Mit ihrer Familiencombo Oesch's die Dritten sind sie mittlerweile international bekannt und erfolgreich. BLICK trifft Jodlerin Melanie Oesch (32) und ihre Mutter Annemarie Oesch (57) auf der Terrasse des Kultur-Casinos in Bern mit Blick auf Aare, Altstadt und Alpen zum Generationengespräch.
Annemarie Oesch, können Sie sich noch an den Tag erinnern, an dem Ihre Tochter zur Welt kam?
Annemarie Oesch: Sehr gut sogar, es war ein milder Dezembertag mit wenig Schnee und strahlendem Wetter.
Wie verlief die Geburt?
Annemarie: Gäbig, auf Berndeutsch gesagt, und sehr schnell. Ich hörte dazu das Wunschkonzert auf DRS 1, alles ging kurz und bündig – dann war sie auch schon da.
Wie war Melanie als Kind?
Annemarie: Sehr ruhig, sehr zufrieden, sie hat primär gegessen und geschlafen. Also wirklich ein wunderbares Bébé. Sie hat übrigens zuerst gesprochen und konnte dann erst laufen.
Melanie Oesch: Ich war wohl sehr bequem ...
Annemarie: Du warst vor allem sehr vorsichtig und wolltest zuerst immer wissen, was rundherum ist. Erst dann hast du dich auf die Äste hinausgelassen. Darum konntest du wohl auch rascher sprechen als laufen.
Welches war Melanies allererstes Wort?
Annemarie: Ätti. Gemeint war der Grossvater.
Woran können Sie sich bezüglich Ihrer Mutter als Erstes erinnern?
Melanie: Wir waren mit der Mam immer draussen, viel spazieren, schlitteln und auch Ski fahren – im Eriz, du hast ja dort in der Skischule unterrichtet. Wir durften dich früh begleiten und machten am Anfang brav mit, schlichen uns dann aber weg und fuhren selber die Hänge hinunter. Ich habe das Gefühl, die Winter waren damals viel länger, mit viel mehr Schnee. Ich bin sehr traurig, gibt es solche Winter nicht mehr.
Haben Sie und Ihr Mann Hansueli die Tochter in Sachen Musikkarriere gezielt gefördert?
Annemarie: Das war gar nie nötig. Die Musik war bei uns einfach immer präsent, allgegenwärtig. Das Örgeli lag stets greifbar unter der Stubenbank, wenn wir zusammensassen. Der Grossvater und der Vater übten zusammen in der Küche, und häufig kamen Gäste dazu.
Haben Sie sich in ganz jungen Jahren nicht mal von der Volksmusik distanziert?
Melanie: Ich habe immer noch ein sehr breites Spektrum und bin dankbar für die Vielfalt. Aber die Oesch-Musik und das Jodeln waren mir immer am nächsten, das ist meine Herzensmusik.
Annemarie: Bei unseren Küchenproben wurde auch viel Country gespielt. Mein Mann und ich reisten früh in die Staaten und schätzen diesen Stil noch heute. Wir verbanden unsere Volksmusik mit jener der Amerikaner. Country ist uns viel näher, als man denkt.
Musste Melanie für die Bühne ausgebildet werden?
Annemarie: Nein, sie war ein Naturtalent. Das begann schon zu Hause. Wenn der Grossvater mit Gästen musizierte, sang Melanie mit. Sie machte das gern und aus dem Instinkt heraus.
Melanie: Ich wollte früh mit auf die Bühne, da war immer etwas los. Es war für mich normal, mich zu zeigen, etwas vorzuführen. Ich wollte nicht Sängerin werden und schon gar nicht berühmt, das war nicht wichtig. Mit jemandem zusammen Musik zu machen oder zu singen, das war entscheidend. An eine Karriere habe ich nie gedacht.
Wie meisterte Melanie die Schule? Kamen viele Beschwerdeanrufe von erzürnten Lehrern?
