Kinostar Joel Basman (29)
«Büezer sind das Herz unserer Gesellschaft»

Er ist der erfolgreichste Schweizer Schauspieler: Joel Basman (29) könnte demnächst zum zweiten Mal ins Oscar-Rennen steigen. Doch sein Herz schlägt vor allem für Bauarbeiter.
Publiziert: 12.09.2019 um 23:17 Uhr
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Joel Basman beim Interview mit BLICK in Zürich.
Foto: JESSICA KELLER
Dominik Hug

Er kommt gerade vom Boxtraining: Joel Basman (29) ist noch leicht ausser Atem, als er zum Interview mit BLICK erscheint. Der Zürcher Schauspieler scheut sich nicht, hart anzupacken. Auch nicht in seinem neuen Film «Büezer». 

BLICK: Kennen Sie die BüetzerBuebe?
Joel Basman:
Natürlich, um die kommt momentan ja keiner herum. Ich finde es super, was Gölä und Trauffer da abziehen. Aber ich bin ohnehin schon ein langjähriger Gölä-Fan. «I hätt no viu blöder ta» ist eines der besten Mundartlieder überhaupt.

Ihr neuer Film heisst «Der Büezer». Zufall, dass er gerade jetzt herauskommt?
Oh ja, mein Jugendfreund Hans Kaufmann hat sich über zwei Jahre mit dem Projekt beschäftigt – als Drehbuchautor und Regisseur. Nun ist der Film endlich da.

Was hat Sie an dieser Low-Budget-Produktion gereizt?
Hans hat mir die Rolle auf den Leib geschrieben. Ich war von Anfang an extrem stark involviert, konnte meine Rolle auch prägen. Bei grösseren Filmen hat man als Schauspieler in der Regel ja keinen grossen Einfluss. Da bekommt man einfach das Drehbuch und muss dann liefern, was von einem verlangt wird. 

Warum handelt der Film ausgerechnet von einem Büezer?
Weil Büezer das Herz unserer Gesellschaft sind. Und dennoch bekommen all die Handwerker, Elektromonteure, Zimmermänner, Maler, Sanitäre und Gipser heute nicht mehr die Anerkennung, die sie eigentlich verdienen. Ich habe das selbst erlebt bei der Vorbereitung zum Film. Ich trug einen Blaumann und fuhr mit dem Tram zu einer Baustelle. Da wollte sich kaum jemand neben mich setzen. 

Wie lange waren Sie auf dem Bau?
Eine knappe Woche. War super, in diese Welt einzutauchen, die von so vielen unterschätzt wird. Um 6.30 Uhr wurde ich abgeholt, dann fuhren wir – alles Sanitäre – auf die Baustelle. Ich habe ein Bahnhofshäuschen umgebaut, ein paar Leitungen aufgeschnitten, Lüftungsschächte herumgetragen und allen weiblichen Wesen nachgestarrt (lacht)

Was haben Sie gelernt?
Wir sollten uns zwischendurch einfach wieder einmal vor Augen halten, dass es nicht selbstverständlich ist, ein warmes Dach über dem Kopf, eine funktionierende Toilette oder TV-Fernbedienung zu haben. Das alles hat uns allen irgendwann irgendjemand möglich gemacht.

Von Bauarbeitern zu Hollywood-Stars: Sie haben schon mit George Clooney, Angelina Jolie und Bill Murray gedreht. Wer beeindruckte Sie am meisten?
Imponiert hat mir Ralph Fiennes, mit dem ich vor kurzem einen Monat für «The King’s Man» vor der Kamera stand. Fiennes drehte alle Stunts selbst. Was für eine Maschine! Er steht um 4 Uhr auf, macht dann eine Stunde Fitness, später gehts aufs Filmset. Nach dem Dreh rauscht er wieder ins Fitnessstudio, dann gleich ins Bett. Krass. Auch Rami Malek ist ein super Typ. Wir drehten vor zwei Jahren zusammen «Papillon» und schreiben uns noch heute zwischendurch E-Mails.

