Foto: Lauren Rattray

Krimi-Autorin Christine Brand lebt auf Sansibar
Sie lebt in den Tropen und schreibt vom Winter

Von der Gerichtsreporterin in der Schweiz zur erfolgreichen Krimi-Autorin auf Sansibar: Das Leben der Bernerin Christine Brand (48) böte selber Stoff für einen bunten Abenteuerroman. Am kommenden Sonntag liest sie in Zürich-Wiedikon am Festival Die Rahmenhandlung.
Publiziert: 05.06.2021 um 21:48 Uhr
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Christine Brand, fotografiert auf Sansibar, ihrer zweiten Heimat.
Foto: Lauren Rattray
Jean-Claude Galli

«Gott sei Dank», sagt Christine Brand (48). «Sansibar ist das grösste Glück der Erde für mich, raus aus dieser Corona-Welt, das half mir beim Schreiben sehr.» Die letzten fünf Monate hat die Berner Erfolgsautorin wieder auf der zu Tansania gehörenden Inselgruppe vor der Küste Ostafrikas verbracht. Sie sei schon immer viel gereist, «um die halbe Welt im Backpacker-Stil». In Sansibar hat es ihr vor 23 Jahren «den Ärmel reingenommen», auf einer «dekadenten Pressereise mit Luxushotel und Heissluftballon-Safari. Ich wusste: Dahin will ich zurück, aber allein und ohne Schnickschnack.»

Seit Mitte der 1990er-Jahre war Brand Gerichtsreporterin bei «Der Bund», arbeitete für die SRF-«Rundschau» und von 2008 bis 2017 bei der «NZZ am Sonntag». Vor vier Jahren machte sie sich als Autorin selbständig.

«Ich krempelte mein Leben um und gab alles weg»

«Ich liebte meinen Job. Doch dann kam das Angebot des Verlags Blanvalet, in einem für mich speziellen Moment, nach einer siebenmonatigen Weltreise. Mir war gerade klar geworden: Ich habe eine zu grosse Wohnung und zu viel Besitz. Ich begann zu rechnen. Würde ich meine Kosten extrem runterfahren, könnte ich mit dem freien Schreiben durchkommen. Also krempelte ich mein Leben um und gab alles weg. Hätte ich es nicht gewagt – ich hätte es immer bereut.»

Seither ist Sansibar ihr zweites Zuhause. «Bei fiktionalen Werken tauchst du sowieso in fremde Welten ein. Es spielt keine Rolle, ob ich bei 30 Grad am Strand oder bei 10 Grad in der Schweiz schreibe. Seit ich dort arbeite, spielen die meisten meiner Bücher im Winter. Vielleicht ist auch ein wenig Schadenfreude dabei. Ich habe es schön warm, während meine Protagonisten sich den Hintern abfrieren. Ich bin ein wenig gemein, ich weiss.»

Brands Output ist beeindruckend, in diesem Jahr erscheinen gleich drei Bücher. «Ich funktioniere unter Druck gut und habe auch schon als Journalistin viel publiziert. Mein Eindruck ist: Wenn es mir leichter fällt, liest es sich auch besser.»

«Das Böse fasziniert grundsätzlich»

Bei ihren Lesungen sind grösstenteils Frauen im Publikum. «Auf 20 Frauen kommt ein Mann. Was ich erstaunlich finde, weil es in meinen Büchern ja manchmal heftig zur Sache geht.» Krimis schreibt sie, weil sie als Gerichtsreporterin eine Affinität zu Verbrechen entwickelte. Zudem habe dieses Genre seinen zweifelhaften Ruf als blosse Unterhaltung verloren.

«Und das Böse fasziniert grundsätzlich. Wenn man ein relativ normales Leben führt, sind Krimis das richtige Vehikel, sich kleine Abenteuer ins Haus zu holen, ohne selber Risiken einzugehen.»

Aufgewachsen ist Brand in Oberburg BE, dort kam sie dem Tod früh nahe. «Die Leute fragen oft: Du bist ein sonniges Gemüt, wie kannst du nur so abscheuliche Geschichten schreiben? Meine Antwort: Das ist familiär bedingt. Als Kind war ich vom Tod umgeben und verlor Berührungsängste rasch. Links von uns wohnte der Metzgermeister, rechts der Jäger und in der Mitte mein Vater, der Bestatter. Mit elf Jahren half ich die Leiche meiner Urgrossmutter im Sarg schmücken. Und ich kann besonders gut einparkieren, weil ich meine ersten Fahrübungen mit dem langen Bestatterauto machen konnte.»

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Christine Brand liest am Sonntag, 6. Juni, zwischen 14 und 17 Uhr am Literaturfestival Die Rahmenhandlung in Zürich-Wiedikon.

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