Die Ungewissheit ist Konzept: In der neuen fünfteiligen Reihe «SRF Heimatland – Mona mittendrin» (heute, SRF 1, 21.05 Uhr) wird Mona Vetsch (42) an Orte geschickt, ohne dass sie vorher weiss, wohin. So landet die Thurgauerin in der ersten Folge im Männerknast Saxerriet im Rheintal. Das einzige Frauengefängnis der Deutschschweiz – die Justizvollzugsanstalt Hindelbank – hatte abgesagt. Man hatte Bedenken wegen der Persönlichkeitsrechte der Insassinnen.
BLICK: Frau Vetsch, was war das für ein Gefühl, als Frau unter männlichen Sträflingen zu sein?
Mona Vetsch: Eigenartig. Aber auch die Männer im Team hatten ein gschpässiges Gefühl. Das Personal hat mir erzählt, dass sogar viele verurteilte Häftlinge am Anfang grosse Mühe haben mit der Gefängnisatmosphäre. Das verstehe ich gut. Es ist wirklich beklemmend.
Hatten Sie nie Angst?
Nein.
Sie haben mit Dave, der wegen Körperverletzung und Nötigung eine mehrjährige Haftstrafe absitzt, in einer Garage gearbeitet. Wie ging das?
Gut. Ich mag Autos und chlüttere gern. Und er war sehr offen. Auch dann, wenn ich ihm unangenehme Fragen gestellt habe.
Kommt man nicht in Versuchung, dass man seine Taten durch die entstehende Nähe verharmlost?
Eine gute Frage. Im Gespräch mit ihm spürt man genau diese Ambivalenz bei mir. Darf man einen verurteilten Straftäter sympathisch finden? Oder soll man ihm am besten gar nichts glauben?
Es gibt den bekannten Fall der Gefängniswärterin Angela Magdici, die den Sexualstraftäter Hassan Kiko befreite. Können Sie das nachvollziehen?
Ich habe die angestellten Frauen im Saxerriet darauf angesprochen. Sie alle sagen: Wir können uns das überhaupt nicht vorstellen.
Was war das Schlimmste am Gefängnisalltag?
Das Misstrauen war anfangs gross. Ist ja klar. Unter den Eingesperrten waren wir mit der Kamera die Eindringlinge. Es haben sich dann aber doch mehr Leute filmen lassen, als wir am Anfang dachten.
Ob auf Reisen zu den Eisbären, bei Limousinen-Fahrten mit Politikern oder jetzt in Ihrer neuen Sendung «Mona mittendrin»: Sie sind selber Teil Ihrer Sendungen. Sind Sie eine Selbstdarstellerin?
Nein, ich bin Reporterin. Bei «Mona mittendrin» würde Selbstdarstellung sowieso nicht funktionieren. Ich weiss ja vorher nie, wo ich lande und was mich erwartet. Das bestimmt die Redaktion. Wenn so viel Neues auf dich zukommt, hast du keine Zeit, an dich selbst zu denken.
Geht es nicht ohne Sie?
Jeder ist ersetzbar. Ich auch.
Dass Sie in fremde Welten abtauchen – war das Ihre Idee?
Nein. Aber ich habe mich sehr gefreut, dass die Abteilung Unterhaltung auf mich zugekommen ist. Die neue «Heimatland»-Serie am Donnerstagabend hat ja das Ziel, neue Formate und Erzählstile zu entwickeln, um das Zusammenleben in der Schweiz zu zeigen. Es ist spannend, daran mitarbeiten zu können.
Erlaubt das Fernsehen einem, in einer Art Selbsterfahrungstrip, Dinge auszuprobieren, die man sonst nie erleben könnte?
Wenn ich als Reporterin ins Gefängnis gehe oder im Asylzentrum wohne und den Alltag der Menschen dort teile, dann mache ich das stellvertretend für unsere Zuschauer. Sie sollen einen Einblick bekommen in einen Teil des Lebens in der Schweiz, den man sonst nicht so direkt miterleben kann. Und je nach Ort auch nicht unbedingt miterleben will.
Sie sind oft auf Achse. Ist Ihnen mal auf einer Reise passiert, dass Sie fast im Gefängnis gelandet wären?
An einem Seenachtsfest bin als Teenie mal über den Grenzzaun zu Deutschland geklettert. Wir dachten, das sei ein Fussballhag! Und der australischen Polizei war mein Fahrstil im Kreisel zu sportlich. Ich musste ins Röhrchen blasen. Aber zum Glück trinke ich ja nicht.
Welches Ihrer Experimente für die neue Sendereihe hat Sie am meisten gefordert?
Als wir mit den Bestattern eine verstorbene Frau abholten. Vorher hatte ich Angst. Als ich sie dann sah, war ich erleichtert. Sie sah sehr friedlich aus.
Sie sind auch in die Schlagerszene eingetaucht. Hören Sie jetzt Schunkel-Musik?
Nein. Aber ich habe grossen Respekt vor den Schlagerstars. Gute Laune auf Knopfdruck herzustellen, ist harte Arbeit.
Und wann nehmen Sie Ihre erste Platte auf?
Gott bewahre! Ich kann nicht singen und spiele kein Instrument. Ausser Blockflöte.
In der Sendung wandeln Sie auch auf einem Friedhof. Wie war das?
Bittersüss. Ich bewundere die Menschen, die dort arbeiten. Schön war das Gespräch mit einem Mann, der das Grab seiner Frau täglich besucht. Auf dem Friedhof zeigt sich ganz viel Liebe.
Machen Sie sich Gedanken über den eigenen Tod?
Natürlich. Deshalb schiebe ich die guten Dinge im Leben nie auf.
Mona Vetsch (42) studierte an den Unis St. Gallen und Zürich, bevor sie zum Journalismus wechselte. Die TV-Karriere der Thurgauer Bauerntochter begann 1997 als Moderatorin der Jugendsendung «Oops!». Seit vielen Jahren ist sie ein Aushängeschild von SRF. Beliebt wurde sie mit ihrer Reisesendung «Fernweh» sowie mit Langzeitreportagen über das Lauberhorn-Skirennen oder die Euro 2008. Einen Namen machte sie sich auch als Moderatorin bei Radio SRF 3 und der TV-Diskussionssendung «Club». Mona Vetsch ist seit 2009 verheiratet und hat zwei Söhne, acht und sechs Jahre alt.
Mona Vetsch (42) studierte an den Unis St. Gallen und Zürich, bevor sie zum Journalismus wechselte. Die TV-Karriere der Thurgauer Bauerntochter begann 1997 als Moderatorin der Jugendsendung «Oops!». Seit vielen Jahren ist sie ein Aushängeschild von SRF. Beliebt wurde sie mit ihrer Reisesendung «Fernweh» sowie mit Langzeitreportagen über das Lauberhorn-Skirennen oder die Euro 2008. Einen Namen machte sie sich auch als Moderatorin bei Radio SRF 3 und der TV-Diskussionssendung «Club». Mona Vetsch ist seit 2009 verheiratet und hat zwei Söhne, acht und sechs Jahre alt.