Joel Basman über Heimat und Hollywood
«George Clooney ist ‹en luschtige Siech›»

Der Zürcher Schauspieler Joel Basman begeistert in der Neuverfilmung des Kultfilms «Papillon» von 1973. Doch wie läuft das eigentlich hinter den Kulissen ab, Herr Basman?
Publiziert: 29.07.2018 um 16:49 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:19 Uhr
Inteview: Dominik Hug

Lässig angezogen erscheint er zum Interview-Termin. Er bestellt einen Espresso, zündet sich eine selbst gedrehte Zigarette an. Dann beginnt Joel Basman (28) zu erzählen: über Geld, George Clooney (57), die 50-Millionen-Produktion «Papillon» ...

Sie haben einen grossen Auftritt im neuen «Papillon». Wie haben Sie das geschafft?
Joel Basman:
Der Regisseur wollte, dass meine Rolle von einem Europäer besetzt wird. Das Auswahlverfahren war sehr kompliziert: Ich musste mehrere Probeaufnahmen machen, dann habe ich mehrmals via Skype mit dem Regisseur gesprochen. Ich wusste lange Zeit nicht, ob ich eine Chance habe. Eines Abends, es war schon 22 Uhr, hiess es plötzlich: Alles okay, du musst in einer Wochen in Montenegro sein, dann beginnen die Dreharbeiten.

Geschieht das immer so ruck, zuck?
Nein. Vor allem nicht bei solch grossen Rollen. Immerhin hatte ich 25 Drehtage, das sind viele. Normalerweise wird einem früher mitgeteilt, dass man im Rennen ist. Nur schon, um sich entsprechend vorbereiten zu können. Doch Flexibilität gehört zu diesem Beruf. Es ist immer möglich, dass ein Schauspieler kurzfristig ausfällt und Ersatz gesucht wird.

Wie haben Sie sich vorbereitet?
Zum Glück boxe ich gern, ich bin also ziemlich gut in Form. Zu muskulös durfte ich allerdings auch nicht sein, da ich einen Gefangenen in einem Hardcore-Knast auf Neuguinea in den 30er-Jahren spiele. Die Leute dort waren ausgemergelt, oftmals dem Tode nahe. Ich pflasterte mein Hotelzimmer vor Ort mit 300 Fotos zu: Leichenfotos, Knastzeichnungen, Originalaufnahmen von damals. Irgendwann glaubte ich, tatsächlich in jener Zeit gelebt zu haben.

Sie spielten in vielen Schweizer Filmen, auch in einigen «Tatort»-Folgen mit. Was ist anders bei solchen Hollywood-Produktionen?
Man merkt an jeder Ecke, dass viel Geld vorhanden ist. Nur schon für die Maske war ein Team von 15 Leuten zuständig. 24 Stunden am Tag standen Handwerker und Maler herum, die sofort etwas reparierten, übermalten oder neu bauten. Die Crew beinhaltete 250 Leute, zeitweise wurden auch noch 250 Statisten aufgeboten. Für jeden Nagel, für jedes Härchen war jemand verantwortlich.

Können bei diesen Megaproduktionen auch Freundschaften entstehen?
Ja. Mit Hauptdarsteller Charlie Hunnam beispielsweise wechsle ich noch heute zwischendurch ein Mail. Ein super Typ!

Wie war es in Ihrer anderen Hollywood-Vefilmung, «The Monuments Men» von 2013?
Natürlich war es cool, mit George Clooney, John Goodman und Bill Murray zu arbeiten. Aber für diesen Film stand ich nicht so lange vor der Kamera, als dass sich Beziehungen hätten aufbauen können. Clooney ist ein völlig entspannter Typ, ‹en luschtige Siech›! Aber von ihm kriege ich heute leider keine Postkarte mehr geschickt (lacht).

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Joel Basman im Gespräch mit SonntagsBlick-Redaktor Dominik Hug.
Foto: Stefan Bohrer

Wollten Sie nie nach Hollywood auswandern?
Nein, ich bin in der Schweiz zu Hause. Durch die zunehmende Globalisierung ist es auch gar nicht mehr nötig, in Los Angeles zu leben. Via Skype kann man mit jedem überall auf der Welt direkt kommunizieren. Schaut man sich die grossen Filme von heute an, sind auch längst nicht mehr alle nur mit US-Schauspielern besetzt. Ausserdem will ich diese Art Filme auch nicht überbewerten.

