Max Sieber (78), Regisseur von TV-Strassenfegern wie «Teleboy» oder «Benissimo», erinnert sich an eine Party, an der sich Peter Alexander (1926–2011) an ein Klavier setzte. «Er sass da, ganz in sich versunken, und spielte hervorragend Jazz», erinnert Sieber sich.» Privat sei der Künstler stets der introvertierte und bescheidene Peter Neumayer gewesen, wie Alexander bürgerlich hiess. Die Rolle des Entertainers, der mit Frohsinn, bubenhaftem Charme und viel Schmäh das Publikum verzauberte, habe er ein Leben lang nur gespielt.
Max Sieber assistierte während den grossen Zeiten von Peter Alexander bei Star-Regisseur Ekkehard Böhmer (1929–2014). Die beiden inszenierten die Shows «Einer wird gewinnen» von Hans-Joachim Kulenkampff (1921–1998) und die Sendungen mit Peter Alexander. Letzterer sendete jeweils nur einmal um die Weihnachtszeit und holte bis zu 40 Millionen Zuschauer vor den Bildschirm. «Sich rar zu machen, war sein Erfolgsgeheimnis», weiss Sieber. «Hinter diesem Kalkül steckte seine geschäftstüchtige Frau Hilde.»
«Schnurrdiburr» zeigte die Krallen
Mit «Schnurrdiburr», wie Peter Alexander seine Hilde (1922–2003) liebevoll nannte, verband ihn 50 Jahre eine Liebes- und Geschäftsbeziehung. Keinen einzigen Tag waren sie getrennt. Hilde war Geliebte und Managerin. «Sie war immer dabei, überwachte alles – und das höchst erfolgreich», erinnert sich Max Sieber. Ihr grösster Ärger sei nur gewesen, dass sie pro Jahr nur eine Show verkaufen konnte, Peter weigerte sich strikt, weitere Shows zu drehen. «Er wollte lieber in einem kleinen Laden in Zürich-Oerlikon seine Utensilien kaufen, um dann im Doubstal im Jura fischen zu gehen.»
Zwar fusste Peter Alexanders Karriere auf viel Fleiss und grossem Talent – er konnte singen, tanzen und parodieren – aber ohne die Symbiose mit seiner Frau wäre er wohl nie zum grössten Popstar der Nachkriegszeit geworden. Seine Frau drängte ihn, zuerst in 39 Filmen den stets überdrehten Charmeur zu spielen.
Bei Küssen musste Hilde aber raus
Legendär ist die Geschichte um die Schlussszene der Komödie «Im weissen Rössl». Peter Alexander sollte die Schauspielerin Waltraud Haas (93) küssen – doch Hilde beobachtete die Szene skeptisch, bis der Regisseur sie vom Set verbannte. «Dann hat er mich schnell gepackt und zweimal leidenschaftlich geküsst», erinnert sich die Schauspielerin an die Szene mit Peter Alexander.
Als das Fernsehen immer erfolgreicher wurde, machte Hilde ihren Peter zur Gute-Laune-Maschine. Er war der ewige Lausbube – immer nahe beim Publikum. Einer, mit dem man wie in seinem grössten Hit «Die kleine Kneipe» gerne im «Beisl» anstösst.
Zeitlebens litt er an Lampenfieber
Während Udo Jürgens (1934–2014) auch sozialkritische Lieder sang, hielt sich Alexander politisch stets zurück. «Das Wichtigste im Leben ist, dass man das Gute sieht», sagte er einmal. Das Gute fand er auch im malerischen Morcote. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Tessiner Fischerdorf äusserst hip bei jungen Leuten. Dort kaufte sich der Sänger 1957 für 3,7 Millionen Franken eine Villa, die er bis 1990 behielt. Auch Schauspielerin Romy Schneider (1938–1982) besass dort ein Ferienhaus. Dass Peter Alexander die heile Welt der Nachkriegszeit zelebrierte, stiess der linken Presse später auf. Doch er brauchte den Rückzug in die Idylle. So begabt er auch war, die Bühne wurde nie sein Zuhause. Zeitlebens litt er an Lampenfieber, das im Laufe seiner Karriere immer stärker wurde. Vor jeder Show zwang ihn Hilde, abzunehmen. Diäten hasste er aber wie der Teufel das Weihwasser.
Es war Hilde, die ihn stets anspornte. Während allen Proben sass sie immer hinter den Regisseuren. «Sie reklamierte dauernd die Kameraeinstellungen und zu wenig Licht auf Peter», erzählt Max Sieber. «Die nächste Show können Sie für zwei Millionen haben», habe sie einmal gesagt. Niemand habe die Firma XY gekannt, welche die Sendung herstellen sollte. «Können Sie auch nicht», habe sie geantwortet. «Die Firma habe ich gestern gegründet und ich produziere die Sendung selber.»
Fürs Geschäft attestiert Max Sieber ihr durchaus Talent. «Ohne sie hätte Peter Alexander nie so eine grosse Karriere gemacht», hält er fest. «Ähnliche Beziehungsmuster findet man nur noch bei den Ehen von Vico Torriani und dem Geiger Helmut Zacharias – auch sie hatten Frauen hinter sich, die sie anspornten.»
Mitte der 90er-Jahre der Rückzug vom TV
1996 kam das Aus für die Peter-Alexander-Show. Der ORF, der seine Show produzierte, hatte das Budget gedrosselt – Hilde wollte nicht mehr. Im BLICK sagte er damals: «Gewisse Journalisten machen mich zwar zum Pflegefall, zum alten Menschen. Blödsinn, mir geht es gut!» Aber vermutlich war er nicht ganz unglücklich, nicht mehr auf die Bühne zu müssen. Max Sieber erinnert sich, wie sich Hilde einmal bei ihm beklagte, dass sie sich von Produzenten oft unhöflich behandelt fühlte. «Solange sie uns brauchen, werden wir hofiert, wenn sie uns nicht mehr brauchen, fliegen wir sowieso raus.» Damit habe sie wohl recht behalten.
2003 starb die Frau, die Peter Alexander 50 Jahre lang begleitete. Hilde starb mit 81 Jahren an den Spätfolgen eines Oberschenkelhalsbruches. Sie war gestürzt, lag zuvor 500 Tage im Krankenhaus. Sechs Jahre später stirbt Tochter Susanne bei einem Autounfall in Thailand – mit erst 50 Jahren. Daran ist Peter Alexander endgültig zerbrochen. Auch Sohn Michael und die beiden inzwischen erwachsenen Enkel Marlene (22) und Philip (20) konnten ihn nicht mehr trösten.
Peter Alexander hatte die Lebenslust verloren. Der Mann, der nie eine Aktie kaufte, sondern nur Grundstücke. Der einen alten Mercedes 500 SEL fuhr: «1,5 Millionen Kilometer ohne Unfall!» Der Schweinsbraten mit Knödeln, Spaghetti Carbonara, Curry-Geschnetzeltes und abends auch ein Glas Rotwein liebte. Der im Keller eine grosse Spielzeug-Eisenbahn besass – er starb einsam. «Er blieb bis zuletzt der Peter Neumayer», ist sich Max Sieber sicher.
SRF 1 zeigt am Samstag um 14 Uhr die Komödie «Die Abenteuer des Grafen Bobby» mit Peter Alexander (1961).
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