SonntagsBlick: Es ist die zweite Knie-Saison ohne Elefanten in der Manege. Fehlen sie?
Fredy Knie jun.: Einige vermissen sie, andere finden es gut. Es kann niemand etwas dafür, dass der Asiatische Elefant am Aussterben ist und keiner mehr importiert werden darf, auch nicht von einem Zoo. Daher sind wir verpflichtet, mit ihnen ein Zuchtprogramm zu machen. Dies tun wir in unserem Kinderzoo.
Die Elefantennummern wurden früher von Franco, Linna und Chris gezeigt. Jetzt haben sie eine neue Nummer mit Geissen. Sind das Ihre neuen Elefanten?
(Lacht) Nein, eine Geiss kann keinen Elefanten ersetzen. Auch, als wir mit den Raubtieren aufhörten, haben wir sie nicht ersetzt.
Ist der Tierschutz endlich zufrieden?
Wir arbeiten sehr gut mit dem Schweizer Tierschutz zusammen, ich halte da Vorträge und gebe Kurse. Und wir sind immer transparent: Seit 1934 haben wir öffentliche Proben, da kann jede und jeder einfach reinlaufen – 24 Stunden am Tag. Man könnte sogar sagen, dass ich der grösste Tierschützer der Schweiz bin. Ich will, dass Tiere bei uns präsent sind. Denn nur, was man kennt, will und kann man schützen. Tiere von Menschen fernzuhalten, finde ich schlecht und traurig. Wenn jemand nicht gut mit ihnen umgeht, bin ich der Erste, der sagt, nehmt sie ihm weg. Aber man soll die, die es gut machen, endlich in Ruhe lassen.
Und? Lässt man Sie in Ruhe?
Nicht alle. Es wird immer Menschen geben, die auf Prominenten rumhacken, damit sie ein Echo in den Medien finden.
Welche Tiere stehen dieses Jahr in der Manege?
Pferde, Geissen und Kamele. Letztes Jahr hatten wir Zebras und Lamas. Es ist noch nie jemand zu uns gekommen und hat gesagt, ihr habt zu wenige Tiere.
Die Pferde, Ihre Passion, sind ein Pfeiler des Programms: Wird es jemals einen Circus Knie ohne sie geben?
Würden sie verboten, gäbe es den Zirkus weiter, doch dann wäre er um einiges ärmer. Könnten wir keine Pferde mehr haben, dürfte es auch keine Reitschulen mehr geben.
Ihr Bruder Rolf Knie macht einen tierlosen Zirkus, spricht wegen der Tierproblematik sogar von einer Krise des Zirkus.
Die Zirkuskrise besteht nicht wirklich, nicht bei uns und schon gar nicht wegen der Tierproblematik. Aber das übrige Unterhaltungsangebot ist immens vielfältig geworden. Rolf macht seinen Zirkus gut. Er hat aber nie gesagt, dass er gegen Tiere in der Manege ist, im Gegenteil. Auch er ist dagegen, dass man sie aus dem Zirkus verbannt.
Ihr neues Programm heisst «Wooow!». Was ist so wow daran?
Für mich ist es wow, wenn ich meine Enkel Iwan und Chanel in der Manege sehe. Unser Publikum ist zwischen vier und 80 Jahre alt. Für einige sind es die Akrobaten, für andere die zwei Clowns.
Sie werben auch dieses Jahr wieder mit einem Clown.
Wir haben die Komiker immer herausgehoben, sie sind der rote Faden im Programm.
Letztes Jahr sorgte Ihr Clown David Larible für Schlagzeilen. Was war Ihr erster Gedanke, als er nach der letzten Vorstellung verhaftet wurde?
Erst mal abwarten, was wirklich ist. Ich gehe davon aus, dass er nichts verbrochen hat.
Der Zirkus Knie hat jährlich 750'000 Besucher. Das ist viel: wie wenn Coldplay fünf Mal das Letzigrund-Stadion füllt ...
Uns gehts nicht um die Zuschauerzahlen, wir rechnen mit einer 80-prozentigen Auslastung. Mal ist es mehr, mal weniger. Der Schnitt hält sich.
Was sind Ihre grössten Herausforderungen?
Die stetig wachsenden Kosten für Transport, Personal, Sozialleistungen und Reklame. Das macht uns zu schaffen.
Sie könnten die Ticketpreise erhöhen.
Vor zwei Jahren sind wir damit zwei Franken rauf, mehr geht nicht. Wir wollen, dass Leute mit der Familie kommen können. Sie sich ein Popcorn leisten können, in der Pause vielleicht ein Glace und natürlich noch das Programmheft. Dann kommen sie auch jedes Jahr wieder.
Was ist das Erfolgsgeheimnis des Circus Knie?
Dass wir unser Programm nie am TV zeigen. Stellen sie sich vor, wir sind in einer Stadt, es ist Hundswetter oder übertrieben heiss. Da käme es manchen Besuchern schnell in den Sinn zu sagen: Wir schauens dann am Fernsehen an. Aber eine Fernsehaufzeichnung ersetzt nie die Nähe zu den Tieren oder das Liveerlebnis, bei dem man mitfiebert, weil der Jongleur etwas fallen lässt und die Nummer nochmals machen muss.
Seit Anfang März gibt es Ihren Zirkus auf Facebook und Instagram. Haben Sie eine spezielle Affinität zu Social Media?
Nein, das muss ich auch nicht. Ich habe mit den Tieren so viel zu tun, ich bin happy in meiner Welt.
Was ist heute völlig anders als vor zwanzig Jahren?
Es ist viel hektischer und schnelllebiger. Früher hiess es einfach aufschliessen, heute sind die Plätze nummeriert. Die Leute wollen keine Unterbrüche mehr, sondern alles in einem Schwung geniessen – ein Nummerngirl wäre heute nicht mehr zeitgemäss. Wir haben modernisiert, ohne den Touch des klassischen Zirkus zu verlieren.
Sie haben für Ihre Nachfolge vorgesorgt – wie läuft das im täglichen Betrieb?
Meine Tochter Géraldine hat die gesamte künstlerische Leitung, Franco junior die technische, Doris Knie die administrative. Und mein Schwiegersohn Maycol ist für den Auf- und Abbau des Zelts und die Tiere zuständig. Ich bin nur noch Kontrollstelle – und Klagemauer (lacht). Im Ernst, es ist schön zu erleben, wie die Jungen weitermachen.
Denken Sie bereits daran, ganz abzutreten?
Solange ich gesund bin, mache ich noch mit. Man kann mir alles wegnehmen, ausser den Pferden. Um die möchte ich mich immer kümmern.
Wo sehen Sie den Circus Knie in zwanzig Jahren?
Knie bleibt Knie.
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