Instagram verabschiedet sich von seinen Likes: In einer Testphase will der Social-Media-Gigant in den kommenden Tagen die Like-Zahlen einiger US-User verbergen, wie Instagram-CEO Adam Mosseri (36) vor wenigen Tagen an einer Konferenz in San Francisco verkündete.
Die Person, welche ein Foto oder ein Video teilt, sieht dabei nach wie vor, wie vielen Leuten der Beitrag gefällt. Den Usern, welche den Post sehen, bleibt die Anzahl Likes verborgen. «Die Idee dahinter ist, jungen Menschen den Druck zu nehmen und Instagram weniger als Wettbewerb zu verstehen», sagt Adam Mosseri. «Sie sollen sich auf die Verbindung zu Leuten fokussieren, die sie lieben.» Bereits in Australien, Brasilien, Kanada, Irland, Italien, Japan und Neuseeland wurde das Verstecken von Likes bereits getestet.
«Likes sind ein Motivations-Faktor»
Doch was bedeutet die Massnahme für Influencer? Der Erfolg von Bloggern hängt von der Anzahl Abonnenten und Likes ab. Was passiert, wenn dieser Messwert plötzlich nicht mehr für alle sichtbar ist? Unter Influencern löst der Schritt der Plattform Unsicherheit aus. «Likes sind ein Motivationsfaktor», sagt die kanadische Lifestyle-Bloggerin Kate Weiland (351'000 Insta-Fans) zu «Business Insider». Ohne die Herzli sei es so, als gäbe es «nach dem Auftritt keinen Applaus des Publikums». Sie gibt zu, dass es ein «Dämpfer» sei, für einen Post nicht mit Likes überflutet zu werden.
Rap-Star Nicki Minaj (36, 107 Mio. Insta-Follower) droht gar, Instagram künftig zu boykottieren. «Ich werde ab dieser Woche nichts mehr auf Instagram posten, weil sie die Likes entfernen», schrieb sie bei Twitter. «Was gibt es sonst noch so? Denkt nur an all die Zeit, die ich in meinem neuen Leben habe.»
Xenia Tchoumi glaubt nicht, dass Like-Aus funktioniert
Auch für Schweizer Influencer sind die versteckten Likes ein Thema. Xenia Tchoumi (1,6 Mio. Follower), eine der erfolgreichsten Schweizer Influencerinnen, ist skeptisch. «Das ist in der Theorie eine gute Idee. Leute konzentrieren sich so mehr auf den Content und nicht auf die Eitelkeit der Like-Anzahl», sagt sie zu BLICK. «Aber ich glaube nicht, dass es funktionieren wird. Leute werden andere Arten finden, um Erfolg zu messen. Die Leute werden sich jetzt auf die Kommentare konzentrieren – oder das Interesse an Instagram verlieren und sich anderen Apps zuwenden.»
«Auch ich spüre den Druck, viele Likes zu erhalten»
Doch was bedeutet das für das Geschäft der Schweizerin? «Schlussendlich ist es schlecht für mich, da ich mit vielen Brands zusammenarbeite und mein Like-Engagement hoch und gut ist. Die Marken sehen das gerne. Es zeigt, dass mein Publikum an dem, was ich tue, wirklich interessiert ist und meinen Content sehen will.» Ohne die Anzeige von Likes sei es schwieriger, einem Kunden zu zeigen, wie ein Post bei den Fans ankommt. «Auch ich spüre den Druck, viele Likes zu erhalten. Schliesslich bedeuten diese, dass es die Leute interessiert.
«Bleiben Likes aus, kann das schlecht für den Selbstwert sein»
Morena Diaz (26, 72'000 Follower) kämpft bei Instagram gegen den Schönheitswahn. Die Schweizer Bloggerin begrüsst den Schritt von Instagram: «Ich fände es grundsätzlich gut, wenn man Likes abschaffen würde», sagt sie. «Bleiben Likes aus, kann das schlecht für das Selbstwertgefühl sein.» Aber auch Diaz glaubt, dass es dem Geschäft schaden könnte, wenn die Herzli dauerhaft ausgeblendet werden. Trotzdem: «Wir hätten aber immer noch die Followeranzahl und die Interaktionsrate in Form von kommentierenden Followern, mit denen man messen könnte. Das Problem wird verlagert», erklärt sie. Diaz selbst habe sich mittlerweile von der «Like-Abhängigkeit» und dem Druck, möglichst gut zu performen, distanziert.
Fitness-Star Cindy Landolt (33, 649'000 Follower) findet die Aktion von Instagram schade. «Wenn jetzt die Likes verborgen werden, fehlt definitiv etwas», sagt sie. Ändern werde sich für sie deshalb allerdings nichts. «Klar freut man sich über die Likes und Followers, aber ich messe damit nicht meinen Erfolg», so Landolt.
«In den sozialen Netzwerken sollte es um Inhalt gehen»
Starwerber und Markenexperte Frank Bodin (57) begrüsst den Schritt von Instagram. «Das ist sehr gut! In den Online-Netzwerken sollte es um Inhalt gehen – und nicht um den Stress, Likes zu generieren.» Bei Marken gehe es um Glaubwürdigkeit. Schon heute gehe beim Wettkampf nach Likes nicht immer alles mit rechten Dingen zu. «Es gibt Fake-Profile oder Klick-Farmen.»
Eine Marke sei nicht automatisch erfolgreich, nur weil sie über viele Likes verfüge. «In der ganzen Like- und Herzli-Hysterie geht der Inhalt verloren. Viele vergessen in den digitalen Medien die Qualität.» Dass Instagram die Like-Jagd abschaffen will, sei wohlüberlegt, ist sich Bodin sicher. Instagram habe eine sehr gute Stellung, wachsende Follower-Zahlen und sei sehr beliebt. «Damit es so bleibt, muss sich Instagram weiterentwickeln. Eine Plattform, die zu Stress und Mobbing führt, das kann nicht das Ziel sein.»