Wie meinen Sie das?
Sicher ist es eine Ehre, in Hollywood-Filmen mitzuspielen. Aber es ist nicht alles. Für mich zählt vielmehr, dass ich in guten Filmen mitwirken darf. Das können mal grössere Produktionen, mal kleinere sein. Mal deutsche, amerikanische oder schweizerische.

Haben Sie eine Traumrolle?
Schon seit meinen Teenager-Jahren würde ich gerne den Bond-Bösewicht spielen. Seither merkte ich aber, dass Traumrollen nicht immer die offensichtlichen sein müssen. Auch der kleine Psycho hat seinen Reiz. Und den spielte ich schon oft. Ich hatte also schon etliche Traumrollen.

Nach Stefan Gubsers Abschied als «Tatort»-Kommissar wird noch immer ein Nachfolger gesucht. Wäre das eine Traumrolle?
Diese Rolle wäre höchstens am Ende meiner Karriere spannend. Ich glaube, wenn man sich in den Köpfen der Zuschauer als «Tatort»-Kommissar verankert hat, ist es schwierig, noch für andere Rollen engagiert zu werden. Ich will weiterhin vielseitig arbeiten können und nicht auf nur eine Rolle festgelegt werden.

Gibt es Rollen, die Ihnen heute peinlich sind?
Nein, jede einzelne machte zu ihrer Zeit Sinn. Ich war in «Alarm für Cobra 11» zu sehen, obwohl ich dieses Format nicht jeden Abend schauen würde. Aber ich war halt auch jung und brauchte das Geld (lacht).

Wussten Sie schon früh, dass Sie Schauspieler werden wollen?
Ja, bereits in der Schule hatte ich Spass an Theateraufführungen. Auch Filme haben mich früh angezogen. 2004 hat eine Nachbarin meine Eltern darauf aufmerksam gemacht, dass die Macher von «Mein Name ist Eugen» junge Schauspieler suchen. Ich ging hin, doch es klappte nicht. Dafür erhielt ich die Rolle in «Lüthi und Blanc».

Mit der Schoggi-Soap wurden Sie über Nacht bekannt.
Genau. Ich werde noch heute oft darauf angesprochen. Sehe ich die alten Bilder, ist es, als ob ich ein Kinderalbum angucke.

Ein anderer Beruf hat Sie nie gereizt?
Nein. Ich habe die Sekundarschule fertig gemacht, das wars. Heute würde mich forensische Anthropologie noch interessieren. Das sind die Leute, die geholt werden, wenn nur noch Knochen herumliegen. Ich bin ein grosser Fan von Simon Becketts «Die Chemie des Todes». Ich finde es ungeheuer spannend, wie man beispielsweise anhand von Fliegenlarven herausfinden kann, unter welchen Umständen jemand starb.

Hat «Papillon» Sie jetzt reich gemacht?
Nein. Ich bin ja kein internationaler Star, der durch sein Mittun Millionen Menschen in die Kinos lockt. Ich wurde gut entlöhnt, mehr nicht. Man darf nicht vergessen: Es gibt unzählige Schauspieler, die eine solche Rolle auch gratis übernehmen würden. In meinem Beruf muss man damit klarkommen, dass man in einem Monat mehr verdient, im nächsten Monat nichts. Als Schauspieler kann man nicht gross planen, das braucht manchmal Nerven.

Welche Eigenschaften braucht es als Schauspieler sonst noch?
Man sollte eine Faszination haben für die Abgründe der menschlichen Seele. Man darf nicht mehr in Gut und Böse denken. Für die TV-Miniserie «Clash of Futures» verkörperte ich kürzlich den Nazi-Massenmörder Rudolf Höss. Hätte ich den einfach als Monster abgetan, hätte ich ihn nicht spielen können. Also begann ich mir vorzustellen, dass auch er nicht auf die Welt kam und gleich den Hitlergruss machte. Er musste also eine Entwicklung durchmachen. Und die nachzuvollziehen, macht für mich den ganzen Reiz aus.

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