli (45). «Ich mache mir aber grosse Sorgen, wie er das psychisch verkraften wird. Er hatte Glück im Unglück. Der Täter hätte ihm das Genick brechen können. Beat könnte jetzt auch tot sein.»

Der irre Schläger flüchtet nach der Tat. Weit kommt er nicht. Auf einer nahen Baustelle arbeiten die Maler Angelo Maffi (28) und Filip Krnjevic (28):

«Uns kam ein Mann mit zwei Plastiksäcken entgegengerannt, der von drei anderen verfolgt wurde. Die riefen, wir sollen ihn aufhalten. Da hat er sich ergeben.» Die Maler halten ihn bis zum Eintreffen der Polizei in Schach.

Es ist Massimo R.* (41) – und der Angriff auf Schlatter ist nicht der erste Ausraster des Italieners. Einen Tag zuvor hat er am gleichen Ort brutal zugeschlagen. Das Opfer: M. G.* (23) aus Meilen. Er musste ins Spital, ist krankgeschrieben: Nase gebrochen, Rippen gequetscht.

Der Lagerist erzählt: «Ich war gegen 16 Uhr mit der S7 auf dem Heimweg von Rapperswil und döste. Als die Haltestelle Meilen angesagt wurde, öffnete ich die Augen. Da schlug mich ein Mann unvermittelt und ohne Vorwarnung ins Gesicht.

Er prügelte einfach auf mich ein, auch als ich schon am Boden lag.» Die Polizei nimmt Massimo R. zur Befragung mit auf den Posten – lässt ihn später aber wieder gehen.

Kein Haftgrund

Begründung: «Weil er in der Vergangenheit nicht durch gleich gelagerte Fälle aktenkundig war. Es lag kein Haftgrund vor», sagt Sprecher Beat Jost. Ein Entscheid mit fatalen Folgen.

Massimo R. fiel schon mehrfach auf. Immer unangenehm. Etwa im Restaurant Il Faro in Herrliberg ZH, wo er letztes Jahr zweieinhalb Monate lang arbeitete. «Er passte nicht ins Team und war aggressiv», sagt der Chef. «Als er dann auch noch eine Serviertochter anrempelte, lief das Fass endgültig über.» Der Wirt entlässt Massimo R.

Auch seinem ehemaligen Trainer (52) war es nicht geheuer, als Massimo R. vor anderthalb Monaten plötzlich wieder in der Kung-Fu-Schule in Zürich auftauchte: «Er war latent aggressiv, wirkte fahrig und mental angeschlagen. Ich merkte gleich, dass er nicht in die Gruppe passt und gab ihm Einzeltraining.»

Dem Coach gefällt sein alter Schützling nicht. Er bekommt Angst und wendet sich an die Polizei: «Die empfahlen mir, ihm in einem förmlichen Brief Hausverbot zu erteilen.»

Der Kung-Fu-Meister wundert sich über den milden Rat, befolgt ihn aber. Und hört nichts mehr von Massimo R. – bis ihm die Attacke auf Schlatter zu Ohren kommt: «Ich dachte gleich an Massimo. Er war eine tickende Zeitbombe.» Jetzt ist sie explodiert.

* Namen der Redaktion bekannt

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