Das Auto ist gespickt mit kleinen Kameras, die roten Lichter blinken, der Ton funktioniert. Ich atme tief durch, steige aus und nehme meinen ersten Gast für die «SonntagsFahrt» in Empfang: Sandra Studer (46) steigt gut gelaunt ein, das Haar noch feucht vom Duschen. Ich fahre sie zu Theaterproben in der Nähe der Hardbrücke in Zürich. Dort frischt das Musical-Ensemble um Regisseur Dominik Flaschka die deutsche Version von Monty Pythons «Spamalot – die Ritter der Kokosnuss» auf. Sandra spielt die «Fee aus dem See». Ab morgen gastiert die Truppe in München (D). Gepackt hat Sandra noch nicht, das erledigt sie immer erst kurz vor der Abreise. Ihre unkomplizierte Art zu reisen, ist mir bekannt. So haben wir uns kennengelernt: Vor 20 Jahren, als wir wochenlang für die Fernsehsendung «Traumziel» um die Welt reisten: Sandra als Moderatorin, ich als Redaktorin.
Gleich zu Beginn unserer «SonntagsFahrt» erinnern wir uns lachend an die alten Zeiten und Sendungen: an «Traumziel», die Musikshow «Takito», das Reisemagazin «einfachluxuriös» oder die Samstagabend-Gala «Der rote Teppich».
Lust auf Neues
Ob Sandra die grossen Shows am Fernsehen vermisse, frage ich sie auf der Fahrt quer durch Zürich. «Meinen Rücktritt als Moderatorin des ‹Swiss Awards› hat man wohl etwas missverstanden», erzählt sie. Sie wollte nach zehn Jahren einfach etwas anderes machen. Es war nicht als Abschied vom Fernsehen gemeint. «Ich arbeite ja hin und wieder für die Kultur, und wenn etwas Passendes kommt – warum nicht.» Das richtige Angebot blieb bisher aus. Sandra ist so beliebt– es müssten doch mindestens zehn Angebote auf dem Tisch liegen, erwidere ich. Sie wischt mein Lob mit der für sie so typischen Bescheidenheit weg. Und überhaupt, sie möchte auf keinen Fall als «Superwoman» gelten, während ich aufzähle, was sie alles unter einen Hut bringt: vier Kinder, Moderationsjob, Theater und immer wieder Einsätze für wohltätige Institutionen. «Das mache ich, wie viele andere auch, aus Dankbarkeit. Ich bin mir meines Glücks bewusst.»
Als ihr drittes Kind Nina drei Monate zu früh geboren wurde und um sein Leben kämpfte, spürte Sandra einen starken Draht zu ihrer kleinen Tochter. Sie sagte ihr, sie würde für sie kämpfen. Sie würde sie aber auch gehen lassen, wenn dem winzigen Geschöpf die Kraft für dieses Leben fehlte. Nach all dem lauten Lachen im Auto zuvor, sind wir tief gerührt. Unsere Augen werden feucht, wir vergessen, dass das Gespräch aufgezeichnet wird.
Heute ist Nina zum Glück ein gesundes kleines Mädchen mit einem starken Willen.
Der Noten-Deal
Sandra gewährt unterwegs weitere eindrückliche Einblicke in ihr Leben. Sie spricht über ihren Ehemann Luka, der immer für sie da und sowieso das viel bessere Vorbild für ihre Kinder sei als sie. «Weil er immer ruhig bleibt.» Sandra hat spanisches Blut und erzählt begeistert von ihrem Familienclan, der sie unterstützt, wenn sie auf der Bühne steht.
Anfangs hatten ihre Eltern allerdings wenig Begeisterung gezeigt, als es die junge Sandra auf die Bühne zog. «Ich musste einfach gute Noten nach Hause bringen, das war der Deal!»
Gegen Ende unserer «SonntagsFahrt» gesteht Sandra ihre grösste Schwäche. Ragusa! Für mich natürlich kein Geheimnis. Sie freut sich riesig, als sie im Handschuhfach die für sie versteckten Schokoriegel findet: «Meine Familie weiss, dass ich mit Schokolade begraben werden möchte!» Zum Schluss verfahren wir uns tatsächlich. Sandra navigiert uns mit dem Handy in einen Hinterhof. Leider in den falschen. Die Zeit drängt. Und so klettert sie flugs über einen Zaun, springt ohne zu zögern vom Dach eines Velounterstandes und landet schliesslich am richtigen Ort. Ganz unkompliziert. Typisch Sandra halt.