Ihr letzter Film war der Kinohit «Wolkenbruch», der nun vielleicht sogar für einen Oscar nominiert wird. Wie wichtig wäre dieser Preis?
Wir wissen erst Ende Jahr definitiv, ob wir es schaffen. Aber die Nominierung wäre natürlich genial. Ich mache mir allerdings nichts vor, die Konkurrenz ist gewaltig. Zurzeit passieren viele schlechte Sachen auf der Welt, entsprechend viele gute Filme werden gedreht.

Wie kommt das?
Je unsicherer die Zeiten, umso besser ist in der Regel die Kunst, die ihnen entspringt. Ich finde es allerdings schon eine gewaltige Leistung, dass «Wolkenbruch» demnächst international auf Netflix laufen wird. Da wird man plötzlich auf der ganzen Welt gesehen. Für den Film und für mich als Schauspieler ist das von unschätzbarem Wert. 

Es wäre bereits Ihre zweite Oscar-Verleihung. 2017 waren Sie mit dem dänischen Film «Land of Mine» nominiert.
Richtig. Das war eine geniale Erfahrung. Aber auch der Deutsche Filmpreis hat mir viel Anerkennung eingebracht. Dennoch: Ein Preis oder eine Nomination machen dich noch lange nicht zum Star, da darf man sich nicht zu viel erhoffen.

Zur Zeit der Oscar-Verleihung werden Sie 30 Jahre alt. Mit welchen Gefühlen beginnen Sie Ihr neues Jahrzehnt?
Ich merke natürlich, dass ich älter werde. Ich kann nicht mehr bis 8 Uhr früh festen. Ich schaue besser zu mir, teile meine Energie souveräner ein. Das schöne am Älterwerden: Man kann schon auf ein paar Dinge zurückschauen. Man lernt zwar nie aus im Leben, aber mit der Zeit weiss man, dass man nicht mehr jeden Mist mitmachen muss. Panik habe ich jedenfalls keine vor meinem Geburtstag. 

Wirkt sich Ihr Alter auch auf Ihren Beruf aus?
Sicher. Für mich mit meinem jugendlichen Aussehen wird es eine grosse Herausforderung, auch in ernsthaften Männerrollen, beispielsweise als berufstätiger Vater, besetzt zu werden. Aber dieser Schritt ist für jeden Schauspieler, der bereits in jungen Jahren viele Filme drehte, schwierig. Schauspielerinnen erleben eine ähnlich schwierige Phase mit 40, wenn sie plötzlich nicht mehr die begehrenswerte junge Frau verkörpern können. Da muss man sich neu erfinden können. Unser Körper und unser Gesicht sind unsere Instrumente, sie sind das A und O in diesem Beruf. 

Durchbruch mit 14

Joel Basman feierte vor 15 Jahren in der SRF-Serie «Lüthi und Blanc» seinen Durchbruch. Seither avancierte er zum meistbeschäftigten Schauspieler des Landes. 2008 gewann er den Schweizer Fernsehpreis, 2015 sogar den Deutschen Filmpreis. Mit seinem Auftritt in «Monuments Men» von George Clooney (57) sammelte er 2014 erste Hollywood-Erfahrungen. Kürzlich war er in der Neuverfilmung des 1973er-Klassikers «Papillon» zu sehen. Mit «Wolkenbruch» bewirbt sich die Schweiz um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Basman lebt im Zürcher Niederdorf, nicht weit vom Modeatelier seiner Eltern entfernt, für das er auch eigene Kollektionen entwirft. Sein neuster Film, «Büezer», läuft seit gestern in den Kinos. 

Joel Basman feierte vor 15 Jahren in der SRF-Serie «Lüthi und Blanc» seinen Durchbruch. Seither avancierte er zum meistbeschäftigten Schauspieler des Landes. 2008 gewann er den Schweizer Fernsehpreis, 2015 sogar den Deutschen Filmpreis. Mit seinem Auftritt in «Monuments Men» von George Clooney (57) sammelte er 2014 erste Hollywood-Erfahrungen. Kürzlich war er in der Neuverfilmung des 1973er-Klassikers «Papillon» zu sehen. Mit «Wolkenbruch» bewirbt sich die Schweiz um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Basman lebt im Zürcher Niederdorf, nicht weit vom Modeatelier seiner Eltern entfernt, für das er auch eigene Kollektionen entwirft. Sein neuster Film, «Büezer», läuft seit gestern in den Kinos. 

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