Annemarie: (Lacht) Kein einziger. Melanie war sehr sozial und schaute zu den andern. Weil unsere drei Kinder altersmässig nah beieinander sind – Kevin ist 29 und Mike 31 –, gingen sie zusammen zur Schule. Von der ersten bis zur vierten Klasse waren sie sogar im selben Schulzimmer.
Und wie lief es bei den Hausaufgaben?
Annemarie: In der Unterschule konnte ich noch helfen, in der Oberschule machten sie sie dann selber – das heisst, meistens half Melanie ihren Brüdern.
Dann kam die Berufswahl ...
Annemarie: Melanie wusste eigentlich von Anfang an, dass sie ins Gymnasium wollte. Das machte alles einfacher.
Melanie: Ich wollte Veterinärmedizin studieren, Tierärztin werden. Deshalb war der Gymer Pflicht. Doch dann begann die Musik einen immer höheren Stellenwert einzunehmen, und ich merkte, dass sich ein Arztstudium damit nur schlecht kombinieren lassen würde. Man müsste immer auf Abruf sein, die Musik käme zu kurz. Tiere zu lieben und ein Helfersyndrom zu haben allein, reicht nicht.
Annemarie: Das hat sie von mir, das Helfersyndrom (lacht).
Was haben Sie Melanie sonst noch vererbt?
Annemarie: Ich bin diplomierte Pflegefachfrau, das hat klar abgefärbt. Der soziale Gedanke und das Umsichtige waren bei ihr stets vorhanden. Für Melanie war immer klar, dass man den Schwächeren hilft. Das entspricht ihrem Naturell.
Und was hat Melanie gar nicht von Ihnen?
Annemarie: Die Sportlichkeit, die Beweglichkeit – die haben sich nicht vererbt (beide lachen).
Melanie: Du bist viel praxisorientierter, du machst einfach. Ich überlege mir tausend Sachen, bin vielleicht tiefgründiger, hinterfrage alles.
Wann verstanden Sie Melanie erstmals nicht mehr und dachten: «Ups, jetzt werde ich alt»?
Annemarie: Da kommt mir spontan nichts in den Sinn. Ausser sie spricht eine Fremdsprache. Englisch, da bin ich nicht so gut – was mich im Nachhinein übrigens reut.
Melanie: Du bist auch technisch immer auf dem neusten Stand. Selbst bei Themen wie Social Media. Das hilft natürlich und war für uns immer cool. Wir wussten, von dir werden wir verstanden. Dem Vater mussten wir immer viel mehr erklären. Ihn interessiert das einfach nicht.
Annemarie: Ich frage dich höchstens, wie man etwas formulieren könnte. Schreiben liegt mir nicht so.
Die Tochter ist Ihnen entwicklungsmässig also nie davongelaufen?
Annemarie: Mir fällt wirklich nichts ein. Gut, du warst auch nie richtig weg. Wir haben bisher unser ganzes Leben lang immer im gleichen Haus gewohnt, haben uns immer ausgetauscht. Wir werden zusammen alt, älter jedenfalls.
Melanie: Wir haben in vielen Bereichen eine freundschaftliche Beziehung. Wir fragen uns gegenseitig: Wie wollen wir das angehen? Das ist sehr cool, für dich hoffentlich auch. Dieses Zusammenleben ist für mich völlig normal. Auch wenn Aussenstehende vielleicht denken: Jesses Gott, wie kann man nur? Für uns ist es eine Win-win-Situation. Und wenn wir uns ab und zu auch auf den Sack gehen, ergibt sich das schnell wieder. Wir sind Team.
Nun gibt es eine weitere Generation: Oesch’s die Vierten, mit Robin, dem Sohn von Melanie. Hat das etwas verändert?
Annemarie: In der Art und Weise, wie wir funktionieren, überhaupt nicht. Ausser dass du jetzt auch Mutter bist. Und ich bin Nonna und habe wahnsinnig Freude daran. Ich würde mich hüten, dir reinzureden. Du machst dein Ding.
Dass Sie nicht in einer Grossstadt wohnen, spielt bei Ihrem Lebensmodell eine entscheidende Rolle ...
