Mit Haut und Haaren im Dienste Ihrer Majestät: Seit 47 Jahren zählt der Berner Oberländer Stefan Zürcher (69) zur Crew der James-Bond-Filme. Immer, wenn 007 bei einer wilden Verfolgungsjagd über die Leinwand rast, hat der Wengener sie arrangiert. Gestatten? Zürcher, Stefan Zürcher!
Auch beim neusten 007-Streifen «Spectre», der im November in die Kinos kommt, koordinierte Zürcher die heissesten Action-Szenen. Viel darf er aber nicht verraten, es gibt eine Stillschweige-Klausel mit seiner Unterschrift.
«So viel darf ich sagen: Die Bösen rasen mit ihren Range Rovers die Skipisten hinunter. Daniel Craig folgt mit einem Flugzeug, einer zweimotorigen Islander. Die Jagd geht über Schnee, Strassen und durch einen Wald. Alles sehr spannend», so Zürcher vielversprechend.
Für den Dreh im Schnee reizte der Spezialist sein Know-how aus. «Wir suchten lange nach einer geeigneten Location», erzählt er. Am Gaislachkogl im österreichischen Sölden wurde er fündig. «Für die Szene haben wir eine 900 Meter lange Waldschneise auf 20 Meter verbreitert. Jetzt, nach den Dreharbeiten, werden wir uns wieder um die Aufforstung kümmern.»
Seinen ersten Einsatz mit 007 erlebte Zürcher 1968 «Im Geheimdienst Ihrer Majestät». Die Filmemacher verpflichteten den Skilehrer und Extremskifahrer aus der Region als Bösewicht. Damals spielte George Lazenby (75) den Agenten. «Adrenalinkick pur», erinnert sich Zürcher. «Wir Stuntleute rasten auf unseren Ski das Schilthorn hinunter, fuhren durch Gletscherspalten, sprangen über sie hinweg. Eine falsche Bewegung hätte den Tod bedeutet.»
Dass Zürcher seinen Job mit Leidenschaft tut, ist ihm deutlich anzumerken. Er hat seine ganze Karriere um die Filmreihe herum aufgebaut. Bald wurde aus dem Stuntman ein Regieassistent, dann ein Location Manager, schliesslich der Produktionsleiter. Mittlerweile besitzt er seine eigene Firma, die Alpine Films mit Sitz in Wengen BE.
Wer von den sechs Bond-Darstellern ist sein persönlicher Favorit? «Das ist einfach. Die Arbeit mit Pierce Brosnan hat richtig Spass gemacht», so Zürcher. Mit ihm habe er auch seine spektakulärste Verfolgungsjagd gedreht. «Das war in ‹Golden Eye› 1995.» In der Szene fliegt ein Kleinflugzeug über die Klippen, Bond springt mit seinem Motorrad hinterher und steigt im freien Fall ins Cockpit des Fliegers. «Das ist uns wirklich toll gelungen», freut sich Zürcher.
Und wie nah kam er den Bond-Girls? «Leider bekamen wir kaum eines zu Gesicht», so Zürcher. «Bei den Action-Szenen waren sie nur selten dabei. Aber das ist besser, so konnten wir uns auf die Arbeit konzentrieren», sagt er schmunzelnd.
Trotz seines Erfolgs kehrt Zürcher immer wieder gern nach Wengen zurück. «Ich wohne im Berner Oberland, weil ich in dieser schönen Landschaft Kraft für meinen anspruchsvollen Job tanken kann.»
Ein Leben in Hollywood könne er sich nicht vorstellen. «Ich habe ein paar Jahre in Los Angeles verbracht. Doch das ist einfach nicht meine Welt.»
Bedauerlich findet Zürcher, dass Bond-Filme heute nicht mehr in seiner Heimat gedreht werden. «Ich bin enttäuscht von der Schweizer Filmförderung», sagt er. In Österreich werden der Produktionsfirma die Mehrwertsteuer und bis zu 25 Prozent der Kosten zurückerstattet.
«Es ist wirklich schade, dass unsere Behörden den Auswirkungen solcher Projekte nicht mehr Beachtung schenken», ärgert er sich. «Dabei wären genau solche Grossproduktionen für Schweizer Filmschaffende und den Tourismus sehr wichtig.»
Trotzdem gibt es für Zürcher keinen Zweifel: Wenn er für den nächsten Bond angefragt wird, ist er ganz sicher wieder mit dabei. Geschüttelt oder gerührt.