Kirsty Bertarelli, warum tun Sie sich das Leben als Popsängerin überhaupt an? Sie müssten ja wirklich nicht arbeiten ...
Kirsty Bertarelli: Die Musik ist neben meinen Kindern und Ernesto meine grösste Liebe. Die Momente auf der Bühne geben mir Kraft.
Ist Ihre Familie Ihr erstes Publikum?
Natürlich. In unserem Haus in Genf habe ich mein eigenes Musikzimmer. Darin verkrieche ich mich, wenn mich etwas schmerzt oder beschäftigt, und verarbeite es in einem Songtext.
Zensiert Ihr Mann Sie auch manchmal? Als Teil der Bertarelli-Familie können gewisse Aussagen ja heikel sein.
Nein! Ernesto lässt mir alle künstlerische Freiheit. Beim Schreiben kann man mir keine Grenzen setzen. Wenn es die Leute falsch verstehen, kann ich auch nichts daran ändern.
Ist es eigentlich manchmal auch ein Fluch eine Bertarelli zu sein?
Als ich mein erstes Album veröffentlichte, musste ich gegen einige Vorurteile ankämpfen. Aber mit dem Nummer-1-Hit «Black Coffee» sind die Kritiker verstummt.
Ihr Leben wird als Märchen beschrieben. Ist es so märchenhaft?
Ja, mein Leben ist ein Märchen, ich bin privilegiert. In erster Linie weil ich einen schönen, intelligenten und aufrichtigen Ehemann habe. Und natürlich wegen unserer drei Kinder. Ich zwicke mich täglich in den Arm und erinnere mich daran, dass ich all dies schätzen muss.
Welches sind die weniger glückliche Momente in Ihrem Leben?
Ich bin immer wieder traurig. Aber dann lache ich mit meiner Familie, und alles ist gut. Wenn ihr etwas geschehen würde, wäre alles andere wertlos. Ihr Leben ist alles, was zählt. Geld spielt da keine Rolle.
Sind Sie eine strenge Mutter?
Ich bin nicht streng. Ernesto als Italiener ist extrem familienorientiert, und auch ich habe von der englischen Seite einen solchen Sinn mitbekommen. Die Kinder waren schon für meine Mutter das Zentrum des Lebens.
Welche Werte vermitteln Sie Ihren Kindern?
Respekt vor anderen, egal, wer oder was sie sind. Würden unsere Kinder die Bodenhaftung verlieren, würden wir sofort eingreifen. Wir lehren sie jeden Tag, dass sie hart arbeiten müssen, um etwas zu erreichen. Sie erhalten nicht einfach alles, was sie sich wünschen. Auch wenn dies finanziell möglich wäre. Die Ethik ist uns sehr wichtig.
Das klingt sehr harmonisch.
Natürlich habe ich keinen magischen Erziehungszauberstab. Und es kracht auch bei uns mal. Aber ich lasse meinen Kindern viel Selbständigkeit, da ist das die Konsequenz daraus.
Kommen Ihre Kinder denn mehr nach Ihnen oder nach Ihrem Mann?
Wenn Chiara lacht, sehe ich Ernesto. Sie strahlen beide eine grosse Ehrlichkeit aus. Falco ist sehr kreativ und eher nachdenklich. Das hat er von mir. Und mein Kleiner liebt das Segeln – wie Ernesto.
Wie schaut denn ein perfekter Sonntag in Ihrem Leben aus?
Ich schlafe gerne aus, aber die Kinder lassen das fast nie zu. Wir spielen oft Tennis vor dem Mittagessen. Und dann mache ich meinen berühmten Yorkshire Pudding oder mein Roastbeef. Am liebsten essen die Kinder aber Ernestos Pasta – das geht mir schon etwas auf die Nerven (lacht).
Sie kochen selbst?
Wenn es geht, ja. Unsere Kinder haben am liebsten unser Essen, obwohl wir zu Hause einen Koch beschäftigen.
Die Wintersaison steht vor der Türe. Wird man Sie die Pisten runtersausen sehen?
Mittlerweile liebe ich es mehr, alleine durch den Schnee zu wandern und dabei nachzudenken. Die Einsamkeit hilft mir, meine Gedanken zu ordnen.
Es gibt keine romantischen Spaziergänge mit Ihrem Gatten?
Doch, doch. Manchmal. (Lacht) Ernesto und ich haben aber ein anderes Beziehungsritual. Wir machen jeden Sonntag zusammen einen Ausflug auf unserem Tandemvelo.
Und wer sitzt vorn?
Ernesto! Aber ich bin der Motor (lacht)!
Sie waren einst eine Schönheitskönigin …
Oh, das ist eine sehr, sehr lange Zeit her! Ich kann mich kaum erinnern (lacht).
Sie schauen aber nicht viel älter aus als damals. Was ist Ihr Schönheitsgeheimnis?
Ich trinke jeden Tag Wasser mit Agavensirup, Zitrone und Ingwer. Das ist ein Zauberdrink! Er ist super für die Stimme und gibt mir Kraft. Heute vertrage ich auch fast keinen Alkohol mehr. Wein trinke ich immer mit Eiswürfeln, damit er verdünnt ist. Ich weiss, das ist nicht sehr Rock ’n’ Roll, aber da muss ich dem Alter Tribut zollen.
Wie lange brauchen Sie morgens vor dem Spiegel?
Viel zu lange! Mit 43 muss ich mich pflegen, von alleine strahlt die Haut nicht mehr. Zum Glück habe ich meine Figur aber beibehalten können, ich wiege noch immer gleich viel wie mit 20.
Feiern Sie manchmal auch eine Party wie mit 20?
Feiern passt nicht in unser Leben. Wir existieren für unsere Kinder, meine Musik und nicht zuletzt auch für unsere Stiftung. Ich fahre meine Kinder morgens lieber zum Rugby, als wegen der Party vom Vorabend noch im Bett zu liegen.
Wofür geben Sie unvernünftig viel Geld aus?
Für Gesichtscremen, ich benutzte extrem viele. Aber am liebsten gebe ich Geld für Weihnachtsgeschenke für die Kinder aus. Ich habe schon im September begonnen und muss schauen, dass es nicht zu viele werden.
Weihnachten verbringen Sie sicher in Ihrem Chalet in Gstaad.
Ja, in diesem wunderschönen Dorf fühle ich mich daheim. Die Kinder gehen im Winter in Gstaad zur Schule. Wenn ich durchs Dorf spaziere, habe ich das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben. Es gibt so viel Nostalgie und natürliche Schönheit hier. Dafür bewundere ich die Schweizer sehr: Ihr habt es geschafft, dieses Erbe zu erhalten. Diese Umgebung hilft uns, auf dem Boden zu bleiben.