Marco Rima (59) ist als Künstler von der Corona-Krise schwer betroffen. Weltweit sind die Theater geschlossen, Veranstaltungen liegen auf Eis, Auftritte sind nicht möglich.
Eine Situation, die dem Komiker offensichtlich zu schaffen macht: In der Nacht auf Sonntag veröffentlicht er auf Facebook eine zwölf Minuten lange Videobotschaft, die zu reden gibt. Darin verharmlost der Zuger die Coronapandemie. Die Kernbotschaft: «Eigentlich ist nichts passiert.» Rima erklärt, dass bei ihm «Freude» herrsche. Denn nichts, was seit Januar und Februar prophezeit wurde – Millionen Tote oder überfüllte Spitäler oder eine zweite Welle – sei eingetreten.
Die überfüllten Spitäler in Italien erwähnt er nicht. Auch nicht die bald hunderttausend Toten, die die USA zu beklagen haben. Alles Länder, die zu spät auf Corona reagiert haben. Rima sieht nur seine Verwandtschaft und seine Freunde – da seien alle gesund.
Er fragt rhetorisch: «Ich bin mir nicht sicher, ob der Lockdown was gebracht hat?» Offensichtlich schon. Im Gegensatz zu anderen Ländern kam das Schweizer Gesundheitssystem nicht an seine Belastungsgrenze. Trotz einer hohen Infektionsrate im März ist es durch die Corona-Massnahmen gelungen, die täglichen Fälle auf wenige Dutzend zu reduzieren.
Marco Rima findet, eigentlich sei nichts passiert
Doch Rima fragt, was ist mit den Arbeitern auf dem Bau, Verkäuferinnen im Supermarkt und Menschen auf dem Feld. Sie hätten schliesslich weitergearbeitet. «Halten die jetzt Abstand? Nein, warum auch?» Die Regierungen weltweit sei in seinen Augen immer noch im Panik-Modus. Er sei nicht nur Komiker, sondern auch Bürger und fange sich an, seine Gedanken zu machen. «Warum weltweit so eine Panik? Es ist eigentlich nichts geschehen.»
Dabei sind die Fakten klar: Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gibt es schweizweit insgesamt 30'658 laborbestätigte Corona-Fälle und 1905 Todesopfer im Zusammenhang mit einer Sars-Cov-2-Infektion. Die Angaben stammen von der Webseite corona-data.ch, die mit Zahlen aus den Kantonen operiert.
Weiter sagt Rima in seinem Video, dass man Rücksicht auf die nehmen müsse, die sich fürchten. «Die können sich auch einschliessen.» Die gesunde Mehrheit aber könne in seinen Augen doch an ein Fussballspiel und ins Theater gehen. «Ich vertraue doch als Veranstalter drauf, dass die gesund sind und sich amüsieren wollen. Lasst uns doch wieder arbeiten, ohne irgendwelche Konzepte.» Was er dabei vergisst: Auch Menschen ohne Symptome können das Coronavirus in sich tragen – und andere anstecken.
Seine Fans widersprechen dem Komiker
Sein Video schliesst Rima mit den Worten: «Mein Aufruf an die Regierung: Öffnet die Schweiz, öffnet Deutschland, öffnet die Welt. Macht den gesunden Menschen Platz zum Arbeiten. Und gebt uns Künstlern die Möglichkeit, wieder zu performen.»
Unter dem Video des Komikers finden sich zahlreiche Kommentare. Viele widersprechen dem Künstler. Er antwortet ausführlichen: «Ja, man muss nicht meiner Meinung sein. Und nein, ich sehe nicht über die Toten hinweg, die mit oder an Corona gestorben sind. Ich werde Euch auch nicht mit Statistiken oder neuen Erkenntnissen zu texten.» Er wisse um die Zahlen.
Bei der Rückverfolgung der Infektionswege im Verlauf der Pandemie wurde ersichtlich, dass grosse Menschenansammlungen die Ausbreitung des Virus beschleunigten. So war eine Vielzahl der Fälle in Japan auf einen Infektionsherd auf einem Kreuzfahrtschiff zurückzuführen. Im Elsass und in Südkorea breitete sich das Coronavirus an religiösen Versammlungen christlicher Sekten aus.
Keinen Dank für die, die Masken tragen
Seinen Kommentar beendet Rima mit einer widersprüchlichen Aussage: «Und nein, ich werde mich auch nicht bei den Menschen, die sich zu Hause eingeschlossen und Maske getragen haben, bedanken. Ich persönlich setze auf Eigenverantwortung, Vertrauen und Verzicht.» Dabei appelliert der Bund an die Eigenverantwortung der Menschen, zu Hause zu bleiben. Rima dagegen «will zurück zur Arbeit und dafür sorgen, dass unsere sozialen Errungenschaften weiterhin existieren und uns erhalten bleiben.» Ob die Bevölkerung ohne entsprechende Schutzmassnahmen überhaupt ins Theater gehen würde, ist fraglich. Eins ist sicher: Allen, auch Marco Rima, macht der Lockdown zu schaffen. (paf)