Annemarie: Das ist sehr wichtig. Ein harmonisches Zusammenleben ist immer auch von der Landschaft geprägt.
Melanie: Was ich auf meinen Reisen gelernt habe: dass das Gemüt der Leute durch die Landschaft um sie herum geprägt ist. Ein raues Klima macht die Leute anders als sanfte Hügel.
Annemarie: Ich habe beides gern, Hügel und Fläche. Und Bern find ich wunderbar.
Melanie: Durch unseren Beruf haben wir ja auch die ganze Bandbreite. Manchmal sehen wir tagelang nur Bühnen und Hotels, dann gehen wir wieder zurück in unsere ländliche Oase.
Annemarie: Und es ist eine unglaubliche Qualität, so leben und aufwachsen zu können, durch die Nähe zur Natur geprägt zu werden.
Melanie: Man entwickelt eine Sensibilität für gewisse Themen, das geht den Städtern vielleicht ab. Für sie sind manche Dinge völlig irrelevant, die für uns zentral sind. Umgekehrt ebenso. Wenn ich in der Grossstadt leben müsste, wäre ich total überfordert.
Wie fordert Sie die aktuelle Situation?
Melanie: Unsere Haupttätigkeit, die Konzerte, findet zurzeit gar nicht statt – ausser einzelnen TV-Shows, Auftritten mit meinen Märchenbüchern und ein paar Special Events. Sonst heisst es abwarten. Wir hoffen, im Herbst endlich wieder loslegen zu können.
Der Release des neues Albums ist aber fix.
Annemarie: Genau, das erscheint am 2. Oktober. Wir nahmen es bereits letztes Jahr in Angriff, die allererste Single erschien noch fürs Eidgenössische Schwing- und Älplerfest in Zug. Dann gab es eine Pause, bevor wir die grösseren Arbeiten im Januar und Februar beendeten. Als Robin zur Welt kam, fehlte nur noch der Feinschliff.
Melanie: Der Titel «Die Reise geht weiter» stand schon im Frühling 2019 fest, jetzt passt er plötzlich noch besser als damals.
Was ist in zehn Jahren? Haben Sie dann auch drei Kinder wie Ihre Mutter?
Melanie: Das klingt gut (strahlt). Voraussagen lässt es sich nicht, aber per se könnte ich mir das schon vorstellen.
Und die Wohnsituation?
Annemarie: Es wäre schön, die beibehalten zu können. Wir haben wirklich den Frieden auf der Oberlangenegg.
Melanie: Wenn wir euch nicht auf den Sack gehen, irgendwann.
Annemarie: Das hängt ja auch von uns ab (lacht).
Annemarie Oesch ist diplomierte Pflegefachfrau und mit Hansueli Oesch (62) verheiratet, der als Volksmusiker die Familientradition seines Vater übernahm. Bei Oesch's die Dritten ist Annemarie hauptberuflich Sängerin. Ihre Tochter Melanie Oesch kam als ältestes von drei Kindern zur Welt. Sie ist Sängerin bei Oesch’s die Dritten und jodelt. Bereits mit fünf Jahren stand sie zum ersten Mal auf der Bühne. Sie absolvierte das Musikgymnasium in Thun BE. Ende März dieses Jahres ist sie erstmals Mutter geworden, sie hat zwei Kinderbücher veröffentlicht.
Annemarie Oesch ist diplomierte Pflegefachfrau und mit Hansueli Oesch (62) verheiratet, der als Volksmusiker die Familientradition seines Vater übernahm. Bei Oesch's die Dritten ist Annemarie hauptberuflich Sängerin. Ihre Tochter Melanie Oesch kam als ältestes von drei Kindern zur Welt. Sie ist Sängerin bei Oesch’s die Dritten und jodelt. Bereits mit fünf Jahren stand sie zum ersten Mal auf der Bühne. Sie absolvierte das Musikgymnasium in Thun BE. Ende März dieses Jahres ist sie erstmals Mutter geworden, sie hat zwei Kinderbücher veröffentlicht.